Viele Ideen für die Zukunft von Großerlach beim Wahlpodium der BKZ

Vor rund 250 Bürgerinnen und Bürgern sprechen drei Bürgermeisterkandidaten beim BKZ-Wahlpodium über ihre Ziele für Großerlach. Kevin Dispan, Kay Theodor Schloe und Melih Göksu beziehen Stellung zu den anstehenden Herausforderungen für die Gemeinde.

Kevin Dispan, Kay Theodor Schloe und Melih Göksu (von links) möchten Bürgermeister in Großerlach werden. Sich und ihre Ziele stellen sie beim BKZ-Wahlpodium in der Großerlacher Gemeindehalle vor. Fotos: Tobias Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Kevin Dispan, Kay Theodor Schloe und Melih Göksu (von links) möchten Bürgermeister in Großerlach werden. Sich und ihre Ziele stellen sie beim BKZ-Wahlpodium in der Großerlacher Gemeindehalle vor. Fotos: Tobias Sellmaier

Von Kristin Doberer

Großerlach. Am 28. Januar wählen die Bürgerinnen und Bürger Großerlachs ihren neuen Bürgermeister. Nach 24 Jahren im Amt wird Christoph Jäger nicht mehr antreten (wir berichteten). Zu einem ersten Schlagabtausch der Kandidaten kam es am Montagabend in der Gemeindehalle. Den Fragen von BKZ-Redaktionsleiter Kornelius Fritz stellten sich Melih Göksu (33), der im Landratsamt Waiblingen arbeitet und aktuell für die Unterbringung von Geflüchteten im Kreis zuständig ist, Kay Theodor Schloe (59), der in Wüstenrot Mitglied des Gemeinderats ist und als promovierter Biologe freiberuflich tätig ist, und der gebürtige Liemersbacher Kevin Dispan (30), der stellvertretender Kämmerer bei der Stadt Remseck am Neckar arbeitet. Gleich zu Beginn nach ihrem musikalischen Können gefragt, gaben Göksu und Schloe an, ihre gesanglichen Fähigkeiten nur im Auto oder unter der Dusche zu zeigen, Kevin Dispan spricht von einigen Jahren Schlagzeugerfahrung. Klar ist also: Zumindest musikalisch werden die drei Kandidaten Jägers Fußstapfen wohl nicht füllen können. Wie es bei den kommunalpolitischen Themen aussieht, konnten sie in der Diskussionsrunde zu wichtigen Themen in Großerlach zeigen.

Ortsentwicklung und Infrastruktur Beim Thema Ortsentwicklung stand die Ortskernsanierung in Großerlach im Mittelpunkt der Diskussion. Konkrete Ideen hat Melih Göksu. „Wir brauchen eine echte Ortsmitte“, meint er, einen Teil der Lösung sieht er in einem neuen Rathaus, eventuell mit einem Café im Foyer. Auch die anderen beiden Kandidaten stimmen zu, dass das aktuelle Rathaus allein aufgrund der fehlenden Barrierefreiheit irgendwann angegangen werden muss. Kevin Dispan sieht es aber nicht als Priorität. „Ein neues Rathaus macht noch keine Dorfmitte aus. Da gehört mehr dazu und wir müssen alle Teilorte mitnehmen“, sagt er. Viel wichtiger sei die Frage, wie man wieder eine ärztliche Versorgung anbieten kann. Obwohl Bürgermeister Jäger in den vergangenen Jahren schon vieles in Bewegung gesetzt hat, fehlt weiterhin ein Hausarzt im Ort. „Trotzdem muss man weiter dranbleiben“, meint Dispan.

Für eine interkommunale Lösung spricht sich Schloe aus. „Man muss sich mit anderen Gemeinden zusammentun und zum Beispiel eine mobile ärztliche Versorgung einrichten“, schlägt er vor. Interkommunale Zusammenarbeit sieht auch Göksu bei dem Thema als Möglichkeit, außerdem müsse man die Gemeinde attraktiver machen und Fördermittel ausnutzen. Beim Thema Ortsentwicklung spielt aber auch die Nachverdichtung eine wichtige Rolle. Göksu schlägt eine Wohn- und Bauplattform vor, um Interessenten mit Grundstückseigentümern zusammenzubringen. „Die Gemeinde kann da eine Vermittlerrolle einnehmen“, sagt er. Dispan plädiert für mehr Aufklärung bei den Hauseigentümern. „Da müssen wir Überzeugungsarbeit leisten.“

Verkehr Ein für Großerlach wichtiges Thema ist der Verkehr. Nicht nur die zahlreichen Fahrzeuge, die auf der B14 unterwegs sind, sondern auch rasende Motorradfahrer sorgen für Lärmbelästigung. „Die große Frage ist, ob man Geschwindigkeitsreduzierungen in Großerlach erreichen kann“, sagt Schloe mit Blick auf die Einflussmöglichkeiten der Gemeinde auf eine Bundesstraße. Er denkt, es sollte möglich sein, Geschwindigkeitsreduzierungen im Zuge der Ortskernsanierung einzubauen. „Auch wenn das Bundes- oder Kreisstraßen sind, heißt es nicht, dass man nichts unternehmen kann“, stimmt Göksu zu. Er will nochmals aktiv auf seine jetzigen Kollegen im Landratsamt zugehen sowie die Bundestagsabgeordneten mit ins Boot nehmen, um bei den verantwortlichen Stellen weiter Druck zu machen. Kevin Dispan sieht ausbremsende Verkehrsinseln in den Ortseinfahrten als Möglichkeit, um die Verkehrsteilnehmer zum Bremsen zu zwingen. „Eine andere Möglichkeit wäre, dass man dauerhafte Displays anbringt, die aktiv auf die Geschwindigkeit hinweisen“, sagt er.

Weitere Themen

Beim Thema Motorradlärm sprechen sich alle drei gegen Verbote aus. Dispan schlägt vor, eine Verlängerung von Tempo 50 über das Ortsschild hinaus anzustreben, um die laute Beschleunigung vom Ort wegzulegen. Schloe spricht sich für mehr Polizeikontrollen aus. Ebenso einig sind sich die Kandidaten, dass die Bustaktung auf keinen Fall weiter ausgedünnt werden darf, im besten Fall solle diese noch verbessert werden. Schloe findet das ÖPNV-Angebot in Großerlach vergleichsweise gut, meint aber: „Natürlich kann man das Angebot noch verbessern“, zum Beispiel mit Carsharing. Das sehen alle Kandidaten als eine Option, um auch ohne eigenes Auto unterwegs zu sein, im besten Fall als interkommunales Projekt. Göksu findet außerdem auch einen Bürgerbus interessant. „Vielleicht kann man Menschen zusammenbringen, die das gleiche Ziel haben.“ Unterdessen sieht Dispan auch eine Verbesserung der Radinfrastruktur als wichtig an. „Wir brauchen sichere und attraktive Radwege“, sagt er.

Nachhaltigkeit und Klimaschutz Wie sehen in der Zukunft die Bauplätze in Großerlach aus? Wird es weitere Flächenversiegelung geben? „Ich finde die Nachverdichtung sehr wichtig, die hat absolute Priorität“, sagt Kevin Dispan. Gleichzeitig spricht er sich nicht grundsätzlich gegen weitere Neubaugebiete aus. „Es wird immer junge Familien geben, die bauen wollen.“ Göksu dagegen ist zunächst gegen neue Baugebiete, „weil es viel Leerstand gibt“. Man müsse auf Leute zugehen und zum Beispiel mit einer Plattform Interessierte und Eigentümer zusammenbringen. „Vielleicht kann man damit die Nachfrage schon decken“, sagt er. Ähnlich sieht es auch Schloe. „Man kann erst nachverdichten und dann schauen, wie die Nachfrage noch ist, und ob es noch ein neues Baugebiet braucht.“

Außerdem beschäftigt das Thema Windkraft auch Großerlach. Schloe zeigt sich offen für Windräder auf dem Gemeindegebiet. Denn als Gemeinde könne das dazu beitragen, energieautark zu werden und genau das sei eines seiner Ziele für die Gemeinde. „Bürger könnten da auch investieren und so davon profitieren“, berichtet Schloe von seinen Erfahrungen aus Wüstenrot. Außerdem würde er auch auf Freiflächen-PV-Anlagen setzen. „Die Sorgen der Bürger müssen wir ernst nehmen“, mahnt Dispan in Bezug auf die Windkraft. Gerade durch Großerlachs Lage müsse man aufpassen, dass man durch Windkraftanlagen in den benachbarten Kreisen nicht „umzingelt“ werde. Solange die Flächen geeignet sind, ist er aber ebenfalls nicht gegen Windkraft. Wenn man als Gemeinde auf einen Investor zugeht sei das schließlich eine weitere Einnahmequelle. Göksu allerdings spricht sich zumindest gegen die aktuell in Großerlach angedachte Fläche aus. „Ein Vorranggebiet mitten im Wald, da kann man sich nur an den Kopf fassen“, sagt er, auch mit Blick auf die nötigen Erschließungsarbeiten.

Bürgerbeteiligung und Verwaltung Sehr einig sind sich die Kandidaten beim Thema Digitalisierung auf dem Rathaus. „Die Bürger müssen Dinge einfach von zu Hause aus erledigen können“, sagt Schloe. Das müsse man möglichst bald angehen, stimmt Dispan zu. Alle zeigen sich außerdem offen, manche Verwaltungsaufgaben interkommunal mit den Nachbargemeinden anzugehen. Beim Thema Bürgerbeteiligung schlagen Göksu und Dispan Bürgersprechstunden beim Rathauschef sowie rotierende Gemeinderatssitzungen vor. Dispan möchte außerdem Social Media nutzen, um mit den Bürgern in Kontakt zu bleiben. Schloe dagegen schlägt vor, mit dem Rad regelmäßig in die Teilorte zu kommen und für Gespräche offen zu sein. „Das Rathaus kommt dann quasi zum Bürger“, sagt er.

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Erstellt:
17. Januar 2024, 06:00 Uhr

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