Verein übernimmt weiterhin die Flüchtlingsbetreuung

Der Backnanger Gemeinderat verlängert den Vertrag mit dem Verein Kinder- und Jugendhilfe Backnang nochmals um 23 Monate. Die Stadt zahlt für die soziale Beratung und Begleitung von Flüchtlingen und das Belegungsmanagement der Unterkünfte bis Ende des Jahres 2024 weitere 631000 Euro.

In der Anschlussunterbringung Hohenheimer Straße in Backnang werden die Flüchtlinge vom Verein Kinder- und Jugendhilfe betreut. Foto: Jörg Fiedler

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In der Anschlussunterbringung Hohenheimer Straße in Backnang werden die Flüchtlinge vom Verein Kinder- und Jugendhilfe betreut. Foto: Jörg Fiedler

Von Matthias Nothstein

Backnang. Ohne größere Diskussion und einstimmig hat der Backnanger Gemeinderat entschieden, dass der Verein Kinder- und Jugendhilfe die soziale Betreuung und Begleitung von Flüchtlingen bis Ende des Jahres 2024 weiter übernehmen soll. Die Verlängerung des Auftrags um 23 Monate kostet die Stadt ungefähr 631000 Euro.

Regine Wüllenweber vom Amt für Familie, Jugend und Bildung erinnerte an die Anfänge der Zusammenarbeit mit dem Verein Kinder- und Jugendhilfe. Schon seit fünf Jahren sei er ein verlässlicher Partner im Bereich des Integrationsmanagements für geflüchtete Menschen. Die Amtsleiterin bezeichnete die Zusammenarbeit als „ein Erfolgsmodell“. Das Backnanger Modell beinhalte sowohl die soziale Betreuung der Geflüchteten in der Anschlussunterbringung als auch das Belegungsmanagement. Das Engagement der Vereins erstreckt sich bis hin zu Hausmeistertätigkeiten. Und so schwärmte Wüllenweber von dem Leistungspaket, „wir bekommen quasi alles aus einer Hand. Das hat sich sehr bewährt.“

Die Zustimmung zum aktuell geltenden Vertrag erteilte der Gemeinderat im Februar 2021. Der Vertrag trat sofort in Kraft und würde im Januar nächsten Jahres enden. Allerdings kann die Stadt Backnang den Vertrag einmalig bis Ende 2024, also um 23 Monate verlängern. Weil dieses Optionsrecht Ende diesen Monats ausläuft, war es jetzt höchste Zeit, sich mit der Option auseinanderzusetzen. Wüllenweber appellierte, von diesem Optionsrecht Gebrauch zu machen, bevor die Möglichkeit dazu verfällt. Sie berichtete von erfolgreichen Gesprächen und einer Einigung mit den Verantwortlichen des Vereins. Danach soll der Vertrag um 23 Monate verlängert werden.

Die Verlängerung erfolgt jedoch nicht zu den Konditionen, die Anfang 2021 ausgehandelt worden sind. So verweist der Verein vor allem auf zwei Aspekte, die sich geändert hätten: Zum einen seien die Tariflöhne gestiegen. Zum anderen habe sich der Verwaltungsaufwand erhöht, da die Betreuung nicht mehr an einem Ort, sondern künftig an mehreren Stellen geleistet werden soll. Aufgrund der Dezentralisierung der Arbeitsplätze ist es laut Wüllenweber für den Verein nötig geworden, höhere Kosten mit der Stadt abzurechnen. Hintergrund ist, dass etliche Unterkünfte in der Anschlussunterbringung Hohenheimer Straße bis Ende 2022 abgebaut und dezentral in der Stadt errichtet werden. Dadurch erhöht sich der personelle Aufwand in der Betreuung. Auch die Vertreterregelung sei dadurch personalintensiver geworden.

Sabine Kutteroff (CDU) bestätigte, dass die Betreuung gut funktioniere und beim Verein „in guten Händen ruht“. Allerdings frage sie sich, ob eine Vertragsverlängerung ohne eine neue Ausschreibung möglich sei. Zudem wollte sie die Höhe der Zuschüsse wissen. Gisela Blumer vom Rechts- und Ordnungsamt konnte die Bedenken ausräumen. Die Verlängerung sei wettbewerbskonform und bedürfe keiner weiteren Ausschreibung, da es sich nicht um eine Vertragveränderung handelt, sondern die Verantwortlichen nur eine Option wählen, die das Gremium schon im ersten Vertrag beschlossen hatte. Und Kämmerer Alexander Zipf ergänzte die Förderhöhe. So gab es 2021 Zuwendungen in Höhe von 193500 Euro und im laufenden Jahr von 191000 Euro. Zipf: „Wir hoffen, dass das Programm weitergeführt wird und wir die Gelder wieder bekommen.“

In dem Vertrag sind sämtliche Preissteigerungen mit einkalkuliert

Kosten Nach der ursprünglichen Berechnung hätte die 23-monatige Vertragsverlängerung Kosten in Höhe von 595500 Euro nach sich gezogen. Nun prognostiziert die Stadtverwaltung einen Anstieg der Kosten auf 631000 Euro. Darin enthalten sind alle bisher bekannten tariflichen Lohnsteigerungen und die Erhöhung der Gemeinkostenpauschale. Für 2023 und 2024 wurde eine durchschnittliche Lohnsteigerung von 3,5 Prozent mit einberechnet. Die tarifliche Lohnsteigerung für das Jahr 2022 wurde mit 1,8 Prozent berechnet. Dies bedeutet Mehraufwendungen von 5360 Euro.

Fehlende Kapazitäten Grundsätzlich könnte man auch zu der Auffassung kommen, die Stadtverwaltung solle die Betreuungs- und Koordinierungsaufgaben selbst übernehmen. Dazu schreibt Regine Wüllenweber in der Sitzungsvorlage: „Die Personalkapazitäten, diese Aufgaben nach Ablauf des Vertrags zum 31. Januar 2023 selbst zu übernehmen, stehen bei der Stadtverwaltung nicht zur Verfügung und werden bis dahin realistischer Weise nicht aufzubauen sein. Es wird daher vorgeschlagen, die Verlängerungsoption auszuüben.“ Und für die Zeit nach dem Ablauf der Option Ende Dezember 2024? Wüllenweber schreibt, die Stadtverwaltung werde die zukünftige Organisation der vergebenen Aufgaben prüfen und den Gemeinderat rechtzeitig informieren.

Mehrarbeit Aufgrund der Pandemie mussten im Jahr 2021 viele Mitarbeiter des Vereins Kinder- und Jugendhilfe Backnang mehr arbeiten, um die umfassenden Quarantänemaßnahmen schultern zu können. Für diese Mehrarbeit stellte der Verein der Stadt eine weitere Rechnung über 55200 Euro aus.

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Erstellt:
15. Juni 2022, 11:30 Uhr

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