Verkäuferin unterschlägt Geld in großem Stil
Ex-Mitarbeiterin eines Modefilialisten ist vom Amtsgericht wegen Unterschlagung in 192 Fällen zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt worden.

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Von Jutta Rieger-Ehrmann
Backnang. Eine 38-Jährige hat sich vor dem Backnanger Amtsgericht wegen Unterschlagung verantworten müssen. Sie war zirka zwei Jahre lang als Verkäuferin in der Backnanger Filiale eines bekannten Bekleidungsunternehmens tätig, überwiegend an der Kasse, in der Beratung und Warensortierung. Sie selbst sagt aus, dass ihre Kasse immer gestimmt habe. Nachdem die Inventur einen nennenswerten Fehlbetrag aufwies, nahm man die Kassen genauer unter die Lupe. Die Überprüfung ergab eine ungewöhnlich hohe Zahl an sogenannten Bon-Abbrüchen. Diese werden getätigt, wenn die Kundschaft zum Beispiel vom Kauf zurücktritt oder nicht genug Geld dabei hat.
Besonders auffällig war der Fall eines Kunden, der ein Sweatshirt umtauschen wollte, jedoch keinen Bon hatte und der Kauf auch nicht ordnungsgemäß verbucht worden war. Einige Zeit später wurde ein Testkauf einer Mitarbeiterin der Außenrevision unternommen. Dieser ergab, dass der Einkauf einer Jacke im Wert von 19,99 Euro an der Kasse der Angeklagten ohne Bon erfolgte. Die „Kundin“ bezahlte mit einem 20-Euro-Schein. Danach kamen vier Damen und Herren der Revision und des Personalmanagements in den Laden und die Angestellte wurde zum Gespräch gebeten. Aus Angst vor der Polizei habe sie eine Vereinbarung unterschrieben, in der sie sich verpflichtete, den inzwischen aufgelaufenen abgerundeten Betrag von 20000 Euro in Raten von 50 Euro monatlich zurückzuzahlen. Man habe ihr mit 15 Jahren Gefängnis gedroht. Die 20 Euro, die man ihr nach dem Testkauf vorhielt, seien ihr untergeschoben worden.
Doch auch im darauffolgenden Prozess beim Arbeitsgericht hat die Angeklagte die Vereinbarung bestätigt. Die erste Zeugin, eine ehemalige Kollegin, sagt aus, dass die Bon-Abbrüche fast nur an der Kasse der Angeklagten passiert seien. Das Passwort kannten nur die jeweilige Mitarbeiterin und der Filialleiter. Auffällig sei gewesen, dass neben der Kasse Kleingeld lag, obwohl die Mitarbeiterinnen kein eigenes Geld dabeihaben durften und das Trinkgeld sofort in die dafür vorgesehene Kasse gelegt werden sollte. Außerdem habe die Angeklagte „immer viele neue Sachen“ gehabt. Bei dem „Lockvogelkauf“ sei sie nicht dabei gewesen, bei dem anschließenden Gespräch jedoch schon. Der Kaufvorgang wurde „live“ durch die IT-Abteilung mitverfolgt. Die Angeklagte habe alles zugegeben und dann weinend wieder abgestritten. Die zweite Zeugin, die Mitarbeiterin der Außenrevision, die den Testkauf durchgeführt hatte, berichtet, dass sie zweimal in dem Laden eingekauft habe. Der erste Einkauf verlief vorschriftsmäßig, wohl deshalb, da eine weitere Kollegin neben der Kasse stand. Sie habe dann später einen zweiten Einkauf getätigt, die erwähnte Jacke. Sie habe dafür keinen Bon bekommen und der Cent Rückgeld wurde nicht aus der Kasse genommen. Im Lauf des Personalgesprächs unterschrieb die 38-Jährige das freiwillige Geständnis und die Vereinbarung. Dafür gebe es ein Formular, da dies öfter vorkomme. Die 20 Euro habe die Angeklagte aus ihrer Hosentasche gezogen, das habe sie gesehen. Warum die 38-Jährige so lange leugnete, wird nicht ganz klar. Möglicherweise hoffte sie, dass sie sich aufgrund der unübersichtlichen Beweislage aus der Affäre ziehen könnte. Doch die beiden Zeugenaussagen, der Testkauf, die Vereinbarung und der Abgleich der Bon-Abbrüche mit den Inventurdaten waren ziemlich eindeutig.
Nach einer kurzen Pause und der Beratung zwischen der Angeklagten und ihrem Anwalt räumt sie schließlich die Unterschlagungen ein. Die 38-Jährige hat keine Eintragungen im Bundeszentralregister. Sie ist geschieden, lebt allein und arbeitet inzwischen wieder in ihrem erlernten Beruf als medizinische Fachangestellte. Alkohol und Drogen sind kein Thema, sie ist jedoch wegen psychischer Probleme in Behandlung, vor allem seit ihrer Entlassung nach besagten Vorfällen.
So ergeht folgendes Urteil: eine Freiheitsstrafe von einem Jahr mit einer zweijährigen Bewährungszeit sowie der Auflage, die Summe von 20000 Euro in monatlichen Raten von insgesamt 100 Euro zurückzuzahlen. Gegen das Urteil können Rechtsmittel eingelegt werden.