Vesperkirche in Backnang: Mehr als eine warme Mahlzeit
Von Anfang November bis Ende März bietet die Vesperkirche der katholischen Kirchengemeinde St. Johannes ihren Gästen jeden Montag nicht nur ein selbst gekochtes Essen, sondern auch die Möglichkeit für Gespräche und Geselligkeit.
Von Simone Schneider-Seebeck
Backnang. Ein appetitlicher Duft durchzieht das Gemeindehaus der katholischen Kirchengemeinde St. Johannes. Kein Wunder – schon seit etwa zwei Stunden wird in der Küche gewerkelt. Die Tische sind bereits weihnachtlich und einladend gedeckt. An diesem Montag vor Nikolaus findet wieder – wie jeden Montag seit Anfang November – die Vesperkirche statt.
Ins Leben gerufen wurde die Einrichtung vor etwa 20 Jahren von Gabi Winter. Im vergangenen Jahr hat Karl-Dieter Sachon übernommen. Er überwacht und organisiert und legt auch selbst mit Hand an. Am liebsten wäscht er ab: „Das muss schnell gehen“, verrät er schmunzelnd.
Heute steht warmer Fleischkäse mit Zwiebelsoße, Erbsen-Karotten-Gemüse und Kartoffelstampf auf dem Speiseplan. Doch damit nicht genug. Anschließend warten selbst gebackene Kuchen auf die Besucherinnen und Besucher. Käsekuchen, Käse-Kirsch-Kuchen, Linzer Torte, Zupfkuchen, Rüblikuchen, Zitronenkuchen und Obstkuchen werden von Gabi Buch flink aufgeschnitten und auf Tellern arrangiert. Doch die Kuchenchefin kümmert sich nicht nur um das leibliche Wohl. Sie organisiert auch Kleidung, die im Vorraum präsentiert wird. Pullover, Jacken, Schuhe, selbst eine Handtasche steht bereit. Unter dem Tisch liegen Taschen bereit, man darf sich bedienen.
Fünf Kochteams wechseln sich ab
In einem großen Topf werden derweil die Zwiebeln angeschmälzt. Geduldig rührt ein Vesperkirchenkochneuling darin. Auch das Gemüse schmort vor sich hin. Und nachdem 20 Kilogramm Kartoffeln geschält und gekocht wurden, werden diese nun in einer Gemeinschaftsaktion von zwei Frauen durch die Presse gedrückt.
Insgesamt fünf Kochteams wechseln sich an den Montagen ab. Mittlerweile gehören auch sechs Mitglieder der Neuapostolischen Gemeinde dazu. Jedes Team hat etwa vier bis fünf Mitglieder, es wird eigenständig entschieden, was auf den Tisch kommen soll, und auch entsprechend eingekauft.
„Etwa 90 Prozent bezahlen den ermäßigten Betrag“, sagt Karl-Dieter Sachon. Auch er und seine Teams haben mit gestiegenen Kosten zu kämpfen, wobei es dankenswerterweise durchaus einige Lieferanten gibt, die einen Preisnachlass gewähren. Wichtig ist ihm, dass frisch gekocht wird. Gerichte aus Dosen oder vorgekochtes Essen kommen bei der Vesperkirche nicht auf den Tisch. Dieses Mal haben die Einkäufe mit 230 Euro zu Buche geschlagen. „Ich bin auf Spenden angewiesen“, so der ehemalige Berufssoldat. Und diese gehen ohne Abzüge in Form des Essens direkt an die Bedürftigen.
Zu jedem Mittagessen gehört Fleisch dazu, das sei für die Gäste sehr wichtig. „Oft können sie sich zu Hause kein Fleisch leisten“, weiß Klaus-Dieter Sachon. Doch das warme Essen ist nicht alles, was die Vesperkirche bietet. Auch die Geselligkeit ist ein essenzieller Bestandteil. Bis etwa 17 Uhr muss alles wieder aufgeräumt und an seinem Platz sein, damit die nächsten Gruppen den Raum nutzen können. Und so lange können die Gäste auch bleiben, vielleicht eine der drei Zeitungen lesen, die ausliegen, noch einen Kaffee oder Tee genießen und ein Stückchen Kuchen essen.
Mitarbeiter von Sozialdiensten sind ebenfalls vor Ort
Außerdem werden Beratungsmöglichkeiten geboten. Einerseits stehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Vesperkirche immer für ein Gespräch zur Verfügung. „Wir haben immer ein offenes Ohr“, sagen sie. Andererseits ist auch immer jemand von einer sozialen Einrichtung da, etwa von der Erlacher Höhe oder verschiedenen Sozialdiensten. An diesem Montag sind das beispielsweise Anastasia Deliaridou und Laila Welsch-Bhalla von der Caritas.
„Die Vesperkirche ist eine Säule der Gesellschaft, die zumindest montags Leute auffängt“, sagt Klaus-Dieter Sachon. Das sehen die Besucher ebenfalls so. Schon weit vor der offiziellen Essensausgabe um 12.30 Uhr kommen die ersten, überwiegend älteren Besucher. Manche greifen zunächst zur Zeitung und lesen, andere vertiefen sich gleich in angeregte Gespräche.
„Ich bin schon seit vielen Jahren da“, sagt Anton, der sich gerade einen Tee geholt hat. „Ich esse hier wunderbar, man wird auch satt. Es ist wie eine Familie hier.“ Der Austausch untereinander, das miteinander Reden, die Unterhaltungen, das gefällt ihm gut. Manche, so weiß er, kommen sogar von weiter weg, etwa aus Stuttgart.
Gut gefüllt ist der Saal bald, jeder hat einen Platz gefunden, darunter auch eine Familie mit zwei Kindern. Karl-Dieter Sachon läutet mit der Mittagsglocke, begrüßt die Gäste und kündigt das Essen an. Im Anschluss gibt es ein kurzes Tischgebet, dann werden die gefüllten Teller an die Tische gebracht. Wer mag, bekommt einen Nachschlag, man darf auch etwas mit heimnehmen. 110 Portionen werden dieses Mal ausgeteilt. Und weil es der Montag vor Nikolaus ist, verteilt Klaus-Dieter Sachon noch große Schokoladennikoläuse. Das zaubert dann auch dem ein oder anderen ein Lächeln ins Gesicht.