Vier Gerüstdiebe vor Gericht in Waiblingen
Jugendschöffengericht Waiblingen verurteilt vier junge Männer.

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Von Heike Rommel
WAIBLINGEN. Noch keinen Beruf und schon im organisierten Verbrechen verstrickt: Vier ehemalige Mitglieder einer Bande, die den halben Rems-Murr-Kreis mit groß angelegten Diebstählen von Baugerüsten in Aufruhr gebracht hat, mussten sich jetzt vor dem Waiblinger Jugendschöffengericht verantworten. Mitangeklagt war der kleine Bruder des bereits zu neuneinhalb Jahren Gefängnis verurteilten Bandenchefs.
Mit ihm wurden in Waiblingen drei weitere junge Männer verurteilt, die ihre Tatkraft in Gerüstdiebstähle steckten und auch als Anmieter oder Fahrer eines Lkw oder eines Transporters gut zu gebrauchen waren, weil der Bandenkopf keinen Führerschein hatte. Der heute 26-jährige Bruder des Bandenchefs wurde ebenso zu einem Jahr und zehn Monaten Haft zur Bewährung verurteilt wie ein 25-jähriger Azubi aus Murrhardt, ein 22-jähriger Azubi aus Winnenden zu einem Jahr und drei Monaten zur Bewährung und ein 21-jähriger Lehrling aus Auenwald zur Zahlung von 1000 Euro an den Verein Sicherer Landkreis.
Angeklagt beim Jugendschöffengericht war die ganze Sache nur, weil der jüngste, heute 21-jährige Angeklagte zur Tatzeit im Januar und Februar letzten Jahres noch Heranwachsender war. Ihm glaubten der Berufsrichter Martin Luippold und zwei Laienrichter, dass er nur einmal einen Transporter für den Abtransport von Baugerüsten aus Firmen in Weinstadt, Dürmentingen und Nürnberg angemietet hat und nicht wusste, worum es da ging.
Die anderen drei Beschuldigten ließen in einem Verständigungsgespräch zwischen den Richtern, dem Vertreter der Staatsanwaltschaft und ihren Verteidigern nur einräumen, was sie auf der Basis der polizeilichen Ermittlungen inklusive Telefonüberwachung sowieso nicht abstreiten konnten. An Gerüstdiebstählen in Weinstadt-Beutelsbach am 9. und 10. Oktober, als Baugerüste im Wert von fast 16000 Euro verschwanden, wollten sie nicht beteiligt gewesen sein. Ihre Tatbeteiligung an Gerüstdiebstählen in Dürmentingen und Nürnberg in der Nacht vom 14. auf den 15. Januar letzten Jahres und in der Nacht vom 17. auf den 18. Februar letzten Jahres gaben sie zu. Aus Nürnberg wusste das Gericht, dass die Beute zum Hehlerpreis von 9000 Euro verscherbelt wurde, obgleich die Bande gar nicht alles auf einmal aufladen konnte, weil ein Förster des Weges kam.
Der Richter ist überzeugt:„Sie wussten alle, worum’s geht“
Ein Lkw reichte nicht, um die Baugerüste in Einzelteilen zu stehlen und zu einem mutmaßlichen Abnehmer nach Hamburg zu fahren. Es mussten auch Sprinter her, für die der Bandenkopf Mieter und Fahrer suchte. Den jungen Männern hatte sich der Bandenchef als selbstständiger, äußerst erfolgreicher Gerüstbauer vorgestellt, der dringend Unterstützung zur Bewältigung seiner Aufträge brauche. Mit dem Erlös aus der Beute finanzierte der Chef einen Kokainhandel. Über ihn ist die Waiblinger Kripo überhaupt erst auf die vier jungen Mittäter gekommen. Einer der Beamten fand auch den Bolzenschneider, mit dem die Zäune der bestohlenen Gerüstbaufirmen zerschnitten wurden. Aus den Auswertungen beschlagnahmter Handys ging hervor, dass sich der Bandenchef mit seinem flüchtigen Partner, der sich vermutlich in Spanien aufhält, auch noch lustig über die Auszubildenden gemacht hat, die nach den kräftezehrenden Gerüstdiebstählen wohl Muskelkater gehabt hätten.
„Sie wussten alle, worum’s geht“, resümierte der Vorsitzende Richter Martin Luippold bei der Begründung der Urteile. Es sei jedoch keiner der aktuell legal in Lohn und Brot stehenden Azubis eine treibende Kraft bei diesen Verbrechen nach dem ziemlich lange gut gegangenen „Geschäftsmodell“ des Bandenchefs gewesen.