Whiskey geklaut und die Verfolger verletzt
Ein 22-jähriger Angeklagter wird vor dem Backnanger Amtsgericht zu einer Geldstrafe und zu Beratungsstunden verurteilt.

© BilderBox - Erwin Wodicka
Der 22-jährige Angeklagte wurde nach Jugendstrafrecht verurteilt. BilderBox - Erwin Wodicka
Von Jutta Rieger-Ehrmann
Backnang. Es soll das letzte Urteil nach Jugendstrafrecht sein, das gegen den heute 22-Jährigen, der zum Tatzeitpunkt Heranwachsender war, verhängt wurde. Ihm sind vor dem Backnanger Amtsgericht verschiedene Delikte vorgeworfen worden: Diebstahl, räuberischer Diebstahl, vorsätzliche Körperverletzung sowie gefährliche Körperverletzung. Ein räuberischer Diebstahl liegt vor, wenn man sich gegenüber dem Entdecker des Diebstahls gewalttätig oder bedrohlich verhält, um das Diebesgut zu behalten. Maßgeblich für die Verurteilung nach Jugendstrafrecht war zum einen das Alter, zum anderen die Tatsache, dass der Angeklagte wieder bei seinen Eltern lebt und auch beruflich noch nicht wirklich Fuß gefasst hat. Außerdem könne sie „keine schädlichen Neigungen“ erkennen, so die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe.
Hauptschulabschluss, aber keine Berufsausbildung
Der 22-Jährige ist das dritte von acht Geschwistern. Er hat einen Hauptschulabschluss, jedoch keine Berufsausbildung. Zurzeit arbeitet er mit einem befristeten Vertrag als Aushilfe. Da es in Bezug auf den Diebstahl mit anschließender Bedrohung und Beleidigung der Bestohlenen bereits einen Strafbefehl gibt, wurde dieser Punkt nicht weiter verhandelt. Auch die Auseinandersetzung mit der Ex-Freundin des Angeklagten, mit der er auch eine Zeit lang zusammenlebte, wurde aus dem Verfahren genommen. Der Grund: Die Geschädigte war nicht erschienen. Somit beschränkte sich die Verhandlung auf den räuberischen Diebstahl in Tateinheit mit vorsätzlicher und gefährlicher Körperverletzung.
Mit der Faust bewusstlos geschlagen
Wie so oft war der Angeklagte zum Feiern in Stuttgart gewesen. Dabei wurden reichlich Alkohol und andere Drogen konsumiert. So kam es zu dem in Rede stehenden Vorfall. Der 22-Jährige nahm dem Geschädigten eine angebrochene Whiskeyflasche weg. Hierbei wurde er auf frischer Tat ertappt und von dem Geschädigten und einem weiteren Mann verfolgt. Ersterem schlug der Angeklagte mit der Faust ins Gesicht, sodass dieser kurz bewusstlos war und im Krankenhaus behandelt werden musste. Den zweiten Verfolger verletzte er mit dem abgeschlagenen Whiskeyflaschenhals an der Hand. Somit war auch das Diebesgut verloren. Der 22-Jährige räumte den Diebstahl und den Faustschlag ein, an die Sache mit dem Flaschenhals könne er sich nicht mehr genau erinnern. Entsprechende Bilder wurden in Augenschein genommen. Die als Zeugin geladene Stuttgarter Polizistin bestätigte den Sachverhalt. Nach einem Alkoholtest, dessen Ergebnis sich im unteren Bereich bewegte, habe man den 22-Jährigen „auf die Straße entlassen“.
Schuld laut Staatsanwältin erwiesen
Dieser betonte, dass er seine Taten bereue und in Zukunft Stuttgart meiden werde, denn Stuttgart stehe und stand für „Feiern“ mit Alkohol. Er werde seinen Alkoholkonsum drastisch reduzieren. Leider könne er von den anderen Drogen noch nicht ganz lassen. Ein Blick in das Bundeszentralregister ergab fünf Einträge. Die Staatsanwältin sah die Schuld des Angeklagten als erwiesen an und beantragte nach Jugendstrafrecht eine Geldstrafe von 600 Euro, drei Drogenscreenings auf eigene Kosten sowie Beratungsgespräche bei der Suchtberatung. Für den 22-Jährigen sprechen sein Geständnis und seine Reue, gegen ihn seine Vorstrafen. Sie machte deutlich, dass derartige Taten nach Erwachsenenstrafrecht eine Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr nach sich zögen. Der Rechtsanwalt schloss sich dem Antrag an, plädierte allerdings für eine Geldstrafe von 200 Euro. Auch der Angeklagte erklärte sich in seinem letzten Wort einverstanden. „Das war nicht gut, was ich gemacht habe“, betonte er.
So lautete das Urteil des Richters: 600 Euro Geldstrafe plus sechs Termine bei der Suchtberatung. In seiner Begründung hob er hervor, dass er von Screenings absehe, da der 22-Jährige ja bereits eingestanden habe, noch nicht frei von Betäubungsmitteln zu sein. Der räuberische Diebstahl sei zwar erwiesen, die Besitzerhaltungsabsicht relativiere sich jedoch durch die Zerstörung der Flasche. Insgesamt sei der Angeklagte auf einem „ordentlichen Weg“. Allerdings gab er ihm den eindringlichen Rat mit auf den Weg, keine Straftaten mehr zu begehen. Ab jetzt gelte das Erwachsenenstrafrecht.