Neuer Kulturstaatsminister

Wolfram Weimer löst selbst bei Konservativen Entsetzen aus

Wie ist der künftige Kulturstaatsminister der Regierung Merz einzuschätzen? Der 61-jährige Publizist Wolfram Weimer versteht sich selbst als Konservativen und die Kultur (auch) als Mittel der Abgrenzung gegenüber dem Islam.

Der Publizist Wolfram Weimer soll neuer Kulturstaatsminister werden.

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Der Publizist Wolfram Weimer soll neuer Kulturstaatsminister werden.

Von Norbert Wallet

Das kann munter werden. Mit dem 61-jährigen Publizisten Wolfram Weimer ausgerechnet im Amt des Staatsministers für Kultur hätte niemand gerechnet. Auf den Parketten der Kulturszene ist Weimer bislang nicht präsent gewesen. Wohl allerdings als Journalist, der in Meinungsbeiträgen und Büchern einem Kulturbegriff das Wort redete, der selbst in politisch eher konservativen Kreisen ein leichtes Frösteln hervorruft. So muss man jedenfalls das vorauseilende Entsetzen verstehen, mit dem die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, immerhin eine traditionell konservative Stimme im Meinungskonzert deutscher Publizistik, Weimers Berufung mit den Worten „der falsche Mann am falschen Platz“ brandmarkt.

Sein konservatives Manifest präsentiert Altbekanntes

Weimer ist eine der ganz wichtigen Figuren im deutschen Journalismus. Der promovierte Volkswirt war Chefredakteur der Springer-Blätter „Welt“ und „Berliner Morgenpost“, dann Gründer und Chefredakteur des „Cicero“ und schließlich auch Chefredakteur des „Fokus“.

Das politische Denken Weimers kreist um den Begriff des Konservativen. Er hat in einem „Konservativen Manifest“ zehn Gebote „der neuen Bürgerlichkeit“ vorgelegt, die sich allerdings bei näherer Hinsicht als gar nicht so neu entpuppen, sondern lediglich die hinlänglich bekannte Melange aus Heimat, Nation, Religion und Tradition in neuer Würzmischung aufbrühen.

Wobei wichtig ist, dass er der Kultur eine besondere Rolle als Mittel zur Abgrenzung (gegenüber dem Islam) und Selbstvergewisserung zuschreibt. Schon 2006 diagnostizierte er: „In der Sphäre der Kultur sind wir noch verteidigungsunfähig.“ Mit festem Blick auf den Umgang mit dem Islam diagnostiziert er folgendes: „Eine bleierne Mischung aus Angst, naiver Selbstzensur und falsch verstandener Toleranz strömt in den Alltagsdialog der Kulturen.“

Weimer ist aber kein sturköpfiger Dogmatiker

Ohnehin ist das letzte Fundament des Konservativen für Weimer die (christliche) Religion. In seinem Manifest heißt es: Der Konservative werde sich selber nur finden, „wenn er bis zur untersten Tiefe seiner eigenen Prinzipien hinabsteigt und aus dieser seiner alten Brunnenstube religiöses Wasser herausholt“. Kultur als Abgrenzung – das ist zumindest für einen Kulturstaatsminister ein ungewöhnliches Konzept. Lebhafte Debatten sind also vorprogrammiert.

Weimer wird ganz sicher provozieren. Allerdings ist er kein sturköpfiger Dogmatiker. Als etwa der Linkspolitiker Bodo Ramelow im Jahre 2019 als thüringischer Ministerpräsident eine neue deutsche Hymne forderte, bescheinigte er ihm, „den Finger in eine historische Wunde gelegt“ zu haben. Schließlich sei Hoffmann von Fallersleben, der Dichter der Hymne, „zugleich ein Antisemit, Demokratieverächter, Nationalist und Frankreich-Hasser“ gewesen. Ja mehr noch: Fallersleben sei „für die Nationalsozialisten, für ihren Nationalismus, Militarismus und Antisemitismus ein perfekter geistiger Wegbereiter“ geworden.

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Erstellt:
28. April 2025, 17:10 Uhr

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