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„Wo was ist, kommt auch was dazu“
Werke aus der Städtischen Kunstsammlung sind bis 10. Februar 2019 in der Galerie der Stadt Backnang zu sehen
Keine Frage: Dass Neo Rauch, jener Shootingstar der Neuen Leipziger Schule, in der Galerie der Stadt Backnang ausgestellt hat und die Stadt im Besitz einer Arbeit des Malers ist, kommt einer kleinen Sensation gleich. Doch in der Städtischen Kunstsammlung befinden sich noch weitere Schätze. Einen Einblick gibt da die Ausstellung, die heute eröffnet wird.

Plakat zur Ausstellung von Neo Rauch in der Galerie der Stadt Backnang. Der Künstler hat es selbst entworfen, gedruckt wurde es in der Kunstakademie Stuttgart. Fotos: P. Wolf
Von Ingrid Knack
BACKNANG. „Werkstatt“ ist auf der Ölskizze mit einem surrealen Motiv aus der Arbeitswelt von Neo Rauch zu lesen, die zum letzten Mal vor 15 Jahren in der Galerie der Stadt Backnang präsentiert wurde. Auch damals waren Kunstwerke aus der städtischen Sammlung zu sehen. Diesmal zeigt Martin Schick, Kurator und Leiter der Städtischen Galerie, hauptsächlich Neuanschaffungen aus den vergangenen 15 Jahren von nicht aus dem Backnanger Raum stammenden Künstlern, die durch ihre Werkschauen in der Galerie der Stadt allesamt einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben.
Neo Rauch nimmt auch hier eine Ausnahmestellung ein. Seine Präsentation in Backnang ging vom 20. November 1998 bis 10. Januar 1999, wie auf einem eigens für die Backnanger Werkschau von ihm selbst entworfenen Plakat steht. „Das haben wir in der Werkstatt der Akademie in Stuttgart drucken lassen“, sagt Schick. Dies war zu Zeiten, als der Etat der Galerie noch sehr knapp ausfiel und hinten und vorne gespart werden musste. Und dann dieser Glücksgriff. Dass aus Neo Rauch ein richtiger Senkrechtstarter in der Szene werden sollte, konnte Martin Schick freilich zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen.
Die Ausstellung ist so aufgebaut, dass die Arbeiten in jedem Raum einem bestimmten Thema zuzuordnen sind. Einmal geht es ums Nachdenken über das Medium Malerei, ein anderes Mal liegt der Fokus auf der Grafik oder auf der Fotografie. Zum Thema Malerei als Medium der Kunst hat Schick beispielsweise ein Bild des Stuttgarter Künstlers Hans Pfrommer (geboren 1969) mit dem Titel „Schwarzer Tag im Hause Malewitsch“ ausgesucht. Pfrommer, der in der Galerie 2009 zu Gast war und dessen Malerei auch vielschichtige und perfekt ausformulierte cartoonhafte Inhalte vermittelt, zeigt auf diesem runden Bild einen Mann in einer Badewanne, der auf einer Seife ausrutscht. „Das Letzte, was er sieht, ist das schwarze Quadrat auf dem Vorleger der Badewanne“, so Schick. Ein pfiffiger Ansatz, aus der Kunstgeschichte zu zitieren. Kasimir Malewitsch (1878 bis 1935) beeinflusste mit seiner Bilderreihe „Šchwarzes Quadrat“ zahlreiche Künstler.
Neben Ankäufen nehmen Schenkungen einen großen Raum in der Städtischen Kunstsammlung ein. Eine ganz besondere Schenkung sind die Schabkunstblätter von Wolfgang Gäfgen. Der Künstler hatte die Ausstellung „Richard Earlom und die englische Schabkunst“ 2007 im Graphik-Kabinett gesehen und war so beeindruckt, dass er der Stadt Backnang Arbeiten von sich überließ. Schick: „Wir haben eigentlich alle Schabkunstblätter, die er gemacht hat – wo was ist, kommt auch was dazu. Davon lebt so eine Sammlung...“
Druckgrafische, flächige und
extrem aufwendige Technik
Zwei Schabkunstblätter Gäfgens können die Besucher der Galerie jetzt bewundern. Die Besonderheit der seltenen, höchst aufwendigen Schabkunst, die sich im 17. Jahrhundert in Deutschland entwickelte und die im 18. Jahrhundert in England ihre Blüte erreichte, besteht in ihrer ausgesprochen malerischen, fast mit Schwarz-Weiß-Fotografien zu vergleichenden Wirkung. Vorrangig diente sie zur Reproduktion von Meisterwerken aus Gemäldesammlungen und zielte damit auf die kulturelle Bildung der Öffentlichkeit. Mit der Schabkunst war es erstmals in der Geschichte der Druckgrafik möglich geworden, neben Schwarz und Weiß auch Grauwerte zu erzeugen. Unter den Exponaten befinden sich zudem Arbeiten beispielsweise von Katja Davar, Sinje Dillenkofer, Peter Holl, Isabel Kerkermeier, Sven Kroner, Silke Schatz, Johannes Spehr und Katsutoshi Yuasa. Manche Künstler, die in Backnang ausgestellt haben, schafften es, sich auf dem Kunstmarkt zu etablieren, andere wiederum tun sich bis heute schwer damit. Zu den bundesweit bekannten Malern gehört Markus Oehlen, von dem ebenfalls eine Arbeit in der Schau vertreten ist. Schick: „Wir haben Glück gehabt, dass er hier ausgestellt hat.“

Galerieleiter Martin Schick und eine Arbeit mit dem Titel „Echtstoffe II“ von Isabel Kerkermeier. Die Künstlerin kreiert Wandobjekte aus Alltagsmaterialien wie Packbänder oder Werbebanner.