Scholz besucht Ukraine
Warum die Debatte über den Krieg in den Wahlkampf gehört
Bundeskanzler Olaf Scholz hat überraschend die Ukraine besucht. Darf der Krieg Thema im Wahlkampf sein? Ja, das muss er sogar. Dabei kommt es aber auf eines entscheidend an, kommentiert unser Hauptstadtkorrespondent Tobias Peter.
Von Tobias Peter
Es liegt in der Natur der Sache, dass alles, was Olaf Scholz jetzt tut, nach Wahlkampf aussieht. Und dass es mindestens auch Elemente von Wahlkampf enthält. Denn der Bundeskanzler ringt nun einmal aus einer schwierigen Position um seine Wiederwahl.
Zugleich ist Scholz‘ Besuch beim ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zuallererst Regierungshandeln. Der Besuch ist richtig – auch und gerade zu dieser Zeit. Die Ukraine befindet sich militärisch in einer sehr schwierigen Lage. Deutschland ist der wichtigste Unterstützer der Ukraine in Europa, obwohl Scholz Selenskyj nicht alle Wünsche erfüllt. „Wir sagen, was wir tun, und wir tun, was wir sagen“, hat Scholz in Kiew erklärt. Das stimmt – auch wenn die Ukraine mit dem, was gesagt und getan wird, nicht immer zufrieden ist.
Jetzt kommt Donald Trump
In den USA übernimmt Donald Trump am 20. Januar die Amtsgeschäfte. Noch weiß niemand genau, was das für die Ukraine-Politik bedeuten wird. Deshalb ist es gut, dass Scholz und Selenskyj die Gelegenheit genutzt haben, sich persönlich auszutauschen.
Die Frage, ob der richtige Umgang mit dem Krieg in der Ukraine im Wahlkampf in Deutschland eine Rolle spielen darf, lässt sich mit einem einfachen Ja beantworten. Es bringt nichts, den Krieg zum Tabuthema zu erklären. Davon würden nur Populisten und Extremisten profitieren.
Gut wäre, wenn die Debatte in einem nüchternen Ton stattfände. Scholz soll und muss seine Politik erklären. Eine Politik, mit der er einerseits Waffenlieferungen zusichert, aber andererseits verhindern will, dass Deutschland in den Krieg hineingezogen wird. Der Kanzler sollte aber nicht so tun, als sei er der einzig Besonnene im Land. Doch auch die Kritik an Scholz – vor allem dafür, den Marschflugkörper Taurus nicht an die Ukraine zu liefern – war oft überhart. Der Debatte täten mehr Grautöne gut.