Ausbau der Fernwärme
Was bedeutet Anschlusszwang beim Heizen?
Angenommen, man wohnt in einem Gebiet, in dem Fernwärme-Zwang herrscht – kann man dann überhaupt auf eine Wärmepumpe umsteigen? Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Von Judith A. Sägesser
Es gebe Städte, die könnten sich nicht retten vor Anfragen von Menschen, die sich für den Anschluss an ein Wärmenetz interessieren, sagt Helmut Dedy, der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags. Um die Klimaziele zu erreichen, sollen die Wärmenetze ausgebaut werden. Klappt das auf freiwilliger Basis, oder ist ein Anschlusszwang unvermeidlich?
Was bedeutet ein Anschlusszwang?
In manchen Kommunen gibt es ihn (schon), den Anschlusszwang. Gebäude müssen sich demnach an ein bestehendes Fernwärmenetz anschließen lassen und es somit nutzen. In vielen Fällen gilt dieser Zwang in Neubaugebieten, aber es gibt auch Beispiele, bei denen die Pflicht zum Anschluss auch für Bestandsgebäude greift.
Ob der Zwang greift, entscheiden die Kommunen. Politisch ist dieses Instrument, Wärmenetze auf wirtschaftlich sichere Beine zu stellen, umstritten. In Horb beispielsweise wurde ein solches Ansinnen nach heftiger Debatte im vergangenen Jahr wieder gekippt.
Könnte man trotzdem eine Wärmepumpe installieren?
Der Verband kommunaler Unternehmen fordert, dass Wärmepumpen in Netzgebieten künftig nicht mehr gefördert werden sollen – um den Anreiz für den Anschluss zu erhöhen. Auch hier ist die Politik bislang unentschlossen. Ein Rechtsgutachten für den Bundesverband Wärmepumpe dürfte die Sorge zerstreuen, man müsse eine Wärmepumpe wieder ausbauen, wenn ein Netz mit Benutzungszwang gebaut wird. Das Gutachten kommt zu dem Schluss, dass man nicht umsteigen müsse. Und: Vermutlich kann man sich dem Zwang sogar entziehen, wenn man (auch später) in eine Wärmepumpe investiert.
Ist ein Anschlusszwang überhaupt zu vermeiden?
Wie bereits angeklungen, ist die Politik in dieser Frage gespalten. Der Verband kommunaler Unternehmer hatte sich im vergangenen Jahr vor dem Hintergrund des Fernwärmegipfels in Berlin klar positioniert: für einen Anschlusszwang. Diejenigen, die die Netze bauen sollen, bräuchten Sicherheit, ansonsten würde eben nicht gebaut. Ein weiteres Argument der Befürworter: Es könne doch nicht verkehrt sein, für ganze Straßenzügen das Heizungsproblem zu lösen, und je mehr mitmachen, desto kostengünstiger werde es für den Einzelnen.
Verbraucherschützer sind derweil gegen einen Anschlusszwang. Er würde die Nutzer an faktische Monopolisten ketten. Derzeit können Verbraucher nicht zwischen Fernwärme-Anbietern wählen, sondern müssen sich mit dem zusammentun, der bei ihnen das Netz betreibt. Nach dessen Konditionen.
Die Klima- und Energieagentur Baden-Württemberg hat den Kommunen eine Mustersatzung zum Thema zur Verfügung gestellt. Das bedeute aber nicht, dass man davon ausgehe, dass es ohne den Zwang nicht funktionieren wird, erklärt Volker Kienzlen, Sprecher der Geschäftsführung. „Ein Anschluss- und Benutzungszwang macht dort Sinn, wo grundsätzlicher Konsens für den Ausbau eines Wärmenetzes besteht und technische Alternativen schwierig wären.“