„Wir möchten gerne Winnenden kaufen“

„Die Partei Ortsverband Backnanger Bucht“ hat große Pläne – Oberbürgermeister Hartmut Holzwarth reagiert mit viel Humor

Die Satirepartei „Die Partei Ortsverband Backnanger Bucht“ schlägt vor, Winnenden nach Backnang einzugemeinden. Dann hätte Backnang auch wieder ein Krankenhaus. Foto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Die Satirepartei „Die Partei Ortsverband Backnanger Bucht“ schlägt vor, Winnenden nach Backnang einzugemeinden. Dann hätte Backnang auch wieder ein Krankenhaus. Foto: A. Becher

Von Silke Latzel

BACKNANG/WINNENDEN. Was Donald Trump, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, kann (oder zumindest denkt zu können), das können andere schon lange – das zumindest dachten sich scheinbar die Mitglieder der Satirepartei „Die Partei Ortsverband Backnanger Bucht“. Ganz auf das Wohl der Stadt Backnang und ihre Zukunftsfähigkeit bedacht, scheuen sie sich offenbar nicht davor, auch ungewöhnliche Wege zu gehen. Der Redaktion liegt eine E-Mail der „Partei“ an den Oberbürgermeister der Stadt Winnenden, Hartmut Holzwarth, vor – mit einem Kaufangebot. Für die Stadt Winnenden. „Wir haben es uns zum Ziel gesetzt, Backnang wieder groß zu machen. In diesem Zusammenhang möchten wir Ihnen ein Angebot vorschlagen, das Sie nicht ablehnen können. Wir möchten gerne Winnenden kaufen“, heißt es in der Nachricht.

Und weiter: „Durch diesen Kauf und die Eingemeindung wird sich Backnang schlagartig um zirka 75 Prozent vergrößern. Dies hat verwaltungsrechtlich und wirtschaftlich enorme Vorteile – welche natürlich ausschließlich der ursprünglichen Backnanger Bevölkerung zugutekommen werden. Außerdem hätte Backnang auf diese Weise endlich wieder ein eigenes Krankenhaus.“

Doch auch für Winnenden könne der Verkauf Vorteile haben, so in der E-Mail: „Winnenden ist derzeit ja quasi das Grönland des Rems-Murr-Kreises. Die Eingliederung zu Backnang würde für Winnenden einen Aufstieg vom Zipfelbachdorf zur Murr-Metropole bedeuten. Über die Murr hätte Winnenden endlich Zugang zu den großen Häfen entlang den unterläufigen Wasserstraßen, zum Beispiel Marbach, Mannheim, Duisburg und Rotterdam. In Winnenden ansässige Firmen, wie etwa Kärcher, bekommen so die Möglichkeit, ihre Produkte endlich auch außerhalb der Ortsgrenzen vertreiben zu können.“ Auch gibt „Die Partei“ das Versprechen, „sorgsam mit Winnenden umzugehen und das Stadtbild schonend an die Bedürfnisse der heutigen Zeit anzupassen (...)“. Auch einen anderen Namen soll die Stadt bekommen, der jetzige sei „etwas antiquiert. Als Groß-Schelmenholz wird es zukünftig ein eigenständiger Ortsteil von Backnang werden.“

Ein finanzielles Angebot unterbreiteten die Satirepolitiker der Stadtverwaltung und dem Oberbürgermeister nicht, sondern bitten in ihrer E-Mail darum, „uns Ihre Preisvorstellungen zu übermitteln“. In Klammern fügen sie hinzu: „Keine Sorge, wir sind sehr reich.“

Die Antwort aus dem Winnender Rathaus an den Ortsvorsitzenden der „Partei“, Marco Schlich, ließ nicht lange auf sich warten und liegt uns ebenfalls vor. Oberbürgermeister Holzwarth zeigt sich grundsätzlich nicht abgeneigt, fordert allerdings ein paar „unveräußerliche Rechte, die wir uns zusichern lassen wollen“, schreibt er und listet unter anderem auf: „Die Stimmenzahl der Winnender Bürger bei allgemeinen Wahlen zählt natürlich immer doppelt zu denen der Backnanger Bürger. Nach dem Kauf darf die gesamte Bevölkerung über den Sitz der Verwaltung – also ob in Winnenden oder Backnang – abstimmen. Auch das Stadtoberhaupt und der Gemeinderat sind neu zu wählen. Ebenfalls der Name unserer künftigen gemeinsamen Stadt wird in derselben Weise neu bestimmt.“

Auch eine preisliche Vorstellung hat Holzwarth: „Wir fordern für jeden Winnender Bürger, vom Neugeborenen bis zum Senior, eine Million Euro in bar, separat abgepackt, damit die Verteilung an die Bevölkerung möglich ist. (...) Sie übergeben das Geld, dann wird die Unterschrift geleistet. Diese feierliche Zeremonie kann frühestens am 25. September 2019 stattfinden, da wir die nächste Gemeinderatssitzung am 24. September haben.“ Zeit verlieren möchte das Stadtoberhaupt auch nicht: „Lassen Sie uns all dies noch 2019 zügig durchführen, damit auch Backnang noch dieses Jahr zur Heimattage-Stadt Baden-Württemberg wird. Im Gegenzug kann sich Backnang in die Bewerbung Winnendens für die Internationale Bauausstellung mit seinen hervorragenden Beiträgen einbringen und wir sichern Backnang zu, bei der Bewerbung Winnendens für eine Landesgartenschau ebenfalls integrierter Teil der Antragsstellung zu werden.“ Allerdings möchte Holzwarth zunächst „eine Vollmacht, dass Sie wirklich die schöne Stadt Backnang vertreten. Bisher wurde Backnang von Oberbürgermeister Frank Nopper vertreten. Sollte sich dies geändert haben, wären wir für einen Nachweis dankbar.“

Sehr humorig schließt er seine E-Mail: „Zusammen sind wir stark – vor allem, wenn die Winnender die geforderte Summe Geld bekommen und die doppelte Stimmenzahl haben (...). Sollten Sie die Preisvorstellungen nebst Zusicherungen ablehnen, müssen wir uns nochmals mit der Historie unserer beiden Städte näher auseinandersetzen. 1235 hat der Winnender Stadtherr Heinrich von Neuffen die Stadt Backnang in Teilen sehr hart behandelt – niemand will da natürlich eine Wiederholung, da bin ich mir sicher (...). Daher erwidern Sie unsere maßvolle Preisvorstellung und die wirklich sehr komfortablen Zusicherungen mit Ihrer raschen Zustimmung; dann wird niemandem etwas passieren. Seien Sie Teil einer friedlichen Welt und in Kürze auch unserer neuen, gemeinsamen Stadt.“

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Erstellt:
24. August 2019, 06:00 Uhr

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