„Wir Unternehmer müssen den Wandel vorantreiben“
Christoph Holz wirbt für den Mut zur Veränderung in der künftigen Arbeitswelt und appelliert an das Vertrauen etwa beim Homeoffice.

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Gemusterter Anzug, Hornbrille, zerzauste Haare, österreichische Sprachfärbung und ständig einen Gag auf Lager: Christoph Holz wird vielen im Gedächtnis bleiben. Foto: Alexander Becher
Von Matthias Nothstein
Backnang. Welche Strategien braucht es, um als Unternehmer in der Arbeitswelt der Zukunft gute Mitarbeiter finden zu können? Diese Frage prägte den gesamten Vortrag von Christoph Holz, der als Hauptredner der 20. Backnanger Wirtschaftsgespräche sehr kurzfristig für die erkrankte Nicole Lontzek eingesprungen war. Wie sehr die Arbeitswelt im Umbruch ist, beschrieb Holz so: „Die vergangenen 200 Jahre waren im Hinblick auf den Strukturwandel bei der Arbeit ein warmes Mailüftchen im Vergleich zu dem, was vor unserer Haustür steht.“
Als plastisches Beispiel stellte er die Frage: „Was kommt dabei heraus, wenn man einen Betonmischwagen mit einem Tesla kreuzt?“ Die Lkw seien heute wegen der hohen Lohnkosten der Fahrer so groß. Sobald diese Betontransportwagen elektrisch und autonom fahren, werden sie kleiner und flexibler, alleine schon deshalb, weil keiner einen Lastzug ohne Fahrer an einem Kindergarten vorbeifahren lassen möchte. Wenn aber aus einem riesigen 30-Tonner zehn leise 3-Tonner werden, dann können diese auch nachts fahren und auf der Baustelle einen 3-D-Drucker rund um die Uhr mit Material befüllen, sodass dieser ohne Arbeiter ein Haus baut. „Was wir künftig erleben ist, dass die industrielle Arbeit verschwindet.“ Bei dem autonomen Fahren fällt also nicht nur das Führerhaus weg, sondern es ändert sich die gesamt Investitionslogik dahinter.
Neugier, Eigenverantwortung und Motivation
Holz sagt beim Blick zurück: „Unsere Urgroßeltern haben in den Fabriken der industriellen Revolution unmenschliche Arbeit geleistet, weil dies damals nötig war.“ Die Digitalisierung lehrt den Menschen mehr denn je, was es heißt, Mensch zu sein. „Mensch sein ist das, was übrig bleibt, wenn alle unmenschliche Arbeit digitalisiert ist. Und das sind Kreativität, Eigenverantwortung und Empathie. Mit einem Wort: Unternehmertum. Denn es kann niemals alles digitalisiert werden. Wie soll ein Algorithmus jemals den Wert einer Sache festlegen? Das bleibt uns als Menschen vorbehalten.“ Die künftigen Mitarbeiter müssen dann jedoch Roboter bedienen können. Und das können alle, wenn sie neugierig, eigenverantwortlich und motiviert sind.
20. Backnanger Wirtschaftsgespräche
Mehr als 700 geladene Gäste waren bei der 20. Auflage der Backnanger Wirtschaftsgespräche dabei. Die Veranstaltung fand diesmal im Gewerbegebiet Lerchenäcker auf dem Gelände des Nutzfahrzeugcenters Backnang statt.
Beim Thema Homeoffice, das bei Holz‘ Vortrag viel Raum einnimmt, arbeitete er den Gegensatz von Unternehmer und Mitarbeiter heraus. Die klassischen Arbeitgeber wünschen sich Beschäftigte, die maximal 50 Kilometer vom Arbeitsplatz entfernt leben. Die jungen Menschen hingegen wollen Arbeit mit Leben verbinden und arbeiten weltweit. Holz stellte die Frage: „Wie bekommen wir den Job von jenen Leuten erledigt, die die Besten sind, die aber gerade auf Bali leben?“ Sein Urteil fiel eindeutig aus: „Wir können nicht von unseren Mitarbeitern erwarten, dass sie sich ändern, und selbst alles beim Alten belassen.“ So appellierte Holz, Vertrauen in die Mitarbeiter zu haben, dies sei das wichtigste Prinzip bei der Mitarbeiterführung. „Ich habe gelernt, wenn man Mitarbeiter so behandelt, als würde man sie kontrollieren, dann verhalten sie sich auch so, als würden sie kontrolliert. Und wenn man Mitarbeitern vertraut, dann verhalten sie sich so, als würde man ihnen vertrauen.“ Deshalb warb der Mann mit der Fliege eindringlich für Vertrauen und wache Unternehmer, auch beim Thema Künstliche Intelligenz. „Die Änderung fängt nicht bei den anderen an. Wir sind Unternehmer, wir müssen den Wandel vorantreiben. Wir müssen die Mitarbeiter inspirieren, damit sie Spaß an der Arbeit haben.“
Österreichischer Witz an der Grenze der Political Correctness
Holz’ Rede gab nicht nur Impulse zum Nachdenken, sondern war auch unterhaltsam, nicht zuletzt deshalb, weil er immer wieder seinen österreichischen Witz einstreute, teils auch in sarkastischer Form, etwa wenn er erklärte: „Nicht jeder muss die besten Leute haben. Über solche Dinge braucht sich nur der Gedanken zu machen, der in Zukunft wettbewerbsfähig sein möchte.“ Zuweilen waren seine Sprüche gewöhnungsbedürftig, wenn er sich etwa über die Qualitäten von Sexrobotern ausließ, oder eng an der Grenze der Political Correctness, wenn er zum Beispiel die Arbeitsmoral von Pakistanis mit Filipinos verglich. Während erstere eher nicht zur westlichen Arbeitswelt passen würden, seien letztere zuverlässig, „das sind auch Katholiken wie wir“. Moderator Josh Kochhann versuchte, es zu Beginn seines Dankes so in Worte zu fassen: „Ich wusste gar nicht, dass Österreicher so lustig sein können.“