Verein Sambico: ein kleines Stück Afrika in Backnang
Seit Januar veranstaltet der Verein Sambico mit seinen ehrenamtlichen Helfern Musik- und Kulturevents, die sich hauptsächlich an Jugendliche und junge Erwachsene richten. Das Geld soll in Hilfsprojekte im afrikanischen Land Sambia fließen.

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Der Bau von zusätzlichen Brunnen im Land verbessert die Lebensumstände der auf dem Land lebenden Bevölkerung in Sambia enorm. Symbolfoto: Adobe Stock/RiccardoMayer
Von Carolin Aichholz
Backnang. Dass auch eine relativ kleine Gruppe gemeinsam etwas verändern kann, zeigt der Verein Sambico. Die Vorstandsmitglieder Julian Hofer, Max Härtner, Laura Radatz, Janine Weißschuh und Silvan Vollmer kennen sich zum Teil über die Gründung einer gemeinsamen Partei, die es zwar nicht mehr gibt, aus der jedoch andere Engagements und Interessen entstanden. Immer mehr Gleichgesinnte fanden zusammen, bis heute verbinden sie Freundschaft und der Wille, gemeinsam etwas zu bewegen und zu verändern.
Silvan Vollmer ist 29 Jahre alt und brachte den Stein ins Rollen. Er kündigte 2019 seinen Job, um im Rahmen des Freiwilligendiensts „weltwärts“ nach Sambia zu gehen, wo er ein Jahr lang in einem landwirtschaftlichen Ausbildungszentrum gearbeitet hat. Jugendliche und junge Erwachsene können dort ihren Schulabschluss machen und kostenlos eine landwirtschaftliche Ausbildung absolvieren. Seine neu entdeckte Liebe für das in der Heimat eher unbekannte afrikanische Land nahm er mit nach Hause. Dort steckte er seine Freunde mit seiner Begeisterung an und gemeinsam bereisten sie Sambia im vergangenen Jahr.
Die Reise nach Sambia war augenöffnend
Eine Mischung aus Abenteuer- und Entdeckungstour erwartete die Reisenden, die in Sambia und auch in Tansania unterwegs waren. Das Trampen mit dem Bus war durchaus nervenaufreibend, denn die Infrastruktur wird zunehmend schlechter, je weiter man sich von den großen Städten entfernt. Es brachte der Reisegruppe aber auch einen ziemlich genauen Blick auf das alltägliche Leben der Sambier. In den Bussen wurden Tiere transportiert und allerlei ungewöhnliche Waren gehandelt, bei einer Fahrt hingen überall Haarverlängerungen. Einmal brannte ein Busreifen wegen der schlechten Straßenverhältnisse ab und musste abmontiert werden. Die Fahrt wurde dennoch fortgesetzt.
Die ländliche Bevölkerung lebt dort häufig in Hütten ohne richtiges Dach und um an das Lebensnotwendige wie Wasser zu gelangen, sind Frauen und Kinder fast den ganzen Tag unterwegs. Aber trotzdem scheinen die Sambier glücklich und zufrieden mit ihrem Leben zu sein, diesen Eindruck hatte die Reisegruppe. „Das bringt dich auf den Boden zurück, wenn du an das Leben denkst, das wir hier führen, und macht dich sehr dankbar“, sagt Janine Weißschuh.
Auch nach ihrer Rückkehr nach Deutschland ließen die Eindrücke die Gruppe nicht so schnell wieder los und weckten den Wunsch, sich dafür einzusetzen, das Leben der Menschen dort zu verbessern. „Es wäre schade gewesen, wenn wir aus all den Erfahrungen nichts gemacht hätten“, erinnert sich die 26-Jährige.

Die Vorstandsmitglieder des Vereins Sambico: Laura Radatz (von links), Janine Weißschuh, Silvan Vollmer (weißes T-Shirt) und Julian Hofer (rechts) auf dem Backnanger Straßenfest im Juni. Stefan und Joël unterstützen den Verein ehrenamtlich. Foto: privat
So haben sie sich auch im weiteren Umfeld umgehört, wer Lust hätte, sich ebenfalls zu engagieren, und Silvan Vollmer begann im Dezember damit, die Satzung für einen gemeinnützigen Verein aufzusetzen. 14 Gründungsmitglieder konnte der Verein bei seiner Gründungsversammlung im Januar vorweisen, es wurden die Vorstände gewählt und verschiedene Arbeitsgruppen gebildet. Vor Ort sollten verschiedene Projekte von deutschen Organisationen in Sambia unterstützt werden.
Infrage kommen dabei einige Projekte: Der Brunnenausbau ist ein großes Thema, um der ländlichen Bevölkerung einen besseren Zugang zu Trinkwasser zu verschaffen, ebenso werden Projekte zum Bau und Erhalt von Schulen unterstützt. Mit den Verantwortlichen dieser Aktionen steht der Verein in Kontakt, in ihrer Mitgliederversammlung werden sie beschließen, welches Projekt sie unterstützen wollen. „Wir wurden auch von einigen Organisatoren eingeladen, um uns die Verhältnisse vor Ort anzuschauen“, sagt Laura Radatz, die im Verein für die Entwicklungszusammenarbeit zuständig ist.
Geld für all die Projekte wollen sie durch die Veranstaltung von Musik- und Kulturveranstaltungen erwirtschaften. Auf das Engagement wird aufmerksam gemacht, die Menschen sollen aber auch einfach eine gute Zeit haben können. „Die zwei Säulen unserer Gemeinnützigkeit sind die Förderung der Jugendarbeit hier und die Unterstützung der Entwicklungszusammenarbeit in Sambia“, sagt Silvan Vollmer.
Straßenfest-Debüt war ein voller Erfolg
Um den jungen Verein Sambico das erste Mal vor großem Publikum zu präsentieren, kam das Backnanger Straßenfest am letzten Wochenende im Juni dann wie gerufen. Doch dafür fehlte Startkapital, denn ein Stand, allerlei Equipment und Getränke für den Verkauf mussten organisiert werden.
Also gab es eine „Opening-Party“ auf einer Streuobstwiese und in Workshops wurde die Theke für den Stand selbst gebaut und Haarbänder aus afrikanischen Stoffen genäht, die später verkauft werden sollten.
Die Unterstützung, die der Verein bei all den Vorbereitungen und auch beim Kraftakt des Straßenfests selbst erfuhr, war für alle überwältigend. Der Standort an der Electro-Bühne in der Talstraße erwies sich zudem als Glücksfall, denn dort waren wie erwartet viele junge Menschen unterwegs, doch es fanden sich interessierte Standbesucher in allen Generationen. Das Feedback der Besucher war durchweg positiv: „Es war so eine tolle Atmosphäre, einfach jeder war glücklich, da zu sein“, schwärmt Julian Hofer.
Zunächst mussten sich alle Helfer von den stressigen Vorbereitungswochen und dem Festbetrieb erholen, das Wochenende war dennoch ein voller Erfolg. Die vielen Besucher zeigten sich sehr spendabel, sobald sie vom Zweck des Vereins erfuhren, und neue Mitglieder konnten ebenfalls gewonnen werden. „Wir sind immer froh, wenn wir gleichgesinnte Unterstützer finden, die auch mit anpacken wollen“, sagt Silvan Vollmer, Finanzvorstand des Vereins. „Oder wenn wir neue Fördermitglieder gewinnen können, die uns finanziell unterstützen möchten.“
Die nächsten Projekte stehen bereits in den Startlöchern. Weitere Workshops seien im Planung und auch auf dem Weihnachtsmarkt soll der Verein wieder vertreten sein.
Große Visionen gibt es auch: „Backnang fehlt ein richtiges Musikfestival“, findet Julian Hofer. Er ist im Verein zuständig für die Planung der Veranstaltungen.
Langfristig wäre es auch schön, ein eigenes Hilfsprojekt in Sambia zu starten, aber so weit sehen sie sich selbst noch nicht. Möglichst bald möchten die Vereinsmitglieder bei den Projekten in Sambia vor Ort vorbeischauen, sagt Laura Radatz. „Auch um zu sehen, wo wir mit unserer Unterstützung am besten ansetzen können.“
Verein Sambico Mehr Informationen zum Verein Sambico und den unterstützten Projekten findet man unter www.sambico.de oder in den sozialen Medien.Lage und Bevölkerung Sambia ist ein Binnenland im Süden Afrikas und grenzt unter anderem an Angola und Tansania. Die Fläche ist mehr als doppelt so groß wie Deutschland, trotzdem leben dort nur 19,5 Millionen Menschen. Eine der Hauptattraktionen des Landes sind die Viktoriafälle im Süden des Landes, an der Grenze zu Simbabwe.
Wirtschaft Seinen industriellen Schwerpunkt setzt das Land auf Bergbau (vor allem Kupfer und Kobalt) und die Landwirtschaft. China investiert viel Geld in den Energiesektor und Bergbau. Dennoch gelten große Teile der Bevölkerung als arm, viele Jugendliche müssen auf dem Land mitarbeiten und können nicht in die Schule gehen.
Politik Sambia ist eine ehemalige britische Kolonie und galt früher als Vorzeigeland, was Menschenrechte und die demokratische Entwicklung angeht. In den vergangenen 20 Jahren hatte das Land dennoch mit steigenden Korruptionsfällen zu kämpfen, der Sieg des Oppositionskandidaten bei den Präsidentschaftswahlen 2021 weckte jedoch die Hoffnung auf Besserung.