Windräder auf dem Hörnle sind noch fern
Während in vielen Gemeinden über mögliche Vorranggebiete für Windkraftanlagen diskutiert wird, gibt es für zwei Standorte im Backnanger Raum schon konkrete Pläne. Trotzdem werden noch Jahre vergehen, bis sich dort die ersten Windräder drehen.
Von Kornelius Fritz
Backnang/Winnenden. Das Thema Windkraft beschäftigt zurzeit viele Gemeinden. Diskutiert wird über die sogenannten Vorranggebiete, die der Verband Region Stuttgart vorgeschlagen hat. Im Rems-Murr-Kreis würden demnach 24 Flächen für den Bau von Windkraftanlagen reserviert (wir berichteten). Doch selbst wenn das Regionalparlament den Plan so beschließt, ist noch nicht gesagt, dass dort auch überall Windräder gebaut werden. Dafür braucht es nämlich erst mal einen Investor. Gut möglich, dass sich für manche Standorte gar niemand interessiert oder die Eigentümer ihre Flächen nicht dafür hergeben.
Konkrete Pläne für Windparks gibt es bisher nur für zwei Standorte im Backnanger Raum. Zum einen für das Waldgebiet zwischen Oppenweiler und Aspach: Dort wollen die EnBW und die Firma Uhl Windkraft aus Ellwangen insgesamt acht Windräder bauen. Ein zweites Projekt wurde erst vor wenigen Tagen öffentlich: Im Gebiet Hörnle zwischen Allmersbach im Tal und Hertmannsweiler planen die Stadtwerke Backnang und Winnenden einen Windpark mit bis zu drei Anlagen. Auch hier ist Uhl Windkraft als Projektpartner mit im Boot, ebenso die Hofkammer Württemberg als Eigentümerin der Waldflächen.
Das Projekt bei Oppenweiler ist in der Planung schon relativ weit. Nicht nur die Windmessungen, die die Wirtschaftlichkeit des Windparks belegen sollen, sind abgeschlossen. Die Investoren haben inzwischen auch alle notwendigen Gutachten vorliegen, etwa zu Lärm und Schattenwurf durch die Anlagen oder zu deren Auswirkungen auf die Tierwelt und das Grundwasser.
Nach Angaben von Philip Gohl, Projektleiter bei Uhl Windkraft, haben diese nichts ergeben, was grundsätzlich gegen den Standort spräche. „Wir halten die Anlagen für genehmigungsfähig“, sagt Gohl. Anfang nächsten Jahres will er den Antrag beim Landratsamt einreichen. Erfahrungsgemäß dauere es dann etwa ein Jahr, bis die Genehmigung vorliege. Im nächsten Schritt muss auch die Bundesnetzagentur zustimmen. Erst dann könne man die Windräder bestellen, wobei die Lieferzeit der Hersteller rund zwei Jahre beträgt. Somit werden sich die Windräder zwischen Aspach und Oppenweiler wohl nicht vor 2027 drehen.
Stärke des Winds wird per Laserstrahl gemessen
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Ein bis zwei Jahre länger dürfte es im Gebiet Hörnle dauern, denn hier steht man noch ganz am Anfang. „Wir beginnen im Januar mit der Artenschutzkartierung“, erklärt Philip Gohl. Über ein ganzes Jahr hinweg werden dafür Fachleute im Wald unterwegs sein, um zu erfassen, ob dort besonders geschützte Vögel, Fledermäuse oder Eidechsen vorkommen. Daran könnte das Projekt letztlich sogar noch scheitern, immerhin hatte der Verband Region Stuttgart in seinem Gebietssteckbrief bereits vermerkt, es lägen „Informationen zu Vorkommen windkraftsensibler Vogel- oder Fledermausarten vor“.
Parallel zu diesen Untersuchungen werden auch Windmessungen stattfinden. Dafür muss man heute keine hohen Masten mehr aufstellen. Per Laserstrahl können auch Windgeschwindigkeiten in großer Höhe vom Boden aus gemessen werden. „Das Gerät selbst ist nur etwa ein auf ein Meter groß und auf einem Anhänger installiert“, erklärt Gohl. Die Bevölkerung wird von diesen Voruntersuchungen also nicht viel mitbekommen. Sollten alle Ergebnisse so ausfallen, wie es sich die Projektpartner wünschen, könnte man Anfang 2025 einen Genehmigungsantrag stellen. Ab diesem Zeitpunkt vergehen nach Philip Gohls Erfahrung noch weitere drei Jahre, bis sich die ersten Windräder drehen.
Genossenschaftsmodell ist laut Friedrich denkbar
Das Projekt im „Hörnle“ unterscheidet sich von anderen Windparks und auch von dem zwischen Aspach und Oppenweiler vor allem dadurch, dass neben privaten Investoren auch die Städte Backnang und Winnenden über ihre Stadtwerke beteiligt sind. „So können wir von den Erträgen profitieren und haben direkten Einfluss darauf, was mit dem lokal produzierten Strom passiert“, sagt Thomas Steffen, Geschäftsführer der Stadtwerke Backnang. Die Initiatoren sind bereit, auch noch weitere Partner mit ins Boot zu nehmen, zum Beispiel die Gemeinde Allmersbach im Tal. Patrizia Rall kann sich das gut vorstellen. „Es wäre schön, wenn wir auch partizipieren könnten“, sagt die Allmersbacher Bürgermeisterin. Denn der geplante Windpark befindet sich zwar nicht auf dem Gebiet der Gemeinde, aber die Allmersbacher werden die Windräder, falls sie denn gebaut werden, täglich im Blick haben. Backnangs Oberbürgermeister Maximilian Friedrich kann sich auch eine Beteiligung der Bürgerschaft an dem Projekt vorstellen, etwa über ein Genossenschaftsmodell. „Das erhöht in der Regel auch die Akzeptanz in der Bevölkerung.“
Mit Widerstand ist bei Windkraftprojekten allerdings immer zu rechnen. In Oppenweiler und Aspach hat sich bereits die Bürgerinitiative „Walderhalt statt Windindustrie“ formiert, in Allmersbach und Umgebung ist es laut Bürgermeisterin Rall „noch relativ ruhig“. Gegenwind aus der Bevölkerung wäre für Maximilian Friedrich aber auch kein Grund, das Projekt abzublasen. „Wir leben in einer starken Industrieregion. Deshalb muss es uns gelingen, die Energieversorgung auf eine breitere Basis zu stellen“, sagt der Backnanger OB. Die Verfügbarkeit von grünem Strom vor Ort werde zu einem wichtigen Standortfaktor.
Windräder Im Gebiet Hörnle können maximal drei Windräder realisiert werden. Welcher Typ dabei zum Einsatz kommen wird, steht noch nicht fest. „Es wird jedoch aktuell von Windrädern mit einer Nabenhöhe von 175 bis zu 200 Metern und einer Gesamthöhe von 260 bis zu 285 Metern ausgegangen“, teilt die Stadt Backnang mit. Die Gesamtkosten für drei Windräder liegen bei mehr als 30 Millionen Euro.
Stromertrag Der Windpark soll im Jahr zwischen 36 und 42 Millionen Kilowattstunden Strom produzieren. Er könnte somit den durchschnittlichen Strombedarf von bis zu 14000 Haushalten decken.