Papst in Belgien

Versöhnliches Ende einer schwierigen Dienstfahrt

Papst Franziskus beendet seine Belgien-Reise mit einer Messe und überrascht seine Gastgeber mit einer unerwarteten Ankündigung: der geplanten Seligsprechung des verstorbenen König Baudouin.

Zum Abschluss seiner Reise in Belgien feiert der Papst eine Messe im König-Baudouin-Stadion in Brüssel.

© dpa/Omar Havana

Zum Abschluss seiner Reise in Belgien feiert der Papst eine Messe im König-Baudouin-Stadion in Brüssel.

Von Knut Krohn

Petrus meint es gut mit seinem Vertreter auf Erden. Die Sonne lacht am etwas diesigen Himmel über dem König-Baudouin-Stadion in Brüssel, wo Papst Franziskus am Sonntagmorgen zum Abschluss seines viertägigen Besuches in Belgien und Luxemburg eine Messe zelebrierte. Kurz vor zehn Uhr fuhr der Pontifex in seinem weißen Papa-Mobil in das weite Rund und wurde von rund 40 000 Menschen euphorisch begrüßt. Lachend winkte der Papst der Menge zu und genoss sichtlich diesen versöhnlichen Abschied nach einem eher schwierigen Besuch.

Deutliche Worte des Papstes

Auch in seiner Predigt im König-Baudouin-Stadion schwieg der Papst nicht zum drängendsten Thema seiner Reise. In scharfen Worten verurteilte er den sexuellen Missbrauch in der Kirche. Er rief die Bischöfe auf, Missbrauchsfälle nicht zu verschweigen, sondern sie öffentlich zu machen und die Täter zu bestrafen. Der Papst erhielt großen Applaus für seine Äußerungen, mit denen er von seinem vorbereiteten Redemanuskript abwich. Franziskus spielte in dieser Passage auf den Fall des früheren Bischofs Roger Vangheluwe an, der jahrelang unter anderem seine Neffen missbraucht hatte. Erst vor wenigen Monaten entfernte Franziskus den 87-Jährigen aus dem Klerikerstand, die höchste kirchenrechtliche Strafe.

Der Skandal hat der katholischen Kirche in Belgien auch wegen der zögerlichen Reaktionen aus Rom schweren Schaden zugefügt. Dafür musste Franziskus gleich zu Beginn seines Besuches ungewöhnlich scharfe Worte hinnehmen. In ihren Begrüßungsreden an das Kirchenoberhaupt drängten König Philippe und Premierminister Alexander De Croo auf eine entschlossene Aufarbeitung von Verfehlungen der katholischen Kirche. Der Regierungschef forderte vom Papst konkrete Schritte für die Opfer. „Sie haben ein Recht auf die Wahrheit.“ Er betonte, die katholische Kirche habe ihren Platz in der Gesellschaft, und der Glaube gebe vielen Orientierung. Gleichwohl blieben die vielen Fälle von Missbrauch und Zwangsadoptionen „schmerzhafte Wunden“. Der Papst hörte diese eindringliche Botschaft und verurteilte während seiner Reden immer wieder den Missbrauch mit maximaler Schärfe. „Der Missbrauch von Minderjährigen ist eine Schande. Diese Schande müssen wir anerkennen, um Vergebung bitten und das Problem lösen“, betonte er.

Treffen mit Opfern von Missbrauch

Doch Franziskus wollte nicht nur für die Missbrauchsfälle durch Geistliche Abbitte leisten, sondern auch persönlich etwas zu deren Aufarbeitung beitragen. So traf er sich mit mehreren Betroffenen. Dabei entschuldigte er sich nach Angaben von Teilnehmern. Es sei ein „offenes, schwieriges und auch emotionales Gespräch“ gewesen, sagte ein Beteiligter. Nach dem Gespräch gebe es Hoffnung, dass sich nun was bewege, äußerte ein Teilnehmer gegenüber dem belgischen Sender VRT.

Eigentlicher Anlass der Reise des Pontifex war das 600. Jubiläum der Katholischen Universität Löwen sowie ihrer Partneruniversität in Louvain-la-Neuve. Sie gilt noch heute als eine europaweit renommierte Stätte der wissenschaftlichen Theologie. Aber ausgerechnet dort sorgte er mit einer konservativen Äußerung zur Rolle der Frau für einigen Unmut. „Was für die Frau charakteristisch ist, was weiblich ist, wird nicht durch Konsens oder Ideologien festgelegt“, betonte er in einer Rede und fügte später noch hinzu, die Rolle der Frau sei „fruchtbares Empfangen, Sorge, lebendige Hingabe“. In einer Reaktion der Hochschule hieß es danach, dass man nicht mit der „vorgebrachten Position über die Rolle von Frauen in Kirche und Gesellschaft“ übereinstimme. Die Worte des Papstes über das Wesen der Frau seien eine „deterministische und reduktionistische Position“, von der sich die Universität distanziere.

Geplante Seligsprechung des verstorbenen Königs

Doch der Papst hat zum Ende seiner Reise noch eine andere Botschaft an die Belgier, die deutlich zeigt, dass der Fortschritt in der katholischen Kirche auch seine Grenzen hat. Franziskus kündigte an, den Prozess der Seligsprechung des verstorbenen Königs Baudouin (1930-1993) in Gang zu setzen, der ein „Mann des Glaubens“ gewesen sei. Zuvor hatte er bereits dessen Grabstätte besucht. Als Katholik hatte sich Baudouin im Jahr 1990 geweigert, ein liberales Abtreibungsgesetz zu unterzeichnen. Das könne er nicht mit seinem Gewissen vereinbaren, ließ er verkünden. Daraufhin erklärte die Regierung Baudouin kurzerhand für regierungsunfähig und übernahm die Funktion des Staatsoberhaupts. Nachdem alle Regierungsmitglieder das Gesetz unterzeichnet hatten, wurde er am 5. April 1990 wieder für regierungsfähig erklärt. Franziskus forderte die Belgier auf, sich bei weiteren „kriminellen Gesetzen“, die auf den Weg gebracht worden seien, an Baudouin zu orientieren. Was er genau damit meint, sagte der Papst nicht.

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Erstellt:
29. September 2024, 13:45 Uhr

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