Wildes Bienenvolk erhält in Sulzbach an der Murr ein neues Zuhause
Ein Imker hatte das Nest im Bahnhofsgebäude in Sulzbach an der Murr entdeckt. Um die Wildbienen einzufangen, wurde der Boden aufgesägt.

Die Bienen kann man nun in einem Schaukasten in Murrhardt bewundern. Foto: Josef Wille
Von Anja La Roche
Sulzbach an der Murr/Murrhardt. Als Josef Wille am Ostersonntag auf seinen Zug wartete, fielen ihm Bienen auf, die am Bahnhofsgebäude in Sulzbach an der Murr ins Mauerwerk flogen. Ein wild lebendes Bienenvolk, vermutete der erfahrene Hobbyimker. „Es ist erstaunlich, dass die Bienen so lange ohne eine Varroabehandlung überlebt haben.“ Die Varroamilbe ist ein Parasit an Honigbienen und gilt als größter Bienenschädling weltweit.
Nach Rücksprache mit der Gemeindeverwaltung erhielt er die Erlaubnis, die Tiere aus dem Gebäude zu bergen. Da der 84-Jährige selbst allerdings verhindert war – am Sulzbacher Bahnhof saß er, um zum Flughafen und dann in den Urlaub zu gelangen –, übernahm diese Arbeit sein Sohn, der ebenfalls als Imker tätig ist.
Die wilden Bienen verteidigen sich eher
Weil die Bienen unter den alten Fußbodendielen im zweiten Stock nisteten, musste Egon Wille zunächst die Bodenbretter heraussägen, um an das Volk zu gelangen. Weil wilde Bienen vitaler seien und ihr Nest besser verteidigen, sei er vorsichtiger an die Sache rangegangen. Dabei trug er einen Imkerschutzanzug mit Hut und Schleier. Mit einem Smoker, einem Imkereigerät, das Rauch erzeugt, stellte er die Tierchen ruhig.
„Ich habe gemerkt, dass es sich ursprünglich mal um ein Wespennest gehandelt hat“, erzählt Egon Wille. In dieses hätten die Bienen dann wohl ihre Waben gebaut. „Das Volk muss schon länger dort gelebt haben“, sagt Wille. Das Wachs der Waben sei schon sehr alt und ganz schwarz gewesen. Es musste mit dem darin enthaltenen Honig entsorgt werden.
Das Bienenvolk bekommt eine neue Heimat
Innerhalb kurzer Zeit konnte der 57-jährige Imker den Schwarm einfangen. Dazu klopfte er die Bienen in die Öffnung des Einfangkastens. Als der Sulzbacher sich sicher war, auch die Königin im Kasten zu haben, ging es ab zum Naturparkzentrum in Murrhardt, wo das Volk nun neben 15 weiteren eine neue Heimat bekommen hat.
Durch das Einfangen von Wildbienen rette man die immer seltener werdenden Arten, erklärt Egon Wille. Zwei bis zehn Schwarmfänge führe er pro Jahr durch. „Das Bienenvolk war komplett auf sich alleine gestellt“, so Wille. Sowohl die Varroamilbe als auch die Veränderungen in der Umwelt, wie etwa dass es weniger Nahrung gibt, hätten ihm zum Verhängnis werden können.
„Es ist umso schöner, dass wir diesen Tieren eine zweite Chance geben können. Ab jetzt kann das Bienenvolk im Schaukasten in unserer Ausstellung in Murrhardt beobachtet werden“, sagt Franziska Hornung, Projektmanagerin für Biodiversität vom Naturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald. „Die neue Königin ist ein Nachkömmling aus dem geretteten Volk und ist mit einem roten Punkt gekennzeichnet.“
Das Volk bewohnt bereits drei Zargen
Mittlerweile hat sich das wilde Bienenvolk gut in Murrhardt eingelebt. „Das Volk ist erst spät gekommen, im April, aber es hat sich gut entwickelt“, sagt Josef Wille zufrieden. Seit beinahe 20 Jahren sind seine Honigbienen im Naturparkzentrum zu sehen. Zunächst habe er die neuen Bewohner in zwei Zargen untergebracht, inzwischen sind es schon drei. Als Zarge wird ein viereckiger Rahmen aus Holz oder Kunststoff bezeichnet, in dem die Rähmchen mit den Waben hängen. Bevor der Sulzbacher nun in seinen ausgedehnten Sommerurlaub entschwunden ist, hat er seine Schützlinge noch mit ausreichend Zuckermasse versorgt. Ob sich die Wildbienen schon an diesen Luxus gewöhnt haben?
Ausstellung Wer die Bienen in ihren Schaukästen im Naturparkzentrum in Murrhardt sehen möchte, kann in den Sommermonaten zu den regulären Öffnungszeiten der dortigen Ausstellung vorbei kommen. Die Ausstellung hat Montag, Dienstag und Donnerstag jeweils von 9.30 bis 12.30 Uhr und von 14 bis 16 Uhr geöffnet, am Mittwoch und Freitag von 9.30 bis 12.30 Uhr und am Samstag, Sonntag und an Feiertagen von 9.30 bis 13 Uhr.