„Wer was im Kopf hat, trägt Helm“
Verkehrssicherheitstraining mit Radkünstler, Polizei und Verkehrswacht in der Justinus-Kerner-Halle in Welzheim

© Ralph Steinemann Pressefoto
Trial-Bike-Profi Daniel Rall zeigt, wie er sein Rad beherrscht. Er erläutert spielerisch, warum er grundsätzlich einen Fahrradhelm trägt. Foto: R. Steinemann
Von Christian Siekmann
WELZHEIM. Fahrradfahrer haben weder Knautschzone, Sicherheitsgurt noch Airbag, klärt ein Polizist die rund 250 Schüler des Limes-Gymnasiums auf. Die Volksbank Welzheim hatte ihnen ein Verkehrssicherheitstraining spendiert – den Gewinnsparern sei Dank. Trial-Bike-Profi Daniel Rall zeigte mit ein paar spektakulären Einlagen, wie perfekt er sein kleines Rad beherrscht und dass er seinen Auftrag als Botschafter der Fahrrad-Sicherheitsinitiative „Schütze dein Bestes“ sehr ernst nimmt.
Spielerisch balanciert der Künstler mit seinem kleinen Rad über den Köpfen zweier Schüler und dem Gesicht von Schulleiter Frithjof Stephan. Die drei liegen auf dem Boden. Daniel Rall steht auf dem Rad, geht in die Knie, zieht den Lenker hoch und passgenau küsst das Vorderrad nacheinander den grauen Hallenboden zwischen den drei Köpfen. Grandiose Leistung. Hut ab – und Helm auf. Denn Daniel Rall will nicht nur unterhalten. Er will deutlich machen, wie wichtig ein Fahrradhelm ist.
Wer den Fahrradreifen so virtuos steuert, braucht doch keinen Helm, wird sich vielleicht manch Schüler gedacht haben. Doch! Daniel Rall ist kein reiner Showmensch, obwohl er schon bei „Wetten, dass..?“ aufgetreten ist, der bloß Tricks zeigt. Ein Helm ist aus Sicht von Jugendlichen vor allem eins: uncool. Das weiß auch Lehrer Steffen Bretzler. Viele Fünft- und Sechstklässler radelten anfangs mit Helm zur Schule. Und dann bleibe der Fahrradhelm bei vielen irgendwann zu Hause. Sehe eben nicht cool aus. Daniel Rall geht in die Offensive. Er hat sich einen Schüler aus der Menge geschnappt, der über ein Seil springen soll. Der Junge springt, bleibt hängen und viele Schüler lachen. Da wird Rall kalkuliert ungemütlich: Keiner von euch habe den Arsch in der Hose, freiwillig nach vorne zu gehen und über das Seil zu springen, das sei ja peinlich, sagt er. Und einen Helm zu tragen sei für viele ja auch peinlich. „Aber ein Helm kann euer Leben retten“, sagt der Sportler. Habt die Einsicht, dass immer etwas passieren kann, sagt er, also: „Setzt den Helm auf! Es ist euer Kopf!“ Man könne nicht immer aufmerksam sein. „Wer was im Kopf hat, trägt Helm“, wiederholt er. Nun können die Schüler der Klassen sechs bis acht an die verschiedenen Stationen dieses aufwendigen Verkehrssicherheitstrainings gehen.
Dort werden Seh- und Reaktionstests geboten, es wird erläutert, wie ein Fahrradhelm aufgebaut ist, dass er nach fünf Jahren – und nach einem Unfall – ausgetauscht werden sollte, weil das Material altere. Eine Rauschbrille demonstriert, wie sich Drogen auf Motorik und Wahrnehmung auswirken. Doch man muss nicht betrunken sein, um vom Rad zu fallen. Radfahrer können auch von Autofahrern, im schlimmsten Fall betrunkenen, angefahren werden. Arme und Beine könne man schwer schützen, aber den Kopf, das Gehirn, „unseren Verstand, unsere Sprache und unser Gefühl“ müsse man vor Schaden bewahren.
Auch Schüler äußern sich: Zwei tragen immer Helm, zwei manchmal, zwei fast nie, ergibt diese kleine Stichprobe. Sollten die Lehrer da öfter mal deutlich werden und den Schülern ohne Helm verbal eins auf den Deckel geben? Das helfe wenig, meinen die Lehrer. So ein Künstler und das ganze Training würden viel mehr bringen als der gehobene Zeigefinger. „Ihr zieht euch ja auch jeden Morgen Schuhe an“, sagt ein Polizist, „auch wenn die mal dampfen.“ Ein anderer ergänzt später, es sei enorm wichtig, dass die Eltern als Vorbilder Helm tragen. Ohne dieses Vorbild sei es unwahrscheinlich, dass Kinder einen Helm aufsetzen. Wobei die Anzahl der Helmträger größer werde. Daniel Rall erzählt offen, dass sich auch der Profi mal auf die Klappe legt, wenn der bloß mal einen Bordstein hochfahren will. Doch Daniel Rall trägt Helm.