Wie Kindern auch gesundes Essen schmeckt

Bei einem einjährigen Pilotprojekt stand an zwei Backnanger Schulen das Mensaessen im Fokus. Dabei konnten auch Eltern und Schüler ihre Ideen und Wünsche einbringen. Das Ziel, den Anteil von regionalen Bioprodukten zu erhöhen, wurde allerdings verfehlt.

An der Salatbar in der Mensa greifen die Kinder der Plaisirschule und der Sportkita gerne zu. Wie durch eine ansprechende Präsentation die Nachfrage nach gesunden Lebensmitteln erhöht werden kann, wurde im Rahmen des Projekts diskutiert. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

An der Salatbar in der Mensa greifen die Kinder der Plaisirschule und der Sportkita gerne zu. Wie durch eine ansprechende Präsentation die Nachfrage nach gesunden Lebensmitteln erhöht werden kann, wurde im Rahmen des Projekts diskutiert. Foto: Alexander Becher

Von Kornelius Fritz

Backnang. Wenn Kinder in früheren Zeiten aus der Schule kamen, stand das Mittagessen in den meisten Familien schon dampfend auf dem Tisch – frisch gekocht von der Mutter. Heute ist das nicht mehr die Regel, zum einen, weil mehr Frauen berufstätig sind, aber auch weil viele Kinder über Mittag gar nicht mehr nach Hause kommen. Mit dem Ausbau der Ganztagsangebote ist die Verpflegung von Schülern und Kitakindern zunehmend zu einer Aufgabe der Kommunen geworden.

Allein mit dem Bau von Mensen ist es dabei nicht getan. Die Städte und Gemeinden müssen auch einen Caterer finden, der den Geschmack der Kinder trifft, ohne dass es jeden Tag Pizza oder Pommes frites gibt. Damit das Essen an den Backnanger Schulmensen nicht nur lecker, sondern auch gesund und ausgewogen ist, hat die Stadt an dem Projekt „Gutes Schulessen mit kommunalem Konzept – nachhaltig und biozertifiziert“ teilgenommen (wir berichteten). Backnang war dabei eine von vier Pilotstädten im Land. Beteiligt waren zwei Mensen, nämlich die gemeinsame Mensa von Schickhardt-Realschule und Mörikeschule, die den schönen Namen „Schicke Möhre“ trägt, und die neue Mensa in der Sporkita Plaisir, die auch von den Schülern der benachbarten Plaisirschule genutzt wird.

Schulverpflegung wird europaweit ausgeschrieben

Inzwischen ist das Projekt abgeschlossen und die Beteiligten ziehen ein überwiegend positives Fazit: „Ich denke, es war ein wertvolles Projekt, weil das Thema gesundes Essen in den Fokus gerückt wurde“, sagt die Leiterin der Plaisirschule, Christine Nagel. Wie ihre Kollegin Karin Moll von der Mörikeschule lobt sie vor allem die „runden Tische“, bei denen der Caterer, Vertreter der Stadt und der Schulen, aber auch Schüler und Eltern mehrfach zusammenkamen, um Ideen und Verbesserungsvorschläge zu diskutieren. Zu den konkreten Ergebnissen dieser Treffen gehört zum Beispiel, dass es nun seltener Fleisch gibt als früher und die gesunden Gerichte im Speiseplan grün markiert sind, sodass die Eltern bei der Menüauswahl darauf achten können.

Auch die Frage, wie die Verschwendung von Lebensmitteln reduziert werden kann, wurde diskutiert. Die beteiligten Schulen führten dazu unter anderem „Messwochen“ durch, in denen erfasst wurde, wie viele Lebensmittel täglich im Müll landen. Dabei stellte sich etwa heraus, dass viele Eltern vergessen, das Essen wieder abzubestellen, wenn ihr Kind zum Beispiel krank ist oder der Nachmittagsunterricht ausfällt. „Wir haben deshalb noch einmal alle Eltern angeschrieben und sie gebeten, künftig darauf zu achten“, erzählt Karin Moll.

Ziele wurden zum Teil nicht erreicht

Zu den erklärten Zielen des Projekts gehörte auch eine Erhöhung des Anteils an Bioprodukten von derzeit etwa 15 Prozent auf 30 bis 60 Prozent. Außerdem sollten mehr regionale Lebensmittel verwendet werden. Beides ließ sich zumindest kurzfristig allerdings nicht umsetzen: „Wir sind da an laufende Verträge gebunden“, sagt Ulrike Ferenz-Gröninger von der Schulverwaltung der Stadt Backnang. Im Übrigen könne man dem Caterer schon deshalb nicht vorschreiben, dass er regionale Erzeugnisse verwenden soll, weil der Auftrag für die Schulverpflegung europaweit ausgeschrieben werden muss. Müssten die verwendeten Produkte aus der Region stammen, würde das Anbieter aus anderen Landesteilen benachteiligen.

Der aktuelle Betreiber der beiden Mensen stammt allerdings von hier: Die Firma Michael Schmitt Gastro hat ihren Sitz in Kernen im Remstal und betreibt insgesamt 13 Schulmensen, unter anderem in Weinstadt und Stuttgart-Vaihingen. Schon heute beziehe er Obst, Salate und Gemüse größtenteils von Biobauern, sagt Inhaber Michael Schmitt, eine Erhöhung des Bioanteils auf bis zu 60 Prozent hält er allerdings für schwer umsetzbar. „Der Biomarkt ist noch nicht für das Massengeschäft geeignet“, sagt Schmitt. Biofleisch sei etwa in Baden-Württemberg in den erforderlichen Mengen kaum zu bekommen. Abgesehen davon sind die Bioprodukte auch teurer, was sich auf den Preis für das Schulessen auswirken würde. Aktuell bezahlen die Eltern 4,20 Euro für das Mittagessen ihrer Kinder.

Weniger Essen soll verschwendet werden

Die Preisfrage stellt sich für den Caterer auch beim Thema Regionalität: „Wenn die Gurken von der Reichenau 40 Prozent mehr kosten als die aus Spanien, kann ich sie nicht kaufen“, sagt Michael Schmitt. Deshalb habe er das Projekt anfangs auch eher skeptisch gesehen, räumt der Caterer ein. Rückblickend fällt sein Fazit aber positiv aus: „Ich denke, es wurden ein paar gute Sachen umgesetzt.“ Das Thema gesunde Ernährung soll in den Schulen deshalb auch nach Ende des Projektzeitraums auf der Agenda bleiben. „Wir dürfen jetzt nicht aufhören“, sagt Karin Moll. Der „runde Tisch“ soll sich weiterhin einmal im Jahr treffen und im Herbst will die Mörikeschule auch die „Wiegewoche“ wiederholen, um festzustellen, ob die Lebensmittelverschwendung reduziert werden konnte. An der Plaisirschule ist auch ein Elternabend zum Thema gesunde Ernährung geplant, wie Schulleiterin Christine Nagel berichtet.

Die Stadt wiederum möchte die Erfahrungen aus dem Pilotprojekt nun auch auf andere Schulen übertragen. Ziel sei es, ein Verpflegungskonzept zu erarbeiten, das dann auch Grundlage für die Neuausschreibung des Caterings sein soll, erklärt Ulrike Ferenz-Gröninger. Denn die bestehenden Verträge mit den Dienstleistern laufen im kommenden Jahr aus.

Der Landtagsabgeordnete Ralf Nentwich, der als ernährungspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion das Projekt mit angestoßen hat, freut sich, dass das Thema gesunde Ernährung an den Schulen in Backnang angekommen ist, allerdings sieht er auch noch Luft nach oben. Kürzlich hat er mit einer Delegation die dänische Hauptstadt Kopenhagen besucht: Dort, so Nentwich, liege der Anteil von regionalen Biozutaten in den Schulmensen bereits bei 90 Prozent.

Kommentar
Es muss nicht immer bio sein

Von Kornelius Fritz

Für den Pressetermin im Dezember 2021 hatten sich Backnangs Oberbürgermeister Maximilian Friedrich und der Grünen-Landtagsabgeordnete Ralf Nentwich extra als Köche verkleidet. Sie wollten damit Werbung für ein Pilotprojekt an zwei Backnanger Schulmensen machen. Mehr Bioprodukte, mehr regionale Zutaten – das waren die erklärten Ziele. Dass diese gar nicht erreichbar waren, weil man nicht einfach den laufenden Vertrag mit dem Caterer ändern kann, haben Friedrich und Nentwich damals leider übersehen. So wurden die vollmundigen Ankündigungen zum Rohrkrepierer. Ein Flop war das Projekt insgesamt aber trotzdem nicht: Allein die Tatsache, dass sich die Schulen ein Jahr lang intensiv mit dem Thema gesunde Ernährung beschäftigt haben und dabei auch Eltern und Schüler einbezogen wurden, hat bereits einiges bewirkt. Auch der Caterer hat sich sehr kooperativ gezeigt und ist auf viele Wünsche und Vorschläge eingegangen. Und so hört man von den beteiligten Schulen heute viel Lob für die Mensen. Den meisten Schülern schmeckt es ganz offensichtlich und das ist viel wichtiger, als ob der Bioanteil nun bei 15 oder bei 30 Prozent liegt.

k.fritz@bkz.de

Zum Artikel

Erstellt:
14. Juli 2023, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen