Wenn alles schon zu war, hatte das Life noch geöffnet
Nachtleben in alten Zeiten (10) Wasili führte den Tanzklub in der Annonaystraße von 1988 bis 2018. Warme Speisen gab’s bis 3 Uhr in der Früh, auch vom Holzkohlegrill.
An Wochenenden hatte die After-Hour-Location Life bis 5 Uhr früh geöffnet. Foto: privat
Von Armin Fechter
Backnang. Der 63-jährige Vassilios Artzoglou – „Wasili“ – war nicht nur Chef der Pinte. Er betrieb auch vier Jahre lang, ab dem Frühjahr 1988, die Sonnenbar und erwarb parallel die Discothek Life, die einstige Annonay City Bar, die unter der neuen Leitung zu einer Institution im Backnanger Nachtleben wurde: Das Life in der Annonaystraße 7 war die After-Hour-Location in der Stadt, denn es hatte an den Wochenenden bis 5 Uhr früh geöffnet. „Alles hatte zu, nur wir hatten offen“, erzählt Wasilis Tochter Diana, die in den späteren Jahren im Lokal mithalf. Damit zog die Backnanger Disco aber nicht nur Gäste aus der Murr-Metropole und der näheren Umgebung an, sondern entgegen dem allgemeinen Trend auch aus dem Stuttgarter Raum, wie Wasili stolz erzählt.
Im Herbst 1988 nahm der Tanzklub unter Wasilis Regie Fahrt auf – und erst 30 Jahre später, 2018, gab der Grieche das Lokal ab. 1994 unterzog er die Räume einem kompletten Umbau. Granit aus Italien wurde nun eingebaut, und eine italienische Designschreinerei besorgte die Innenausstattung mit schickem Mobiliar. Zudem richtete Wasili eine leistungsfähige Küche ein und engagierte Köche, die in zwei Schichten arbeiteten, um bis 3 Uhr früh warme Speisen anzubieten – wobei das Life in den Anfangsjahren morgens sogar schon um 8 Uhr öffnete. Die Küche wurde in den späteren Jahren noch um einen griechischen Holzkohlegrill ergänzt, sodass die Karte dann auch Souvlaki und andere herzhafte Köstlichkeiten umfasste.
Das Publikum war gemischt, auch viele griechische Leute kamen ins Life, vor allem wenn gelegentlich griechische Livemusik geboten war. Ansonsten legten die DJs Musik auf, die eher in Richtung Rock ging, berichtet Wasili. Ab und zu fanden Konzerte statt. Aleks Petty war mal zu Gast und es gab auch Jazzsessions mit Udo Hauenstein und anderen. Immer mit Livemusik begangen wurde ein spezieller Termin: der 19. Februar, Wasilis Geburtstag. Besonders großer Zulauf herrschte, wenn Straßenfest war: Da war dann sogar der ganze Parkplatz vor dem Lokal voller Menschen. Für viel Freude in der Diskothek sorgte „der Rosenmann“, wie Wasili sagt – ein Rosenverkäufer, dessen edle Blumen für viele Paare zum i-Tüpfelchen eines schönen Abends wurden.
Legendär ist das Kofferspiel, mit dem Wasili sonntagabends für Spannung sorgte, ein Lotteriespiel, in dessen Mittelpunkt acht identisch aussehende schwarze Koffer standen – jeder mit einem kleineren oder größeren Geldbetrag bestückt. Der Hauptgewinn: 1000 Mark. Für die Auslosung gab es mit jedem Getränk einen Bon. Manche Gäste hatten ein bisschen Glück, sie durften dann eine Flasche mit Hochprozentigem oder dergleichen mit nach Hause nehmen. Wer aber das große Los gezogen hatte, musste sich für einen der Koffer entscheiden und den richtigen erwischen. Wasili lacht: „Einmal, da habe ich dreimal nacheinander 1000 Mark verloren.“ Aber den Verlust konnte er letztlich verschmerzen, schließlich war „sein“ Life eine gut gehende Location mit ungezählten treuen Gästen, die zum Abschied am 20. Januar 2018 eine emotionale Closing Party feierten.
