Mit Maschinenpistole in Schorndorf-Weiler: Versuchter Totschlag lässt sich nicht beweisen
Stuttgarter Landgericht verurteilt 21-Jährigen nur wegen unerlaubten Waffenbesitzes zu neun Monaten Jugendstrafe auf Bewährung.
Von Heike Rommel
Schorndorf/Stuttgart. Die Jugendkammer des Stuttgarter Landgerichts hat den 21-Jährigen freigesprochen, der mit einer Maschinenpistole (MP) in einem Wohngebiet in Schorndorf-Weiler geschossen haben soll. Von der Anklage auf versuchten Totschlag mit der MP an einer gegnerischen Gruppe blieb nichts übrig. Festmachen konnte das Gericht am achten Verhandlungstag „nur“ den unerlaubten Besitz eines Butterflymessers, für den es neun Monate Jugendstrafe auf Bewährung gab.
Der 21-Jährige aus dem Kreis Göppingen bekommt einen Bewährungshelfer zugewiesen, muss 50 Stunden gemeinnützig arbeiten und nachweisen, dass er sich um einen Ausbildungsplatz oder eine Arbeitsstelle bemüht. Er war schon vor der Schießerei vom Abend des 23. Oktober strafrechtlich aufgefallen. Ihm jedoch nachweisen, dass
er für eine Gruppierung aus dem Raum Schorndorf/Göppingen mit der MP auf Mitglieder einer rivalisierenden Gruppe aus der Gegend Ludwigsburg/Stuttgart/Esslingen geschossen hat, konnte die Kammer nicht.
Der Vorsitzende Richter Matthias Merz zeigte bei der Urteilsverkündung keinerlei Verständnis dafür, was in Weiler passiert ist. Erwiesen werden konnte bei der Beweisaufnahme, dass aus einem schwarzen und aus einem weißen Wagen heraus aufeinander geschossen wurde, wobei Geschosse in geparkte Autos und in ein Hausfenster knallten. Es hätte auch ein Kinderzimmer getroffen werden können, erinnerte der Richter noch einmal an die Tatzeit 21.41 Uhr, wo durchaus auch andere Menschen in der Liebermannstraße hätten unterwegs sein können.
Es könnte auch sein, dass ein anderer geschossen hat
„Wir können nur verurteilen, wenn wir keine Zweifel haben“, stellte die Kammer schlussendlich die Täterschaft des 21-Jährigen bei der Schießerei infrage. Er könnte nicht als Einziger in dem weißen Mercedes gesessen haben, mit dem er danach beim Polizeirevier Schorndorf als Opfer vorfuhr. „Es kann sein, dass Sie geschossen haben, es kann aber auch sein, dass es jemand anderes war“, erklärte Richter Merz dem jungen Mann, für den die Stuttgarter Staatsanwaltschaft viereinhalb Jahre Haft beantragt hat. „Wir haben keine Zweifel, dass Sie zu der Gruppe gehören wollten“, lautete ein Einblick in die Urteilsfindung. „Es kann aber auch sein, dass Sie der willige Depp waren, den man vielleicht auch vorschicken konnte.“ Wer sich mit quietschenden Reifen schneller aus dem Staub gemacht hat, waren Insassen des schwarzen Fahrzeugs, das der Polizei bekannt ist.
Präsenz zeigen, Vorherrschaft gewinnen und in kriminellen Gruppierungen, die bei Beerdigungen Handgranaten werfen wie in Altbach (Kreis Esslingen) – was soll das? In der Gesamtschau, so die Kammer, blieb das Geschehen in Weiler „zu einem wesentlichen Teil unaufgeklärt“. Den weißen Mercedes hatte sich der Beschuldigte von einem Freund seines Bruders ausgeliehen.
Grund für den Vorfall könnte der Urteilsbegründung zufolge gewesen sein, dass ein Schorndorfer einen Kontrahenten in den sozialen Medien beleidigt hat, daraufhin mit einer Waffe bedroht wurde und seinerseits eine Waffe an seine Gruppenmitglieder gegeben hat. Das ergaben Chatverläufe aus beschlagnahmten Handys und Recherchen, in welche Funkzellen diese eingebucht waren. Mindestens sechs Schüsse kamen aus dem schwarzen und dann eine MP-Salve aus dem weißen Auto, wo das Fahrerfenster geklemmt hat. Das Mündungsteil der MP wurde von der Anwohnerschaft gesehen. Die Salve könnte jedoch auch aus dem Fenster des weißen Wagens links hinten gekommen sein. Richter Matthias Merz appellierte an den 21-Jährigen, sich künftig um seine berufliche Zukunft zu kümmern anstatt zu kriminellen Gruppen gehören zu wollen.