Verpokert in Madrid

Nach einer Systemumstellung kommt Borussia Dortmund bei Real unter die Räder. Trainer Nuri Sahin gibt einen Fehler zu, sieht aber auch Gutes.

Von sid

Dortmund - Die plagende Gewissheit, falsche Entscheidungen getroffen zu haben, begleitete Nuri Sahin auf dem Flug von Spanien zurück in die Heimat. Über den Wolken konnte der erst im Sommer installierte Trainer von Borussia Dortmund über die Gründe für den jähen Zusammenbruch bei Real Madrid grübeln. Fünf Gegentore in einer halben Stunde hatten den BVB beim 2:5 (2:0) beim Titelverteidiger schwer getroffen, und Sahin musste einräumen, dass er sich verkalkuliert hatte.

Sein Plan in der zweiten Hälfte sei „nicht aufgegangen, das ist mein Fehler, dem ich mich stellen muss“, hatte Sahin im an einen Kinosaal erinnernden Pressekonferenzraum im Bernabéu gesagt. Mit seinen Wechseln wollte er für eine „Absicherung“ sorgen, damit „Rodrygo und vor allem Vini nicht so leicht in Eins-gegen-eins-Duelle kommen“. Doch genau das Gegenteil trat ein, und der brillante Vinicius Junior nutzte seine Freiheiten in der Folge zu drei Toren (62., 86., 90.+3).

„Die zweite Halbzeit ist extrem bitter. Wir haben sehr, sehr schlecht verteidigt, dazu kommt die individuelle Klasse von Real“, sagte Sahin, der auf der Pressekonferenz sogar von spanischen Journalisten gefragt wurde, was ihn denn dazu bewogen hatte, sein System auf eine defensive Dreierkette umzustellen und den bis dahin sehr auffälligen Flügelstürmer Jamie Gittens durch Waldemar Anton zu ersetzen. Dadurch entglitt dem BVB ein Spiel, das er bis dato fest im Griff hatte.

Er müsse sich auf der Pressekonferenz nicht erklären, sagte Sahin, um es zähneknirschend dann doch zu machen. Die Dreierkette sei „kein defensives System, wenn wir es so spielen, wie wir es wollen“. Das gelang dem BVB um Ex-VfB-Profi Anton nicht, Sahin blieb dennoch bei der Einschätzung, „dass es mit Ball ein richtig gutes Spiel von uns war“.

Es war aber vor allen Dingen eine Partie, die schonungslos die Schwächen der BVB-Elf offenbarte. Der erste Gegentreffer durch Antonio Rüdiger (60.) wirkte wie ein Schock, die Sicherheit, die der BVB durch die Tore von Donyell Malen (30.) und Gittens (34.) erlangt hatte, war schlagartig verloren. Lucas Vazquez (83.) schoss Real spät in Führung – dann folgte Vinicius’ Gala.

„Es fühlt sich kacke an. Wir haben am Ende viel zu viel Platz gelassen und zu einfache Tore zugelassen. Das geht auf jeden Fall nicht, das müssen wir ganz klar besser machen“, forderte der bemitleidenswerte Torhüter Gregor Kobel, der zwischenzeitlich mit zahlreichen Paraden noch Schlimmeres zu verhindern schien: „Dass du fünf Dinger kriegst, das ist viel zu viel.“

Offensivspieler Julian Brandt forderte, „die guten Dinge mitzunehmen und die schlechten möglichst in Madrid zu lassen“. Und auch der im Vorfeld so optimistische Dortmunder Sportdirektor Sebastian Kehl hoffte, dass der BVB die schmerzhafte Niederlage rasch abschüttelt. „Ab diesem Moment ist das Spiel abgehakt, es ist erledigt, wir haben jetzt mit der Champions League nichts mehr am Hut“, sagte er.

Nun richte sich der Fokus auf das Spiel am Samstag (15.30 Uhr) beim FC Augsburg. „Das ist das nächste wichtige Spiel und womöglich noch wichtiger als das, was hier passiert ist“, betonte Kehl.

Dem stimmte Sahin zu. „Es muss weitergehen“, sagte er und berief sich abermals auf die gute erste Hälfte im Bernabéu: „Wenn wir gegen Real Madrid so Fußball spielen können, dann müssen wir es gegen jeden tun, und das muss unser Maßstab sein.“

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Erstellt:
23. Oktober 2024, 22:07 Uhr
Aktualisiert:
24. Oktober 2024, 00:04 Uhr

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