Weiter Weg zum modernen Bahnhof
Großprojekt beginnt 2019 mit dem Abriss des Güterschuppens – Bis 2026 sollen mehr als zehn Millionen Euro fließen
Die Tage des Güterschuppens sind gezählt: Mitte 2019 wird das mehr als 100 Jahre alte Gebäude am Backnanger Bahnhof abgerissen. Es ist der erste sichtbare Schritt auf dem Weg zu einem modernen Bahnhof. Bis die neue Mobilitätsdrehscheibe fertig ist, werden aber noch mindestens acht Jahre vergehen, denn das Projekt ist kompliziert.
Von Kornelius Fritz
BACKNANG.„Fast jeder Dorfbahnhof ist inzwischen attraktiver als unsere hochfrequentierte Mobilitätsdrehscheibe.“ SPD-Fraktionschef Heinz Franke hat im Gemeinderat kürzlich ausgesprochen, was viele Backnanger denken. Wie ein moderner Bahnhof aussehen könnte, durfte man Anfang des Jahres in der Kundenhalle der Volksbank besichtigen. Dort wurden die Entwürfe aus einem Architektenwettbewerb präsentiert. 16 Büros hatten sich Gedanken darüber gemacht, wie der Backnanger Bahnhof zu einer einladenden Adresse werden kann. Geplant sind unter anderem ein neuer Zentraler Omnibusbahnhof (ZOB), ein neuer Verbindungssteg zur Maubacher Höhe, ein neu gestalteter Vorplatz sowie eine Mobilitätsdrehscheibe mit Fahrradparkhaus, Carsharing und Kurzzeitparkplätzen.
Eine Jury kürte damals den Entwurf des Berliner Büros TDB Landschaftsarchitektur zum Sieger. Ob dieser tatsächlich realisiert wird, ist allerdings offen. Neben TDB ist auch noch die Kienleplan GmbH aus Stuttgart im Rennen, die damals den zweiten Platz belegt hatte. Beide Büros müssten nun nachweisen, dass sie in der Lage sind, ein solches Großprojekt abzuwickeln, und dann ein finales Angebot abgeben, erklärt der Backnanger Baudezernent Stefan Setzer. Die Entscheidung, welcher Architekt den Zuschlag erhält, soll der Gemeinderat laut Setzer im Frühjahr treffen.
Bahn braucht zwei
Jahre Vorlaufzeit
Das heißt allerdings nicht, dass es anschließend gleich losgeht. Das erste Teilprojekt, der Bau des neuen Stegs, kann nach jetzigem Stand frühestens 2021 beginnen. Das liege am „sehr hohen Abstimmungsaufwand mit der Deutschen Bahn“, so der Baudezernent. Die sogenannte Stadtbrücke wird auf deren Grundstück stehen und die Bahn übernimmt auch die Kosten für die beiden Aufzüge, die einen barrierefreien Zugang zu den Gleisen ermöglichen. Zwei Bauherren, das bedeutet in diesem Fall allerdings auch zwei Genehmigungsverfahren, denn für Projekte der Bahn ist nicht das städtische Baurechtsamt, sondern das Eisenbahn-Bundesamt zuständig, was die Sache in die Länge zieht.
Kompliziert werden auch die Bauarbeiten selbst, denn der Zugverkehr muss parallel weiterlaufen. Um Gleissperrungen und Zugumleitungen planen zu können, hat die Bahn laut Setzer lange Vorlaufzeiten: „In der Regel zwei Jahre.“ Im Rathaus geht man deshalb davon aus, dass man erst 2021 mit dem Bau beginnen kann. Andere Teilprojekte vorzuziehen, ist auch nicht möglich, weil eines auf dem anderen aufbaut: Die Fläche für den künftigen ZOB wird vorher noch für die Brückenbaustelle gebraucht, die Mobilitätsdrehscheibe kann wiederum erst gebaut werden, nachdem der Busbahnhof umgezogen ist.
Im Rathaus rechnet man deshalb mit einem langwierigen Projekt und allerlei Unwägbarkeiten. Nach heutiger Planung soll die Stadtbrücke 2022 fertig sein, bis 2024 könnten dann der ZOB und der Vorplatz folgen und am Schluss die Mobilitätsdrehscheibe. „Der Gesamtabschluss wäre dann 2026, früher wird es uns nicht gelingen“, erklärt Setzer. Immer vorausgesetzt, die finanzielle Lage der Stadt lässt ein solches Großprojekt dann noch zu und die Zuschüsse von Bund und Land fließen wie erhofft.
Völlig unklar ist auch noch, wie die Bahn mitzieht, die parallel in ihre eigenen Immobilien investieren soll. Im Rahmen des Wettbewerbs hatten die Architekten auch Ideen für ein neues Bahnhofsgebäude entwickelt. Bauen müsste das allerdings die Deutsche Bahn und die scheint daran kein gesteigertes Interesse zu haben: „Für das Empfangsgebäude gibt es seitens der Deutschen Bahn keine Planung für eine Modernisierung oder einen Neubau“, teilt ein Bahnsprecher auf Anfrage unserer Zeitung mit.
Stefan Setzer will trotzdem versuchen, die Verantwortlichen davon zu überzeugen, „dass ein Neubau ein lohnendes Investment ist“. Ziel sei, dass Backnang eines Tages den besten S-Bahnhof in der Region Stuttgart habe, sagt der Baudezernent selbstbewusst. Die Stadt will dafür rund um den Bahnhof mehr als zehn Millionen Euro investieren.
Los geht’s aber erst mal recht bescheiden. Im Haushaltsplan für 2019 sind 300000 Euro für den Abriss des Güterschuppens eingeplant. Der Gemeinderat hatte darauf gedrängt, dieses Projekt vorzuziehen. Anschließend soll die Fläche befestigt und als Parkplatz genutzt werden. Laut Stefan Setzer sind neben 40 Pkw-Stellplätzen auch 20 bis 25 abschließbare Fahrradboxen geplant.
Der neue Parkplatz ist aber nur ein Provisorium und muss wieder geräumt werden, sobald die Bauarbeiten für den Steg beginnen. Mittelfristig könnten dafür bis zu 250 Parkplätze in einem neuen Parkhaus an der Oberen Bahnhofstraße entstehen – in den Plänen des Architektenwettbewerbs ist es bereits zu sehen. Der Bedarf dafür sei da, ist Stefan Setzer überzeugt, denn sowohl zum Bürgerhaus als auch zur Karl-Euerle-Halle wäre es von dort nicht weit. Ob und wann das neue Parkhaus gebaut wird, steht allerdings in den Sternen, denn die Stadt müsste dafür noch einmal geschätzte drei Millionen Euro drauflegen.