„Wer schießt auf ein unschuldiges Tier?“

Angeschossene Katze aus Sachsenweiler langsam auf dem Weg der Besserung – Besitzer sind nach wie vor fassungslos und entsetzt

Elsa hat eine Niere verloren, aber sie lebt. Die Katze wurde vergangene Woche im Backnanger Stadtteil Sachsenweiler angeschossen. Mutwillig, vermutet der Tierarzt aufgrund der Verletzungen. Ihre Besitzer, Simone Kloos und Thomas Brecht, sind noch immer schockiert – und können die fast 1000 Euro für die Notoperation nicht bezahlen.

Elsas Besitzerin Simone Kloos versteht nicht, wer ihrem Tier so etwas antun konnte.

© Jörg Fiedler

Elsas Besitzerin Simone Kloos versteht nicht, wer ihrem Tier so etwas antun konnte.

Von Silke Latzel

BACKNANG. „Ich verstehe einfach nicht, was für ein Mensch auf ein unschuldiges Tier schießt.“ Simone Kloos ist auch gut eine Woche nach der Tat noch entsetzt. Vergangenes Wochenende wurde ihre Katze Elsa im Backnanger Stadtteil Sachsenweiler angeschossen (wir berichteten). Offenbar mutwillig, das zeigt laut Tierarzt die Art der Verletzung.

Elsa ist ein verschmustes Tier. Wären nicht das abrasierte Fell und die beiden großen Nähte auf ihrem Bauch, würde man ihr das erlittene Trauma nicht anmerken. „Sie lässt sich schon wieder streicheln, möchte kuscheln und spielt auch schon wieder etwas, allerdings lange nicht so wild wie vor ihrer schweren Operation“, sagt Thomas Brecht, der Lebensgefährte von Simone Kloos.

Kugel steckt im Beckenknochen,

Niere wird in Not-OP entfernt

Vergangene Woche Freitag lässt Kloos ihre Katze wie immer vor die Tür, Elsa streift gerne durch die Nachbarschaft und geht auf Entdeckungstour. Gegen 18 Uhr kommt sie zurück und legt sich sofort in ihr Körbchen, verzieht sich kurze Zeit später sogar unter den Wohnzimmertisch. „Das macht sie sonst nie“, so Brecht. „Es war, als hätte sie Schutz gesucht.“ Als der 34-Jährige gegen 21 Uhr von der Arbeit heimkommt, schleicht Elsa mit gesenktem Kopf und hängendem Schwanz durchs Wohnzimmer, sie wirkt verkrampft. Brecht nimmt die Katze auf den Arm und merkt sofort, dass seine Hände nass werden: „Da habe ich das Blut im Fell gesehen.“ Die beiden Besitzer der Katze rufen den Tierarzt an. „Er hat gesagt, wir sollen sofort vorbeikommen.“ Mittlerweile ist es 22 Uhr. Der Tierarzt untersucht die Katze, findet ein Loch in ihrem Bauch und vermutet einen Marderbiss. Er versorgt die Wunde, gibt Antibiotika. „Dann sagte er, dass es Elsa bald besser gehen und sie Samstagmittag wieder fressen wird“, erzählt Kloos. Doch der Zustand der Katze verschlechtert sich, Kloos und Brecht fahren in die Tierklinik Leutenbach. Dort wird Elsa geröntgt. Das Ergebnis: Eine Kugel steckt in ihrem Beckenknochen, eine ihrer Nieren wurde durchschossen. Die Niere wird entfernt, das Tier durch eine Not-OP vor dem Tod gerettet.

Hier könnte die Geschichte eigentlich enden, doch das Drama für die Familie geht weiter: Die Tierarztrechnung mit über 1000 Euro ist für Kloos und Brecht kaum zu stemmen, 500 Euro haben sie sich geliehen und eine Anzahlung geleistet, den Rest müssen sie in Raten abstottern. „Wir wissen wirklich nicht, wie wir das schaffen sollen, wir haben das Geld einfach nicht,“ so die 35-Jährige Hartz-IV-Empfängerin.Als sei das alles nicht schon schlimm genug, ist Katze Elsa vor drei Wochen Mutter geworden. Zu Hause liegen drei kleine Katzenbabys, die eigentlich gesäugt werden müssen. Aufgrund ihrer Verletzung gibt Elsa aber keine Milch mehr. „Alle vier Stunden müssen wir die Kätzchen von Hand füttern.“ Simone Kloos, selbst hochschwanger mit ihrem vierten Kind, steht sogar nachts auf, um den Katzennachwuchs zu versorgen. Angerührtes Milchpulver ersetzt jetzt die Muttermilch. Und das noch für mehrere Wochen. „Die Kleinen versuchen zwar immer wieder bei ihrer Mutter zu trinken, aber der Tierarzt aus der Klinik sagt, dass das hoffnungslos ist.

Derselbe Arzt ist es auch, der die Vermutung äußert, dass auf Elsa aus nächster Nähe – etwa zwei Meter Entfernung – mit einer Luftdruckwaffe geschossen wurde. Dafür spräche sowohl die Schwere der Verletzung als auch das gefundene Projektil, ein sogenanntes Diavologeschoss. Die Polizei macht allerdings wenig Hoffnungen, dass der Täter schnell zu ermitteln ist. „Diese Art von Waffe darf man legal besitzen und wir können nicht jedes Mal eine ballistische Untersuchung anstellen, der Aufwand wäre einfach zu groß“, so ein Sprecher der Polizei. Zwar habe man „keine Kenntnis, dass so etwas derzeit im großen Stil in der Region vorkommt, dennoch verstehen wir, dass die Katzenbesitzer Angst um ihre Tiere haben“. Er ergänzt: „Auch wir fragen uns natürlich, was im Kopf solcher Leute vorgeht, die auf Tiere schießen.“

Lusitano Fernandes aus Steinbach weiß, wie Kloos und Brecht sich momentan fühlen. Sein Kater wurde vor ein paar Monaten angeschossen. Lange Zeit blieb die Verletzung unbemerkt, vor Kurzem musste er das Tier einschläfern lassen. „Die Kugel wanderte durch den Körper, als der Arzt sie entdeckte, war es zu spät, der Körper schon mit Blei vergiftet.“ Fernandes ist traurig, denn obwohl sein Kater schon das stolze Alter von 14 Jahren erreicht hatte, hätte er noch ein paar schöne Jahre haben können. „Er war in der ganzen Nachbarschaft beliebt, ich verstehe einfach nicht, wieso jemand so etwas machen kann. Wer sich durch eine Katze im Garten gestört fühlt, der muss doch nicht gleich auf sie schießen, sondern kann sie auch auf andere Art und Weise verjagen, beispielsweise mit Wasser.“

Zutraulichkeit wurde Elsa vermutlich zum Verhängnis

Neben Geld sind es auch die Worte, die Thomas Brecht und Simone Kloos nach wie vor fehlen. „Wir können es einfach nicht nachvollziehen. Und wir haben Angst. Wer auf Tiere schießt, der hat vielleicht auch irgendwann keine Scheu mehr, auf Menschen zu schießen“, sagt Kloos. Elsa darf nun nicht mehr ins Freie, obwohl sie jeden Tag vor der Wohnungstür sitzt und kläglich miaut. Doch die Angst, dass ihr noch einmal etwas zustößt, ist bei ihren Besitzern zu groß. „Elsa ist die liebste Katze der Welt, sie kratzt und beißt nicht und ist immer zutraulich gewesen“, so Brecht. Er vermutet, dass diese Zutraulichkeit ihr am Ende zum Verhängnis wurde. „Sie würde nie vor einem Menschen weglaufen.“

Katze Elsa geht es zwar besser, die große Narbe auf ihrem Bauch zeigt allerdings, wie schwer ihre Verletzung ist. Ihren Nachwuchs kann sie seit der Notoperation nicht mehr säugen, die kleinen Kätzchen müssen alle vier Stunden von Hand gefüttert werden. Fotos: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Katze Elsa geht es zwar besser, die große Narbe auf ihrem Bauch zeigt allerdings, wie schwer ihre Verletzung ist. Ihren Nachwuchs kann sie seit der Notoperation nicht mehr säugen, die kleinen Kätzchen müssen alle vier Stunden von Hand gefüttert werden. Fotos: J. Fiedler

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Erstellt:
28. Juli 2018, 06:00 Uhr

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