Wohlfühloasen auf dem eigenen Rasen
In Zeiten geschlossener Saunalandschaften und Sportstätten haben Wellness und Fitness in heimischen Gärten Einzug gehalten. Hiesige Firmen profitieren sowohl vom Trend, sich daheim im Freien Wohltuendes zu gönnen, als auch vom gegenläufigen Trend.

Im warmen Wasser sitzend ein Gläschen und den Sonnenuntergang genießen: Manuel Schöffler und seine Frau Sarah haben sich auf diese Weise den Urlaub in den Garten ihres Ferienhauses in Oppenweiler geholt, nachdem ihre Hochzeitsreise coronabedingt nicht stattfinden konnte. Foto: privat
Von Nicola Scharpf
ASPACH/MURRHARDT. Während die Coronapandemie dafür verantwortlich ist, dass in Fitnessstudios und Wellnesseinrichtungen die Saunaöfen kalt bleiben, suchen sich viele Menschen Ersatz: Wer durch die Coronakrise keine finanziellen Engpässe hat, investiert oftmals in Wohlfühlmomente für zu Hause. Wellness und Fitness für daheim liegen im Trend, wie einige hiesige Betriebe bestätigen. Besonders gefragt sind Lösungen für den heimischen Garten – wie ein Hot Tub, ein zur Sauna ausgebauter Schäferwagen oder auch Outdoorfitnessgeräte.
„Unser Jahr ist schon voll“, freut sich Radek Stoll über die momentane Auftragslage in seinem Auenwalder Betrieb Sauna Franz. „Wir könnten wahrscheinlich doppelt so viele Aufträge bekommen, wie wir annehmen können.“ Seit Beginn der Coronapandemie habe die Nachfrage nach allem, was daheim für schönes Schwitzen sorgt, extrem zugenommen. „Auf Fertigkabinen muss man warten. Die waren früher sofort verfügbar“, erzählt Stoll. Auch Öfen, Steuergeräte oder andere Technik seien früher innerhalb von einer Woche lieferbar gewesen, jetzt betrage die Lieferfrist mehrere Wochen. Der Wunsch der Kunden nach wohliger Wärme für daheim scheint riesig zu sein, auch bei denen, die über keinen freien Raum im Haus verfügen. „Die Leute schaffen sich dann den Platz“, sagt Stoll. Sehr stark würden auch Lösungen für den Außenbereich nachgefragt.
Dem kann Thorsten Kirsch nur zustimmen. In seiner Fornsbacher Schäferwagen-Schmiede zimmert er Tiny Houses, Zirkuswagen und ebenfalls urige Schäferkarren – für alle möglichen Zwecke. Auf Kundenwunsch baut er sie zu Saunawagen aus. „Zurzeit ist das extrem viel.“ Auch seine Auftragsbücher sind voll. Für einen Saunawagen bedürfe es einen Vorlauf von vier bis sechs Monaten.
Man hat mehr davon als 15 Tage wegzufahren.
Mit Ziel Bodensee oder Ostsee seien schon Saunawagen vom Hof von Holzbau Kirsch gerollt. Das Holz für Kirschs Saunawagen, die per Holzofen oder elektrisch beheizt werden können, stammt aus der näheren Umgebung, viele der Bäume kannte er, als sie noch standen. Für die Lenkstange verwendet Kirsch beispielsweise Robinie, die Wände sind aus sibirischer Lärche in Form von Dreischichtplatten gefertigt und die Saunaliegen aus fein geschliffenem Lindenholz. „Linde ist leicht und ohne Harz. Das Holz bleibt handwarm, selbst bei 90 Grad Celsius. Und es hat einen aromatischen Duft, wenn es warm ist.“ So ein Holzwagen mit begrüntem Dach und historischen Wagenrädern, das habe eben optisch einfach ein gewisses Flair, sagt Kirsch, der den Prototyp seines Saunawagens im eigenen Garten stehen hat und mit seiner Familie in einem Tiny House lebt. „Wenn man beim Saunieren aus dem Fenster in die Natur guckt, das macht was her.“ Seit ungefähr zehn Jahren stelle er fest, dass sich ein Wandel zum „green living“ vollziehe, dass die Menschen zunehmend draußen in der Natur sein wollen. Der Garten, nicht länger der Innenraum eines Hauses, sei das Highlight. Aus einer persönlichen Betroffenheit heraus ist Manuel Schöffler aus Allmersbach am Weinberg darauf gekommen, unternehmerisch auf den Trend nach Outdoorwellness für daheim zu reagieren: Seine eigene Hochzeitsreise im vergangenen Jahr ist coronabedingten Reisebeschränkungen zum Opfer gefallen. Zum Trost haben er und seine Frau Sarah sich einen Hot Tub bestellt und auf dem Grundstück ihres Ferienhauses in Oppenweiler aufgestellt. Im zurückliegenden Winter saßen sie bei Minusaußentemperaturen im Freien im 38 Grad molligwarmen Wasser und waren sich einig: „Es war die beste Entscheidung unseres Lebens. Man hat mehr davon als 14 Tage wegzufahren.“
Beim Inhaber des Handwerksbetriebs Montagebau Schöffler entstand die Geschäftsidee, skandinavische Freiluftfreuden wie Hot Tub oder Grillkota zu vertreiben, eine kleine Outdoorausstellung zu planen und letztendlich ein zweites Standbein aufzubauen. Momentan lässt Schöffler einen Spezialanhänger fertigen, auf dem ein Hot Tub inklusive Sonnen- und Sichtschutz befestigt und transportiert werden kann. Den rollenden, mit Holz befeuerten Wellnesskessel will er künftig vermieten und zu Menschen, die sich eine Auszeit im Warmwasser gönnen wollen, nach Hause bringen – oder zu Kaufinteressenten.
„Wir waren da sehr blauäugig“, sagt Sarah Schöffler über die kurz entschlossene, ungesehene Anschaffung ihres eigenen, privaten Hot Tubs. „Das ist eigentlich etwas, was die Leute angucken, anfassen und ausprobieren wollen.“ Manuel Schöffler ist überzeugt von seiner Idee. „Das macht man nicht, wenn man nicht überzeugt ist.“ Er lacht: „Wenn man da drinnen sitzt im Kessel und dabei dem Sonnenuntergang zuguckt, dann überzeugt einen das schon.“ Auch Andreas Kübler sieht den Trend des cocooning, des Einmummelns zu Hause. Weil staycation – sinngemäß: der Urlaub zu Hause – coronabedingt angesagt ist, habe sich in den Wohngebieten mancher Garten von der Ausstattung her beinahe in einen öffentlichen Spielplatz verwandelt. „Die Fitnessstudios und Sportvereine sind geschlossen. Die Leute wollen sich trotzdem bewegen, das finde ich toll. Und im Freien Sport zu machen, ist die beste Option“, sagt der Geschäftsführer des Backnanger Unternehmens Kübler Sport, das vor allen Dingen Sportartikel und -geräte für den institutionellen Bereich – also Sportvereine, Schulen, Fitnessstudios – anbietet.
Es gebe zwar auch Privatleute, die sich Outdoorgeräte für den institutionellen Bedarf anschaffen würden, um sich auf dem heimischen Grundstück eine Fitnessoase einzurichten. Kübler Sport nehme aber eher den gegenläufigen Trend dazu wahr: „Teilen anstatt zu besitzen ist ein Megatrend. Es lohnt sich, darüber nachzudenken“, findet Kübler. Ob Outdoorgeräte für Fitnessstudios oder für den öffentlichen Raum: „Das wird ein nachhaltiger Prozess sein, auch wenn Corona mal besiegt ist.“
Aus dieser Überzeugung heraus hat Kübler eine multifunktionale, allwettertaugliche Freiluftsporthalle entwickelt, die es ermöglicht, dass viele Sportarten ganzjährig an der frischen Luft betrieben werden können. Für Sport im Freien spreche vieles: Zum einen mache es etwas mit der Psyche des Sportlers und sei förderlich für die Regeneration, zum anderen sei die Luft in Innenräumen höher mit Schadstoffen belastet.

Ein zur Sauna ausgebauter Schäferwagen: Das ist eine Möglichkeit mit Flair, sich Wellness in den eigenen Garten zu holen. Foto: Schäferwagen-Schmiede