242. Altstadtstammtisch: Virtueller Spaziergang durchs alte Backnang

Wie sah Backnang eigentlich früher aus? Einen Einblick gibt Stadtarchivar Bernhard Trefz beim 242. Altstadtstammtisch im Backnanger Helferhaus. Er zeigt Fotos von früheren Gebäuden und noch unbebauten Flächen, die mittlerweile ganz anders wirken.

Der Neubau der Spinnerei entstand auf Steinbacher Gemarkung. Rechts zu sehen ist das noch erhaltene Marienheim, das Kesselhaus im Vordergrund steht nicht mehr. Repro: Bernhard Trefz

Der Neubau der Spinnerei entstand auf Steinbacher Gemarkung. Rechts zu sehen ist das noch erhaltene Marienheim, das Kesselhaus im Vordergrund steht nicht mehr. Repro: Bernhard Trefz

Von Klaus J. Loderer

Backnang. Einen virtuellen Spaziergang durch das alte Backnang hat Stadtarchivar Bernhard Trefz mit den Besucherinnen und Besuchern des 242. Altstadtstammtischs im Backnanger Helferhaus unternommen. Da dieser Spaziergang entlang der Murr verlief, war es aber gelegentlich notwendig, auf die Höhen hinaufzusteigen. Denn schnell zeigte sich, dass Hochwasser in Backnang ein immerwährendes Thema ist. Selbst völlige Überflutungen der Oberen Walke hat es bereits gegeben, wie Trefz mit einem Foto belegen konnte, auf dem die weitläufige Wasserfläche zu sehen war. Auch Bleichwiese und Schillerstraße waren immer wieder von Überflutungen betroffen.

Die obere und die untere Fabrik bildeten die Eckpunkte des Vortrags. Die obere wurde später zur Spinnerei Adolff, die untere blieb nur ein paar Jahrzehnte im Textilbereich und bildete schließlich den Kern der Lederwerke. Die Entwicklung der Spinnerei erläuterte Trefz mit passenden Fotos. Auf einem um 1900 entstandenen Bild waren die Wiesen östlich der Weißach noch unbebaut, sie bildeten wenige Jahre später die Fläche für den riesigen Neubau. „Doch der entstand auf Steinbacher Gemarkung“, bemerkte Trefz: „Das Bauerndorf wurde durch die Gewerbesteuereinnahmen reich.“ Das habe die Backnanger natürlich geärgert. Trefz ergänzte: „Die Eingemeindung gelang der Stadt Backnang erst im Dritten Reich.“

Für die Erweiterung der Lederfabriken wird die Murr verlegt

Mit alten Plänen erläuterte Trefz die Obere Walke, an der die Murr früher völlig anders verlaufen sei. „Die Murr war früher viel näher an der Gartenstraße.“ Um Baugrund zur Erweiterung der Lederfabriken zu gewinnen, sei die Murr verlegt worden. Doch auch von den Fabriken ist inzwischen nichts mehr übrig. Immer wieder wies Trefz auf die noch unbebauten Hänge und Hügel um die Stadt herum hin, etwa Plaisir und Taus. Auch auf dem Hagenbach war auf den älteren Fotos noch keine Bebauung zu erkennen, dann aber das Hofgut Häuser und das Bürgerheim. Von der Lederfabrik Schweizer zeigte Trefz den Vorgängerbau, die sogenannte Postgerberei. Er stellte sich vor, wie er bei Stadtführungen auf deren nettes Türmchen hinweisen könnte.

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Trefz streute die ältesten Luftaufnahmen Backnangs aus den 1920er-Jahren ein. Auf diesen war besonders gut zu erkennen, wie sehr sich die historische Innenstadt inzwischen verändert hat. Für das späte 19. und frühe 20. Jahrhundert konnte Trefz noch eine ziemlich einheitliche Innenstadt zeigen. Damals stand noch der Biegel mit seinen Gerberhäusern an der Murr. Auf den alten Fotos war zu erkennen, wie die Lederfabrik Kaess diese nach und nach verdrängte. Trefz konnte es sich nicht verkneifen, auf einige der wenig in die Innenstadt passenden architektonischen Zutaten des späten 20. Jahrhunderts zu verweisen. Einigen Zuhörerinnen und Zuhörern klappte regelrecht die Kinnlade herunter, als sie hörten, wie weit die Abrisspolitik noch gehen sollte mit einem großflächigen Abriss eines ganzen Innenstadtviertels, was dann schließlich doch nicht umgesetzt wurde.

Murrtalviadukt wurde bei Kriegsende gesprengt

Auf den folgenden Fotos ging es um die Entwicklung in der unteren Au mit den Neubauten für Telefunken und der Ausdehnung der Maschinenfabrik Kaelble. Trefz ging auch auf die Lohmühle mit einem früher eigenen Mühlkanal und die dort erfolgte Verlegung der Murr ein. Die anstehenden Veränderungen in diesem Gebiet durch die IBA-Projekte streifte er nur kurz, zeigte dann aber noch Fotos des nächsten Wehrs, dessen Jahre auch gezählt sein könnten.

Mit einem nur kurz bestehenden Großbau endete der Vortrag: Das 1938 fertiggestellte Murrtalviadukt wurde bei Kriegsende 1945 gesprengt. Mit einem Foto zeigte Trefz die zusammengefallenen Reste der nur sieben Jahre existierenden eleganten Stahlbetonbogenbrücke, deren Wiederaufbaufassung nun auch schon Geschichte ist.

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Erstellt:
12. Juni 2024, 06:00 Uhr

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