Versuchter Mord in Fellbach: Beweisaufnahme ist abgeschlossen

Die Beweisaufnahme im Verfahren gegen einen 61-Jährigen, der in Fellbach seine Noch-Frau niedergestochen hat, ist abgeschlossen.

Der Prozess am Stuttgarter Landgericht soll am 4. Januar weitergehen. (Archivfoto: Alexander Becher)

© Alexander Becher

Der Prozess am Stuttgarter Landgericht soll am 4. Januar weitergehen. (Archivfoto: Alexander Becher)

Von Heike Rommel

Fellbach. Das Stuttgarter Landgericht hat die Beweisaufnahme im Prozess um den versuchten Mord geschlossen. Ein Mann hatte in Fellbach unter anderem mit einem Messer auf seine getrennt lebende Ehefrau eingestochen (wir berichteten). Abzuwarten ist für die Schwurgerichtskammer noch, ob Beweisanträge seitens der Verteidigung im neuen Jahr kommen. Der 61-jährige Angeklagte sagt nach wie vor, er hätte sich nach dem Angriff auf seine Noch-Frau mit Messerstichen in den Bauch selbst töten wollen. Er habe dies vor dem Hintergrund getan, dass die Frau von ihrer Mutter in Paris geerbt hatte und die Eigentumswohnung in Fellbach in Schulden stand.

Die Schwurgerichtskammer hörte vor dem Ende der Beweisaufnahme eine Anwältin, die die 48-jährige Frau schon in einem Gewaltschutzverfahren vor dem Amtsgericht Waiblingen begleitet hat. „Die Frau ist über das Netzwerk der Diakonie und der Caritas zu mir gekommen“, berichtete die Zeugin über den Fall, in welchem die Mandantin vor ihrem Mann schon ins Frauenhaus geflüchtet war. Sie, so die Zeugin, hätte sich erst einmal davon überzeugt, ob in diesem Fall der Trennung und Scheidung sowie der Sorgerechtsberatung für fünf Kinder alles ernst gemeint ist oder nicht.

Der Angeklagte hätte die Wohnung gar nicht mehr betreten dürfen

Die Frau und Mutter hätte ihr den Nachweis erbracht, dass sie 245000 Euro von ihrer verstorbenen Mutter in Paris geerbt hatte, wo ihre Familie lebte. Sie habe gefragt, ob sie damit aus Fellbach nach Paris und damit endgültig von ihrem Mann wegkommen kann. Eine Einigung darüber, dass die verschuldete Familienwohnung nicht mehr weiter bedient werden könne und zwangsversteigert werden solle, habe bereits zuvor bestanden. „Wie kam es dazu, dass sie auszog?“, fragte die Vorsitzende Richterin der Schwurgerichtskammer, Monika Lamberti. „Ihr Hauptaugenmerk lag auf den Kindern, damit diese einmal einen festen Platz haben, wo sie wohnen können“, antwortete die Zeugin. Die Frau hätte auch in Erwägung gezogen, ihr Erbe von ihrer verstorbenen Mutter gleich an die Kinder zu überschreiben, damit sie aus der Ehe herauskommt.

Das Gewaltschutzgesetz hatte bereits Gültigkeit, als der Messerangriff des Angeklagten auf seine trennungswillige Frau passierte. Dieser hätte die Eigentumswohnung in Fellbach am 19. April dieses Jahres gegen 11 Uhr gar nicht mehr betreten dürfen. Als er an der Haustür klingelte, öffnete ihm ein minderjähriger Sohn. Die Schwurgerichtskammer brachte vor Beendigung der Beweisaufnahme den Notruf des Sohns und Chatverläufe des Angeklagten mit den Kindern ein. Aus dem Notruf über den Tatort Küche der Fellbacher Familienwohnung: „Mein Vater, meine Mutter ...mein Vater hat das Messer genommen!“ „Hallo, hier ist der Polizeinotruf“, kam aus dem anderen Ende der Leitung. „Mein Vater hat meine Mutter umgebracht, ganz schnell bitte“, sagte der Jugendliche. „Ist dein Vater noch da?“, fragte der Polizeibeamte. „Der hat sich auch verletzt“, kam zurück. Die Polizei kam, in der Folge wurde die lebensgefährlich mit einem Küchenmesser verletzte Frau ins Krankenhaus gebracht und der Vater ebenfalls. Letzterer berief sich im Prozess immer noch darauf, er habe sich nach dem Versetzen von lebensbedrohlichen Messerstichen in die Herz- und Lungengegend seiner Frau hinterher mit Messerstichen in den eigenen Bauch selbst töten wollen.

Der Angeklagte ist dem bisherigen Prozessverlauf zufolge weder vorbestraft noch psychisch krank. Thema war vor Abschluss der Beweisaufnahme auch, wie er versuchte, die Kinder wegen des Erbes der Mutter auf seine Seite zu ziehen und somit für seine eigenen Interessen zu instrumentalisieren. Dazu ließ die Schwurgerichtskammer Chatverläufe des Vaters auf Handys von Kindern einspielen, aus denen hervorging, dass sie ihre Mutter kontrollieren und ihm Nachricht geben sollen, was diese macht, wo sie hingeht, wie sie angezogen ist und ob sie auf das Erbe von ihrer Ursprungsfamilie in Paris hin schon einen Koffer gepackt hat.

Der Prozess wird am Donnerstag, 4. Januar 2024, fortgesetzt.

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Erstellt:
28. Dezember 2023, 15:00 Uhr

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