Wirtschaftsminister Habeck in Stuttgart

„Unser Herzstück“: Mercedes eröffnet E-Campus im Werk Untertürkheim

Das Mercedes-Stammwerk Untertürkheim hat einen neuen Mittelpunkt. Im Beisein von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ist das Kompetenzzentrum für den E-Antrieb eröffnet worden. Mercedes-Chef Ola Källenius ist spürbar stolz auf das Projekt.

Gastredner Robert Habeck im neuen Mercedes-E-Campus.

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Gastredner Robert Habeck im neuen Mercedes-E-Campus.

Von Peter Stolterfoht

So kennt man Michael Häberle gar nicht. Der Betriebsratschef des Mercedes-Werk Untertürkheim ist eigentlich ein Mann der forschen wie deutlichen Worte. Dabei keineswegs zurückhaltend – wie jetzt. Michael Häberle tritt zum Ende der Veranstaltung schüchtern an deren Moderatorin heran und fragt vorsichtig um ein gemeinsames Foto an. Mit einem professionellen Fernsehlächeln kommt die Ex-Tageschausprecherin Judith Rakers dieser Bitte nach.

Bei der Eröffnung des E-Campus inmitten des Stammwerkgeländes zeigen die Vertreter von Mercedes-Benz ihre andere Seite. Sie schalten sozusagen in den sanften Elektro-Modus. So auch der Vorstandsvorsitzende Ola Källenius, der sich jetzt ganz im Sinne der grünen Stargäste äußert. „Wir schlagen ein neues Kapitel in der 120-Jährigen Unternehmensgeschichte auf“, ruft Källenius dem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann zu, bezeichnet den E-Campus als „unser Herzstück“. Außerdem verweist der Mercedes-Chef auf ein Ziel, das den Titel „Ambition 2039“ trägt. Das heißt: bis 2039 soll die gesamte Neufahrzeugflotte über alle Wertschöpfungsstufen und den gesamten Lebenszyklus hinweg CO2-neutral sein.

Wenn die Reichweite bald 750 Kilometer beträgt

Schon die Grundsteinlegung für den E-Campus vor zwei Jahren ist mit einem Nachhaltigkeitsbekenntnis von Ola Källenius verbunden gewesen. Die EU-Vorgabe, von 2035 an keine Verbrenner-Pkw mehr zu produzieren, wurde damals mit der Aussage getoppt, dieses Ziel bereits 2030 erreichen zu wollen. Von 2035 und schon gar nicht von 2030 ist bei der Eröffnung des E-Campus aber keine Rede mehr. Dafür aber vom nächsten Jahr. 2025 kommt der neue CLA auf den Markt, und der soll nach Aussage von Technikvorstand Markus Schäfer eine Reichweite von 750 Kilometern haben.

Zuletzt hatte es Källenius mit Blick auf den zunehmend schleppend verlaufenden E-Auto-Verkauf vermieden, sich dazu zu äußern, wann Mercedes sich von der Verbrennerproduktion verabschieden wird. Die offizielle Sprachregelung lautet nun: solange am konventionellen Antrieb festhalten zu wollen, wie der Kundenwunsch besteht. Vom Verbrenner als altem Eisen ist keine Rede mehr.

Angesichts dieser Entwicklung ist als elektroförderndes Gastgeschenk zu werten, dass Wirtschaftsminister Robert Habeck bei seiner kleinen Rede neue lukrative Abschreibungsmöglichkeiten für E-Dienstwagen ankündigt. Damit soll der Verkauf angekurbelt werden.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der in Begleitung seines Verkehrsministers Winfried Hermann und der für Wissenschaft, Forschung und Kunst zuständigen Ministerin Petra Olschowski gekommen ist, erinnert den Mercedes-Vorstand an seine früh eingenommene Rolle als Treiber der Elektromobilität. „Bleiben Sie auf Kurs, zeigen Sie Mut“, so Kretschmann, „der E-Antrieb wird sich durchsetzen“.

Gebündelte Kompetenz auf 30 000 Quadratmetern

„Ladeleistung und die Energiedichte steigern, das ist das A und O der Elektromobilität“, sagt Mercedes-Technikchef Markus Schäfer. Das nötige Expertenwissen ist von nun an im E-Campus gebündelt, wo ein Kompetenzzentrum für die Erforschung, Entwicklung, Fertigung und Erprobung von Batteriezellen sowie für weitere Komponenten des Elektro-Antriebs entstanden ist. „Wir wollen Batteriekosten in den nächsten Jahren um 30 Prozent senken“, nennt Ola Källenius eine Erwartung an den E-Campus, dessen Kosten sich im dreistelligen Millionenbereich bewegen.

Wo früher in den Gebäuden 132/1 und 132/2 unter anderem Nocken- und Kurbelwellen für den Verbrennungsmotor produziert worden sind, wird nun an der Elektrozukunft gearbeitet. Als Erstes startet dort nun die Kleinserienfertigung von Lithium-Ionen-Batteriezellen. Grundlagenforschung und Entwicklung sind damit zusammengeführt. Im Bau ist noch die sogenannte Batterie-Anlauffabrik sowie eine Vielzahl von Prüfständen, in denen die Batterien, Module und Zellen auf Sicherheit, Lebensdauer und Umweltverträglichkeit getestet werden. 2027 sollen alle Anlagen in Betrieb genommen sein. Zusammen hat das Kompetenzzentrum für Batterietechnologien eine Grundfläche von mehr als 30 000 Quadratmetern, was gut vier Fußballfeldern entspricht.

Für die Traditionspflege bei der Einweihung sieht sich Stuttgarts OB Frank Nopper zuständig. Er überreicht Brot und Salz und sagt: „Stuttgart muss Autostadt bleiben.“

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Erstellt:
8. Juli 2024, 17:34 Uhr
Aktualisiert:
8. Juli 2024, 17:52 Uhr

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