Urkundenfälschung und Betrug eingestanden

40-jähriger Gipser zeigt sich überraschend geständig. Er kommt mit 17 Monaten auf Bewährung davon.

Symbolfoto: Erwin Wodicka

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Von Hans-Christoph Werner

BACKNANG. Manchmal gibt es dies auch beim Amtsgericht: Fortsetzung folgt. Im Oktober letzten Jahres (wir berichteten) hatten sich eine 47-jährige Kosmetikerin, ein 59-jähriger Kfz-Sachverständiger und ein 40-jähriger Gipser wegen Versicherungsbetrugs verantworten müssen. Die Kosmetikerin hatte, wohl in Unkenntnis des wahren Sachverhalts, ihr Auto beziehungsweise ihren Namen zur Verfügung gestellt. Der Kfz-Sachverständige hatte nach kurzer Bedenkzeit die Sache eingeräumt.

Allein der Gipser blieb hartnäckig und wollte nichts Unrechtes getan haben. So wurde das Verfahren gegen ihn abgetrennt und kam nun erneut vor den Amtsrichter. Von März bis Mai 2017 versuchte der Angeklagte in insgesamt fünf Fällen, die Autoversicherung zu betrügen. Ein Unfall mit erheblichem Sachschaden wurde vorgetäuscht, der Versicherung gemeldet, die Reparatur angeblich durchgeführt, die Ansprüche an die Versicherung durch ein Sachverständigengutachten nochmals unterstrichen. Der erste Betrugsfall gelang. Die Versicherung zahlte knapp 18000 Euro.

Zwei weitere Versuche misslangen allerdings. Die Versicherung war misstrauisch geworden, wollte das beschädigte Fahrzeug sehen. Aber da waren die Betrüger nicht verlegen. Man gab an, das Fahrzeug sei ins Ausland verkauft worden, eine Besichtigung nicht mehr möglich.

Bei der Neuauflage des Verfahrens gegen den verbliebenen 40-jährigen Gipser ging es nun besonders um dessen Tatanteil. Mit bemerkenswerter Dreistigkeit lieh er sich den Namen eines Backnanger Bürgers, ebenso dessen Adresse und setzte den Titel „Kfz-Service“ dazu. Der 40-Jährige hatte sich eigens einen Stempel anfertigen lassen, mit dem er die gefälschten Reparaturrechnungen abzeichnete.

Zu dem Versicherungsbetrug kamen noch zwei Fälle von Urkundenfälschung dazu.

Die Polizei kam der Sache schließlich auf die Spur, indem sie unter der angegebenen Adresse nachfragte. Man traf den Backnanger Bürger an und konnte sich dessen versichern, dass unter seiner Wohnadresse zu keiner Zeit eine Autowerkstatt bestanden hatte. Zu diesen drei Betrugsfällen kamen für den Angeklagten noch zwei Fälle von Urkundenfälschung hinzu. In separaten Schreiben an die Versicherung hatte er seinen finanziellen Forderungen Nachdruck verliehen.

Der Angeklagte hatte sich zu seinem Pflichtverteidiger noch einen weiteren Rechtsanwalt genommen. Der konnte ihn scheinbar davon überzeugen, die Sache einzugestehen. Der Advokat gab für seinen Mandanten eine entsprechende Erklärung ab, womit sich eine umfangreiche Beweisführung erübrigte. Als Zeuge sagt nur ein mit der Sache befasster Kommissar aus.

Mehrere Aktenordner schleppt er in den Gerichtssaal und gibt an, dass er sich akribisch vorbereitet hat. Aber in den Aktenordnern muss er dann gar nicht blättern, sondern kann die entscheidenden Fakten aus seinem Gedächtnis abrufen: Automarke, Ausstattung des Wagens, angeblicher Kaufpreis, geltend gemachte Versicherungsleistung und anderes mehr. Als der wesentliche Sachverhalt zutage liegt, bedankt sich der Richter. Der Polizeibeamte weist darauf hin, dass er noch gut und gern eine Stunde weitererzählen könnte.

Der Staatsanwalt lobt in seinem Plädoyer das Geständnis des Angeklagten. Urkundenfälschung und Versicherungsbetrug will er mit 18 Monaten Gefängnis zur Bewährung geahndet wissen. Auch ein Bewährungshelfer täte dem Angeklagten gut. Und da der Angeklagte gerade ohne Anstellung ist, kann er, so der Anklagevertreter, 200 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.

Der Wahlverteidiger des Angeklagten würdigt auch das Geständnis seines Schützlings. Was das Strafmaß angeht, will er es bei einem Jahr auf Bewährung belassen. Von irgendwelchen Bewährungsauflagen hält er nichts.

Der Verurteilte muss zusätzlich 200 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.

Kurz darauf das Urteil. Der Richter macht aus den geforderten 18 Monaten 17 Monate zur Bewährung. Insgesamt drei Jahre muss sich der Verurteilte straffrei halten und obendrein 200 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Genauestens, so sagt der Richter, habe er sich auf die Verhandlung vorbereitet, in Erwartung einer umfangreichen Beweisaufnahme. Auch er ist froh, dass ihm durch das Geständnis des 40-Jährigen diese Arbeit erspart blieb.

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Erstellt:
3. Februar 2021, 16:00 Uhr

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