Youtuber beantwortet Schülerfragen
Benjamin Scholz ist mit seinem YouTube-Kanal „Jungsfragen“ bekannt geworden. Auf Einladung der Conrad-Weiser-Schule kommt der Kölner Buchautor nach Aspach und spricht mit Schülern der Klassen 9 und 10 Themen an, die pubertierende Jungs bewegen.
Von Simone Schneider-Seebeck
Aspach. „Wir machen nicht nur klassische Schulsozialarbeit“, erklärt Meike Rank das Großaspacher Modell „Miteinander – Füreinander“. Ein Netzwerk von Ehrenamtlichen steht bereit, um Rank und ihre Kollegin Claudia Berr an der Conrad-Weiser-Schule (CWS) in Großaspach zu unterstützen. Rank arbeitet seit Jahren vorwiegend mit Mädchen, doch schon bald wurde ihr klar, dass auch für Jungs entsprechende Angebote notwendig sind. Zudem sollte man auch die Jugendlichen bedenken, die sich über ihre Identität und besonders ihr Geschlecht noch nicht so ganz im Klaren sind. Daher kam die Idee auf, die Angebote, die bisher für Jungs und Mädchen getrennt angeboten werden, für alle zu öffnen, damit sich auch diejenigen, die sich als trans- oder intersexuell ansehen, einbringen können.
Klischees aufweichen, kein Schubladendenken aufkommen lassen, unvoreingenommen sein, das ist für Rank und ihre Kollegin ganz essenziell. Schlussendlich geht es in ihrer Arbeit um sozial verträgliches Verhalten. Daher passt es auch gut, wenn Männer Mädchen- und Frauen Jungsarbeit machen. Da können die Kinder und Jugendlichen auch mal Seiten zeigen, die eigentlich nicht dem tradierten Rollenklischee entsprechen.
Um all dies verwirklichen zu können, wurde das Projekt „Prävention und Genderarbeit“ für das aktuelle Schuljahr entwickelt. Genderübergreifende wie auch -getrennte Projekte und Aktionen sollen dazu beitragen, die Schülerinnen und Schüler in ihrer Persönlichkeit zu stärken. Finanziell unterstützt wird dieses Projekt von der AOK und dem Förderverein der Schule, was den Besuch des Autors Benjamin Scholz ermöglicht hat. Scholz ist nicht nur Buchautor, in seinem YouToube-Kanal Jungsfragen mit einem Gesamtview von über 50 Millionen beantwortet er sehr direkt Fragen, die man als Junge eben so haben kann.
Jede Frage wurde beantwortet – und zwar ganz direkt.
Nico ist Schüler der 9. Klasse an der CWS. Er hatte den YouTube-Kanal im vergangenen Jahr für sich entdeckt, sich Scholz’ Buch „Jungsfragen“ gekauft und festgestellt, dass die Themen, die darin behandelt wurden, auch die Klassenkameraden interessieren, viele hätten es sich ausgeliehen. So war die Idee aufgekommen, den Kölner ins Ländle nach Aspach einzuladen, um den Jungs der 9. und 10. Klassen, aufgeteilt nach Klassenstufen, um die Hygieneregeln einzuhalten, zwei ganz besondere Unterrichtsstunden in Sexualkunde anzubieten.
Jede Frage wurde beantwortet – und zwar ganz direkt. Dabei macht es der gelernte Grafikdesigner mit seiner offenen und fröhlichen Art sehr leicht, Hemmungen zu überwinden. „Es lief super“, so der 40-Jährige. Die Jugendlichen konnten die Fragen stellen, die sie am brennendsten interessieren, daraus haben sich dann weitere Fragen und spannende Diskussionen ergeben, zu allen möglichen Themen, die Jungs in dem Alter bewegen.
Die Mädchen der Klassen 9 und 10 sind an diesem Vormittag, der für die beiden Klassenstufen unter dem Motto „Jungsfragen – Mädchenfragen“ stand, selbstverständlich nicht außen vor geblieben. Sie hatten an diesem Vormittag ihren eigenen Unterricht zum Thema. Sozialarbeiterin Meike Rank und die Klassenlehrerin der 9. Klasse Kristina Scherer diskutierten mit ihnen ebenfalls über Fragen und Themen, die die jungen Mädchen bewegt haben. Hierbei ging es ebenfalls sehr offen zu. Interessant das Thema Schönheit – die Zehntklässlerinnen waren einhellig der Meinung, dass jedes Mädchen und jede Frau für sich eine eigene Schönheit habe. Die Neuntklässlerinnen wählten unter den gezeigten Bildern Sängerin Billie Eilish zur Schönheitsikone. Nicht nur das Äußere, auch die Ausstrahlung gehören zur Schönheit dazu.
Für Scholz ist sein Unterricht an der CWS seit dem Lockdown die vierte Veranstaltung. Das direkte Feedback gefällt ihm gut. „Man kann viel besser mit den Jugendlichen agieren.“ Doch langweilig ist es ihm in den vergangenen Monaten nicht geworden, jede Woche stellt er ein neues Video ein, so viele Fragen erreichen ihn. Ursprünglich als Grafikdesigner ausgebildet, hatte er sich bald der Jugendpräventionsarbeit zugewandt. Und er hatte irgendwann festgestellt, dass ihm die Jungs dort immer wieder die gleichen Fragen zum Thema Sexualität stellen. „Wenn das die Jungs in Köln interessiert, dann auch woanders“, hatte er sich überlegt und den YouTube-Kanal „Jungsfragen“ ins Leben gerufen.
„Das ist von ganz allein organisch gewachsen“, erklärt er, mittlerweile sei ein richtiges kleines Einmannbusiness daraus geworden. Er hat die Erfahrung gemacht, dass die jungen Männer ein großes Bedürfnis zu haben, über ihre Fragen zu sprechen. Dabei sei es von Vorteil, wenn man diese an einen Externen stellen könne, man traut sich dann eher. Wobei das Thema Sexualität immer noch sehr schambehaftet und tabuisiert sei.
Benjamin Scholz sieht seinen Kanal und sein Buch als Unterstützung an. Es ist mittlerweile in der dritten Auflage. „Es wäre toll, wenn Eltern es kaufen und ihren Kindern geben würden“, wünscht er sich. Denn Kinder beginnen schon frühzeitig, sich mit dem Thema Sexualität zu beschäftigen. Und manchmal holt man sich das Wissen dann aus kruden Quellen. Das geht tatsächlich früher los, als man glauben mag.
„Bei Jungs besteht ein großer Gesprächsbedarf, denn mit ihnen spricht man eigentlich nicht so drüber. Man geht eher davon aus, dass sie eh alles irgendwoher wissen“, ist Benjamin Scholz’ Eindruck. Und was ist die häufigste Frage, die ihm gestellt wird? Die meisten Fragen fangen mit „Ist das normal...?“ an. Sieht man also einen Jungen, auf dessen Shirt S’NRML?! zu lesen ist, kann man davon ausgehen, dass er ein Fan der Jungsfragen ist.
Etwa 450 Folgen können auf YouTube von den „Jungsfragen“ abgerufen werden. Das Buch zum Kanal „Jungsfragen. Alles, was du über deinen Körper und das Erwachsen- werden wissen musst“ (2019) ist bei Rowohlt Taschenbuch in der dritten Auflage erschienen und auch als E-Book erhältlich.
Das Großaspacher Modell „Miteinander – Füreinander“ ist eine Kooperation von Paulinenpflege, evangelischer Kirchengemeinde Großaspach und Gemeinde Aspach mit der Conrad-Weiser-Schule und besteht seit 2005.
Es dient als Ergänzung zu schulischen Angeboten, verfügt über ein Netz von Haupt- und Ehrenamtlichen und bietet Unterstützung und Beratung bei Problemen in Familie und Schule, die Schweigepflicht wird dabei gewahrt.
Schulische Angebote werden ergänzt, um soziale Kompetenzen und emotionale Intelligenz zu fördern.