E-Autos aus China

Was Strafzölle für Mercedes, andere Hersteller und Autokäufer bedeuten

Trotz Widerstand aus Deutschland erhebt die EU Ausgleichszölle auf in China produzierte Elektroautos. Mit welchen Auswirkungen deutsche Autokäufer und Hersteller jetzt rechnen müssen.

Im vergangenen Jahr sind etwa 290 000 Elektroautos von China aus in die EU importiert worden.

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Im vergangenen Jahr sind etwa 290 000 Elektroautos von China aus in die EU importiert worden.

Von Veronika Kanzler

Fünf Jahre lang will die EU China zusätzlich zur Kasse bitten, wenn ein in der Volksrepublik produziertes Auto in die Europäische Union importiert wird. Schutz vor subventionierten Einfuhren nennt die EU-Kommission diese Strafzölle, die seit dem 30. Oktober 2024 in Kraft sind. Davon sind nicht nur chinesische Hersteller betroffen, sondern alle, die Elektroautos in China produzieren. Was diese Entscheidung für Autokäufer bedeutet und welche wirtschaftlichen Folgen die deutschen Autobauer befürchten.

Warum erhebt die EU Strafzölle auf in China produzierte E-Autos?

Die Europäische Kommission unter Präsidentin Ursula von der Leyen wirft der Volksrepublik vor, seine Elektroauto-Hersteller unzulässigerweise zu subventionieren und so den Wettbewerb zu verzerren. Auf diese Weise erhalten laut einer Untersuchung der EU-Behörde manche Produzenten vom chinesischen Staat kostenlos Energie oder die benötigten Grundstücke für ihre Produktion. Dadurch könnten chinesische Elektroautos rund 20 Prozent günstiger angeboten werden als in der EU hergestellte Modelle. Auf diese Weise werde der Markt innerhalb der EU verzerrt. Nach den Statuten der Welthandelsorganisation (WTO) ist die EU deshalb berechtigt, Ausgleichszölle zu erheben.

Wie hoch sind die Strafzölle?

Zwischen 7,8 Prozent und 35,5 Prozent werden nun an Ausgleichszöllen erhoben – je nach Grad der Subventionierung und der Kooperationsbereitschaft. Die bisherigen zehn Prozent Importzölle auf Elektroautos bleiben bestehen. Den mit Abstand geringsten Zollsatz erhält das amerikanische Autounternehmen Tesla mit 7,8 Prozent. Der chinesische Staatskonzern SAIC, der unter anderem die in Deutschland an Beliebtheit zunehmende Marke MG produziert, muss künftig 35,5 Prozent an zusätzlichen Zöllen zahlen. Für E-Autos des Herstellers BYD werden Extra-Abgaben in Höhe von 17 Prozent fällig, für den Produzenten Geely 18,8 Prozent.

Welcher Hersteller in China produziert die meisten Autos für die EU?

Tesla führt als Einzelunternehmen mit Abstand die Liste an. Das amerikanische Unternehmen lässt sein Model 3 unter anderem in Shanghai produzieren. 100 000 Stück davon wurden vergangenes Jahr in die EU importiert. Dahinter folgen mit rund 75 000 Autos die chinesischen Hersteller wie BYD, Nio, MG und Co. Der deutsche Hersteller BMW hat etwa 18 000 Fahrzeuge von seiner Tochterfirma Mini in die Europäische Union importiert. Insgesamt wurden 290 000 in China hergestellte Elektroautos in die EU überführt.

Ist der Stuttgarter Autobauer Mercedes betroffen?

Europäische Autobauer sind dazu angehalten, mit chinesischen Autoherstellern bei der Produktion zu kooperieren. Sie schließen sich deshalb zu einem Joint Venture (zu Deutsch: Gemeinschaftsunternehmen) zusammen. Mercedes-Benz lässt den elektrischen SUV Smart#1 im Joint Venture mit Geely in China fertigen. Da die Automodelle dem chinesischen Hersteller zugeordnet werden, ist ein Zusatzzoll in Höhe von 18,8 Prozent für alle Smart-Modelle fällig.

Welche anderen deutschen Hersteller sind betroffen?

Der Münchner Autobauer BMW hat drei Modelle, die von den neuen Zöllen betroffen sind. Der SUV iX3 wird derzeit noch im BMW-Werk in Shenyang produziert. Von 2026 an soll die Produktion des Modells in die ungarische Stadt Debrecen verlagert werden. Im Joint Venture mit der chinesischen Firma Great Walls ist BMW mit zwei Modellen von seiner Tochterfirma Mini betroffen, dem Mini Cooper SE und dem SUV Aceman. Für diese Modelle sieht die EU einen zusätzlichen Zoll von 20,7 Prozent vor.

VW i st in der gleichen Höhe betroffen. Zu dem Wolfsburger Konzern gehört Cupra, eine Submarke des spanischen Herstellers Seat. Zusammen mit dem chinesischen Hersteller Anhui Jianghuai baut Volkswagen den SUV Cupra Tavascan für den europäischen Markt.

Werden die Strafzölle an Autokäufer weitergereicht?

Ob oder in welchem Umfang die Zölle an Kunden weitergegeben werden, ist noch unklar. Ein hoher EU-Beamter geht davon aus, dass die Autohersteller vorgesorgt und frühzeitig im großen Stil Autos in die EU importiert haben, um hohe Lagerbestände in der EU zu garantieren. Deshalb sei es wahrscheinlich, dass die Unternehmen die gesteigerten Kosten an die Kunden nicht sofort weitergeben – wenn überhaupt.

Mercedes und BMW und VW haben sich im Vorfeld lautstark gegen Strafzölle ausgesprochen. Weshalb?

China ist der größte Absatzmarkt für deutsche Autohersteller. Ein verärgertes Peking, das im Zweifel zu Vergeltungsmaßnahmen greift und etwa Zölle auf Verbrenner erhebt, liegt nicht im Interesse von Mercedes, BMW und VW. „Wir sind davon überzeugt, dass Strafzölle die Wettbewerbsfähigkeit einer Industrie langfristig verschlechtern“, heißt es vonseiten Mercedes. Das sehen auch die Chefs von VW, Oliver Blume, und BMW, Oliver Zipse so. „Es schadet vielmehr dem Geschäftsmodell global agierender Unternehmen, schränkt das Angebot von E-Autos für europäische Kunden ein und kann damit sogar die Dekarbonisierung im Verkehrssektor verlangsamen. Solche Maßnahmen sind ein schwerer Eingriff in das auch von der EU propagierte Prinzip des freien Handels“, erläutert Zipse.

Wie reagiert China auf die Strafzölle?

Die chinesische Regierung reagierte empört auf die Einführung der zusätzlichen Zölle und reichte am Mittwoch eine Klage bei der Welthandelsorganisation (WTO) ein. Das Handelsministerium in Peking gab bekannt, es sei entschlossen, sämtliche erforderlichen Schritte zu unternehmen, um die rechtmäßigen Ansprüche und wirtschaftlichen Interessen chinesischer Unternehmen energisch zu verteidigen. Man habe aber in Peking auch zur Kenntnis genommen, dass die EU angekündigt hat, weiter zu verhandeln.

Die Bundesregierung – die sich bei der Abstimmung innerhalb der EU gegen zusätzliche Zölle ausgesprochen hatte – forderte beide Parteien auf, weiter miteinander zu sprechen. „Solche Handelskonflikte sind nichts, was wir anstreben sollten“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Die Erwartungshaltung der Bundesregierung „geht an Brüssel und Peking, dass man zu tragfähigen und konstruktiven Lösungen kommt“.

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Erstellt:
31. Oktober 2024, 14:20 Uhr
Aktualisiert:
31. Oktober 2024, 14:24 Uhr

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