Wo Föns und Bürsten kommen und gehen
Nassacher Familienbetrieb Fripac-Medis handelt seit 63 Jahren mit Friseurbedarf – Hauptgeschäft sind Haarschneidemaschinen
Wenn ein Friseur zum Haarschneider oder Fön greift, war das Gerät höchstwahrscheinlich schon mal in Nassach. Vom Spiegelberger Teilort aus handelt Fripac-Medis mit Friseurbedarf. 40-Tonner fahren das Familienunternehmen an. Auch Promis wie „Let’s Dance“-Teilnehmerin Charlotte Würdig, Ehefrau von Rapper Sido, waren schon da.

© Pressefotografie Alexander Beche
Verpacken die Artikel für ihren Weg zu Großhändlern: Mario Pace und weitere sieben Mitarbeiter, die im Lager beschäftigt sind. Foto: A. Becher
Von Nicola Scharpf
SPIEGELBERG. „Bei Speditionen sind wir nicht so beliebt“, sagt Dirk Briel. Der Leiter der operativen Geschäftsführung ist in einem Internetforum mal auf den Erfahrungsbericht eines Fahrers über die Anfahrt zu Fripac-Medis gestoßen. „Ganz furchtbar“ habe der Fahrer geschrieben, „keine Wendemöglichkeit, erkundigt euch im Voraus“. Kein Wunder hält sich die Begeisterung der Fahrer in Grenzen, wenn sie mit einem 40-Tonner über das schmale, steile, kurvige Sträßchen nach Nassach müssen – besonders bei Eis und Schnee. Spektakuläre Bergungsaktionen habe es schon gegeben.
Nichtsdestotrotz kommen täglich Speditionen: 2000 Paletten und 24000 Pakete gefüllt vor allem mit Haarschneidemaschinen, Föns, Scheren, Bürsten und Kämmen verlassen im Jahr die Lagerhallen von Fripac-Medis, um in die ganze Welt verschickt zu werden. „Das ist relativ beachtlich für eine kleine Firma, was da versendet wird“, ordnet Dirk Briel die Zahlen ein. Fripac-Medis handelt mit Ware des Friseurbedarfs, die im Einzelhandel nicht erhältlich ist. Will ein Salon sie haben, kommt er um das Nassacher Familienunternehmen fast nicht herum. Denn der vor 63 Jahren gegründete Betrieb hat Exklusivverträge für Deutschland, Österreich und die Schweiz mit vielen seiner Lieferanten – zu ihnen zählen beispielsweise Panasonic, Denman, Parlux oder Olivia Garden. „Das ist unser Alleinstellungsmerkmal“, sagt Ana Zimmermann, Leiterin Marketing, PR und Vertrieb. Die Kunden sind nicht die Endverbraucher, sondern klassische Friseurgroßhändler wie Basler in Bietigheim-Bissingen, Giseke und Euro-Friwa oder auch die Breuninger-Friseure. Über 1000 Artikel hat Fripac-Medis im Sortiment. Haarschneidemaschinen für den Profibedarf sind das Hauptgeschäft. Sie machen den größten Teil am jährlichen Umsatz von 19 Millionen Euro aus.
Die Nassacher Firma besteht seit 1955: Damals verdient Christian Erhardt in der Garage seines Stuttgarter Wohnhauses das erste Geld mit dem Versand von Friseurwerkzeugen in leeren Obstkisten eines benachbarten Händlers. Bald schon ist die Garage zu klein. Erhardt verlegt sein junges Unternehmen ins Dörfchen Nassach, um das herum sein Jagdgebiet liegt. Das erste Lager wird gebaut.
In der Geschäftsführung sind zwei Enkel des Firmengründers tätig
Weil der Firmengründer früh schwer erkrankt, übernimmt dessen Sohn Wolfgang Erhardt jung die Verantwortung für die Geschicke des Unternehmens. Unter seiner Führung wächst das Versandvolumen, sodass das Lager bald zu klein und um den Anbau eines Hochregallagers für Paletten, einen Lastenaufzug und eine Lkw-Laderampe erweitert wird. Der Umzug im Jubiläumsjahr 1995 vom ursprünglichen Büro in das damals auf dem Nachbargrundstück neu errichtete Verwaltungsgebäude markiert den Abschluss der Expansion des Unternehmens. Wolfgang Erhardt hat sich mittlerweile aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen und ist beratend für das Unternehmen tätig. Mit seinem Sohn Benjamin Erhardt sind seit 2009 zwei weitere Mitarbeiter ins Management eingestiegen: Jan Biesenbach, ebenfalls ein Enkel des Gründers, als Leiter der strategischen Geschäftsführung und Dirk Briel, der die operativen Bereiche wie Logistik, Controlling und Verwaltung leitet. Nach der Gemeinde und dem Seniorenheim Spiegelhof ist Fripac-Medis Spiegelbergs drittgrößter Arbeitgeber. 20 Menschen arbeiten bei dem in dritter Generation geführten Familienbetrieb im Büro, Lager oder Außendienst. Wie ein großzügiges, privates Wohnhaus mutet das Bürogebäude in der Frankenbergstraße mit seinem Satteldach und der Doppelgarage an. Weit gefehlt. Neben den üblichen Büroräumen mit PC-Arbeitsplätzen verbergen sich hinter der Fassade auch ein Fotostudio, ein Tonstudio, ein Stylingraum: Alle Werbematerialien – seien es Flyer, Hochglanzproduktkataloge oder Produktvideos – werden im Haus gestaltet und hergestellt. Wenn alle zwei Jahre der Produktkatalog von Fripac-Medis neu aufgelegt wird, tummeln sich im Haus so viele Models, Stylisten und Fotografen, dass es mit Parkplätzen eng wird. Die wohl berühmteste Person, die für Fripac-Medis Model gestanden hat, ist Schauspielerin und Moderatorin Charlotte Würdig, früher Charlotte Engelhardt – unter anderem Teilnehmerin in der 2018er-Staffel der RTL-Tanzshow „Let’s dance“ und Ehefrau von Rapper Sido. „Aber wir treten gegenüber Großhändlern auf“, erklärt Dirk Briel. „Die sind unbeeindruckt von Promi-Models.“