„Wir wollen hier in Backnang keine Poserszene“

An verschiedenen Hotspots in Backnang beschweren sich Anwohner immer wieder über Belästigung und Gefährdung durch zu laute oder zu schnelle Pkw. Auch die Polizei hat ein Auge auf die sogenannten Autoposer geworfen, von einer Szene könne man allerdings nicht sprechen.

Sportwagen mit bunter Lackierung werden oft mit Autoposer assoziiert, allerdings nicht immer zu Recht. Symbolbild: Adobe-Stock/Nasrul Ma Arif

© Nasrul Ma Arif - stock.adobe.com

Sportwagen mit bunter Lackierung werden oft mit Autoposer assoziiert, allerdings nicht immer zu Recht. Symbolbild: Adobe-Stock/Nasrul Ma Arif

Von Kai Wieland

Backnang. Aufheulende Motoren, durchdrehende Reifen, getunte Fahrzeuge mit auffälliger Lackierung, illegale Straßenrennen – unter sogenannten Autoposern stellt sich jeder etwas anderes vor, und genau das ist Teil des Problems, wenn es um die Kontrolle und Sanktionierung des Phänomens geht. Beim Autoposing handelt es sich nämlich weniger um einen definierten Tatbestand als um einen medial geprägten Überbegriff für verschiedenste Verhaltensweisen im Straßenverkehr sowie für das Fahren mit manipulierten Fahrzeugen.

„Es ist schwierig, konkret zu benennen, ab welchem Punkt man es mit einem Autoposer zu tun hat“, bestätigt Dennis Ehrhardt, Leiter des Polizeireviers Backnang. So spreche etwa überhaupt nichts dagegen, dass Menschen ihr hochmotorisiertes Auto als Hobby betrachteten. Problematisch wird es erst, wenn das Ausleben dieses Hobbys zu Belästigungen oder Gefährdungen führt oder schlicht und ergreifend als Ordnungswidrigkeit zu sehen ist. Das kann von Lärmbelästigung und Umweltverschmutzung bis hin zur Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer reichen.

„Es gilt im Grunde zwei Bereiche zu unterscheiden“, erklärt Dennis Ehrhardt. Der eine beziehe sich auf das Verhalten des Fahrers, das klassische Beispiel dafür seien Geschwindigkeitsüberschreitungen, die Rede ist aber auch vom lautstarken Gasgeben oder ziellosem Hin- und Herfahren. Der zweite Aspekt betrifft den Zustand des Fahrzeugs beziehungsweise dessen Manipulation. Kurz gesagt ist es das, was landläufig unter Tuning verstanden wird, wobei keineswegs jede Form des Tunens unzulässig ist, wie manche glauben.

Einzelne Poser, aber keine Szene

„Das Ziel ist es in der Regel, mit dem Fahrzeug Aufmerksamkeit zu erregen“, erklärt Dennis Ehrhardt die Motivation hinter dem Autoposing. „Aus diesem Grund ereignen sich die meisten Vorfälle auf breiten, innerstädtischen Straßen, die stark frequentiert sind.“ Im Falle Backnangs trifft dies etwa auf die Stuttgarter Straße, die Sulzbacher Straße und insbesondere die Grabenstraße zu, wo immer wieder Anwohner ihre Beschwerden bei der Polizei vorbringen, wie der Revierleiter berichtet.

Auch der Stadtverwaltung ist das Problem nicht entgangen. „Das Thema Autoposing ist sowohl in der Stadtverwaltung wie auch im Gemeinderat Thema“, bestätigt Pressesprecher Christian Nathan. „Die Schwerpunkte liegen sicherlich in der Sulzbacher Straße und in der Grabenstraße, was aber nicht bedeutet, dass Autoposer nicht auch an anderer Stelle zu beobachten sind.“

Dem kann Dennis Ehrhardt zustimmen, allerdings ist es ihm zugleich wichtig, die Größenordnung des Problems richtig einzuschätzen. „Auch hier müssen wieder zwei Dinge klar unterschieden werden: Es gibt auf der einen Seite die Poserszene mit regelmäßigen Treffen, organisierten Strukturen und sogar illegalen Straßenrennen. Und dann gibt es einzelne Poser, die auffällig werden. Hier in Backnang gibt es keine Poserszene. Und wir wollen hier auch keine Poserszene, deshalb gehen wir sehr entschlossen gegen die einzelnen Fälle vor.“ Ob die Lage in anderen Städten im Rems-Murr-Kreis vergleichbar sei oder ob dort womöglich bereits von einer Szene gesprochen werden könne, darüber will Ehrhardt nicht mutmaßen. „Man kann aber davon ausgehen, dass das Autoposing in Städten ein Stück weit mit der Größenordnung einhergeht“, sagt er.

Andererseits ist der genaue Umfang der Problematik aufgrund der weit gefassten Definition des Autoposings ohnehin schwierig zu beziffern. „Der Klassiker, also ein auffälliges Fahrzeug mit durchdrehenden Reifen und ausbrechendem Heck, kommt zwar vor, macht aber nur einen kleinen Teil der Fälle aus“, erklärt Revierleiter Dennis Ehrhardt. „Jeglicher Geschwindigkeitsverstoß könnte zum Beispiel ebenfalls in diese Kategorie fallen. Es wäre aber ganz sicher nicht richtig, sämtliche Fälle von überhöhter Geschwindigkeit pauschal dem Autoposing zuzuordnen.“ Aus diesem Grund arbeite man bei der Polizei zwar mit internen Lagebildern, für die man alle Erkenntnisse und Daten zusammenführe, aber eine belastbare Fallziffer könne nicht genannt werden.

Abschreckung und Prävention

Welche Möglichkeiten gibt es also, um das Autoposing effektiv zu bekämpfen? Darüber macht man sich auch bei der Stadtverwaltung Gedanken. „Die Stadt Backnang ist in engem Austausch mit der Verkehrspolizei. Durch abgestimmte Geschwindigkeitskontrollen wird versucht, Autoposing einzudämmen“, erklärt Christian Nathan. Tatsächlich meldete die Stadt Backnang erst vor wenigen Tagen, dass ab September für drei Monate ein mobiler Blitzer probeweise im Stadtgebiet zum Einsatz kommen soll.

Geschwindigkeitskontrollen sind zwar ein probates Mittel zur Abschreckung und Sanktionierung, doch allein mit diesen wird man dem vielgestaltigen Phänomen der Autoposer nicht gerecht. „Viele Poser sind nur laut oder auffällig, halten sich aber an die Geschwindigkeitsbegrenzung“, erklärt Dennis Ehrhardt. Deshalb unterstütze die Verkehrspolizei die Laserkontrollen der Stadt mitunter durch Maßnahmen im Hinblick auf andere Aspekte, die mit Autoposing in Verbindung gebracht werden. Außerdem werden regelmäßig Aktionstage durchgeführt. Bei diesen vorbereiteten Einsätzen wird mit vielen Kräften, oftmals unterstützt durch Beamte von anderen Polizeistellen, gezielt gegen Autoposing vorgegangen. So wurden etwa bei einem Aktionstag im Frühjahr elf entsprechende Fahrzeuge festgestellt. In der Folge ergaben sich daraus fünfmal das Erlöschen der Betriebserlaubnis für das jeweilige Fahrzeug, mehrere festgestellte Mängel und auch teilweise die Stilllegung von Autos. Unabhängig von diesen gezielten Aktionen sind Polizeistreifen ohnehin grundsätzlich dazu angehalten, immer wieder Kontrollen vorzunehmen.

Die Polizei verfolgt darüber hinaus auch präventive Ansätze. Das beginnt mit der Fahrradprüfung, die bereits Kinder für das richtige Verhalten als Verkehrsteilnehmer sensibilisieren soll, und führt bis hin zu Präventionstagen an Berufsschulen durch Mitarbeiter des Referats Prävention, an welchen über die Gefahren und drohenenden Konsequenzen des Posens informiert wird.

Letztere umfassen ein Spektrum, das ebenso breit ist wie das der Vergehen selbst. Sie reichen von Bußgeldern bei Ordnungswidrigkeiten bis hin zu Haftstrafen im Extremfall, etwa beim Prozess gegen einen Raser, der derzeit in Heilbronn verhandelt wird und bei dem eine Anklage wegen Mords im Raum steht. So weit soll es in Backnang im besten Falle nicht kommen.

Foto: Polizeipräsidium Aalen

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Erstellt:
4. September 2023, 06:00 Uhr

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