Weihnachtsmarkt in Jux: Frühe Dekofreunden locken Scharen an Fans auf die Höhen Spiegelbergs
Der Juxer Weihnachtsmarkt ist der erste in der ganzen Region und erfreut sich ungebrochener Beliebtheit. Angst vor Gedränge dürfen die Gäste nicht haben. Die Besucherinnen und Besucher zeigen sich mächtig hungrig nach der ganz eigenen Mischung aus festlichen Vor- und Genussfreuden.
Von Christine Schick
Spiegelberg. Auf dem Weg zum Dorfkern verdichten sich die Hinweise auf das mehr als frühe Event: die vielen geparkten Autos an den Straßen, die auf den Dorfkern zulaufen, Advents- und Weihnachtsweisen einer Bläsergruppe, die sich mit den Geräuschen von Rasenmähern an grünen Hängen mischen, und der typisch süßlich-aromatische Geruch aus einer Mischung von Glühwein, Punsch, Zuckerwatte, Waffeln und Crêpes, der in der Luft liegt. Schon am Samstagnachmittag ist einiges los. Es geht eng zu, einige Besucherinnen und Besucher sind mit ihrer ersten Ausbeute an Weihnachtsdeko, Kränzen und Gestecken unterwegs.
Aber net so viel kaufa“, sagt jemand im Vorbeigehen; jemand anderes muss feststellen, dass seine Wunschdekokreation schon nicht mehr zu haben ist. Stefanie Offergeld und Désirée Cankaya haben mit dem Kinderwagen an einem Maronenstand Halt gemacht. Sie sind aus Unterheinriet im Kreis Heilbronn nach Jux gekommen, um Freunde zu unterstützen, die beim Weihnachtsmarkt mit einem Stand dabei sind. Gerade hätten sie sich darüber unterhalten, dass der schon ziemlich zeitig daherkommt. Gestern haben die beiden noch Laternenliedern gelauscht, heute sind es Weihnachtslieder. Trotzdem, die Temperaturen passen mittlerweile und die Frauen werden jetzt „bummeln und sich gemütlich durchfuttern“.
Es ist genug Zeit, sich für Advent- und Weihnachtsstimmung warmzulaufen
Harald Heiß hat es nicht wirklich weit: Er wohnt 500 Meter entfernt und steht parat, wenn ein Marktbeschicker Hilfe bei der Stromanbindung braucht. Ansonsten wird er das zweitägige Dorfevent einfach genießen. „Das hat die zwei Jahre schon gefehlt“, sagt er. Zum traditionellen Frühstart meint er schmunzelnd: „Klar, wir können schon noch eine Weile üben, bis es so weit ist.“ Wolfgang Klöcker steht vor seinen filigran gearbeiteten Schwibbogen mit weihnachtlichen Landschaften, Schalen und einem kleinen Kinderstuhlmodell. „Eigentlich kann man’s noch gar nicht fassen, im Gespräch neulich ist das gefallen, dieser fließende Übergang von Karnevalseröffnung und Juxer Weihnachtsmarkt“, sagt er. „Es läuft gut nach der zweijährigen Coronapause.“ Klöcker freut sich, dass sein Nachbar ihm wieder einen alten Apfelbaum, der gefällt werden musste, für Werkstücke überlassen hat.
Heidrun Kurz kann auch nicht klagen. Die Sulzbacherin hat schon eine Menge von den gemischten selbst gemachten Gutsle an Mann und Maus gebracht und muss auch bei Bärentatzen, Springerle und Engelsaugen immer wieder auffüllen. Für die Vorbereitungen nimmt sie zwei Wochen Urlaub und weiß schon jetzt, dass sie heute Nacht noch mit Abwiegen und Verpacken des nötigen Nachschubs beschäftigt sein wird. Ihre Kundinnen und Kunden haben festgestellt, dass viele Bäcker dieses Jahr nicht in die Gutsleproduktion einsteigen, weil die Zutaten so teuer geworden sind. Ehemalige Arbeitsbekannte schauen vorbei, um ein Schwätzchen zu halten – Gudrun und Martin Kronmüller aus Vorderbüchelberg lassen sich den Juxer Weihnachtsmarkt nicht entgehen. „Er hat sich einfach zur Tradition entwickelt, damals vor über 30 Jahren mit einer Handvoll Ständen angefangen“, erinnert sich Martin Kronmüller. „Wir haben es nicht weit und vor allem ist er nicht so kommerziell wie viele andere“, sagt seine Frau. Neben ihnen steht Christine Hain aus Marbach am Neckar: „Wir kommen auch immer her, der Markt ist einfach so urig.“ Wer sich noch nicht durchgefuttert hat, könnte bei Alice Obermeier Appetit bekommen. Die Amerikanerin aus Chicago, die mit ihrem Mann in Sulzbach an der Murr lebt, wirft unter anderem einen humor- und kunstvollen Blick auf das deutsche Essen. In der Gemeindehalle hält sie Porträts von Brezel, Spiegelei und Co. bereit. Dass in Deutschland viel Wert auf gesunde Ernährung und handgemachtes Essen gelegt wird, hat sie nachhaltig beeindruckt. Das Selbstgemachte im umfassenden Sinne ist auch für Hanna Schmid aus Murrhardt zentral. „Wenn ich ehrlich bin, komm ich auch her, um mir Anregungen fürs Basteln zu holen“, sagt sie und schaut sich gemeinsam mit ihrem Mann Friedrich bei einem Stand mit kleinen Krippen in großen Glaskugeln um. „So ein Stück braucht einen ganz besonderen Platz, dass es zur Geltung kommt, auch vom Licht her“, stellt sie fest.
Abwechslungsreiches Angebot trifft ein hungriges Publikum
Ein Blickfang sind auch die Waldgläser wie Römer, Rüssel- oder Warzenbecher, die Thomas Denzler präsentiert und deren Nachbildungen auf historischen Funden in Spiegelberg und weiteren Glashüttenorten basieren. Für Marktveranstalterin Ute Volz ist es dieser bunte Flickenteppich, der das Event so erfolgreich macht. „Jeder Stand hat etwas anderes, nichts doppelt sich“, sagt sie. Weitere wichtige Zutaten: der frühe Zeitpunkt, noch nicht übersättigte Besucherinnen und Besucher, die auf die adventlich-weihnachtliche Dekorationsfreuden aus sind, und eine Gemeinde sowie die Familie, die beherzt unterstützen. „Die Aussteller und Besucher sind begeistert“, so Volz, von den knapp 50 Beschickern müssen schon nach jetzigem Stand einige nacharbeiten, sprich nachproduzieren. Ein paar neue Teilnehmer sind dabei, aber auch viele treue Mitstreiter, unter ihnen eine Reihe von Vereinen und gemeinnützige Organisationen, die keine Gebühren zahlen.
Gegen 18 Uhr wird es definitiv kuschelig – nicht geeignet für kontaktreservierte Menschen. Dicht gedrängt schieben sich die Gäste über Dorfplatz und Gässchen – wenn es gut läuft, wenn nicht, steht man auch einfach seine Zeit auf der Stelle. Glühweinrunden, ergatterte Waffeln und Schupfnudelportionen werden durch die Pulks jongliert und die Lichterketten und beleuchteten Weihnachtsmänner, Rentier- und Eisbärdekos kommen voll zu Geltung. Die Erfahrenen unter den Beschickern gehen davon aus, dass am Sonntag eine weitere Schippe drauf kommt, sprich noch mehr los ist. Eigentlich kaum vorstellbar. „Die Leute haben einen großen Nachholbedarf“, sagt Ute Volz.