Zimmer mit Aussicht auf Blumenwiese
In Althütte gibt es ein neues Insektenhotel am Ortseingang in der Nähe des Rathauses. Joachim Müller hat es gebaut. Damit die zukünftigen Bewohner genug Nahrung finden, legen Bauhofmitarbeiter um das Hotel herum eine Wiese mit Wildblumen an.

© Alexander Becher
Aus einer öden Rasenfläche soll hier beim Insektenhotel eine blühende Wildblumenwiese entstehen. Foto: A. Becher
Von Annette Hohnerlein
ALTHÜTTE. Das Hotel ist so exklusiv, dass es in keinem Reiseführer verzeichnet ist; auch auf Trivago oder Booking.com würde man es vergeblich suchen. Das liegt daran, dass es nicht für zweibeinige Gäste gebaut wurde. Wildbienen, Schmetterlinge und Ohrwürmer sollen demnächst hier heimisch werden, so der Plan.
Die Idee dafür existiert schon eine ganze Weile, erzählt Bürgermeister Reinhold Sczuka. Als verschiedene Althütter Musikgruppen den Erlös eines gemeinsamen Konzerts für das Projekt zur Verfügung stellten, wurde es konkreter. Joachim Müller, Forstwirtschaftsmeister im Revier Ebersberg, nahm sich der Sache an und errichtete im Herbst vergangenen Jahres die imposante Holzkonstruktion. Er orientierte sich dabei an einem Insektenhotel, das bereits auf dem Eins-und-Alles-Erlebnispfad der Laufenmühle bei Welzheim steht, und holte sich Tipps bei dessen Erbauer. Weitere Informationen fand er im Internet.
Müller bestückte das Gestell mit unterschiedlichen Materialien: große und kleine Holzstücke mit vorgebohrten Löchern, Stroh, Tannenzapfen, Lochziegel, Blumentöpfe und eine Fläche aus Lehm. So sollen möglichst viele Insektenarten wie Wildbienen, Wespen, Ohrwürmer oder Schmetterlinge hier eine Nistmöglichkeit finden, erläutert der Forstmann. Vielleicht wirkt es ja einladend auf die zukünftigen Bewohner des Hotels, dass die einzelnen Elemente in Form eines Insektenkopfs angeordnet sind.
Entscheidend für den Erfolg
ist die Auswahl der Pflanzen.
Auch für das leibliche Wohl der brummenden, summenden und krabbelnden Kundschaft wird gesorgt. Rund um das Insektenhotel soll auf 100 bis 150 Quadratmetern eine Wiese mit Blühpflanzen entstehen, bei denen sich Wildbienen und Co. nach Herzenslust an Pollen und Nektar bedienen können. Bisher war das Gelände eine öde Rasenfläche. Dieser Tage haben Mitarbeiter des Bauhofs den Boden vorbereitet; jetzt wurde eine Samenmischung aus heimischen Wildblumen ausgebracht. Wenn alles gut geht, werden hier im Sommer Klatschmohn, Schafgarbe, Klee, roter Fingerhut und Lupinen blühen. Albrecht Block, Gemeinderat des Forums Althütte 2000 und ehemaliger Vorsitzender des BUND Althütte, hat die Verwaltung bei der Auswahl der Pflanzen beraten. Und die ist entscheidend für den Erfolg des Projekts. So muss zum Beispiel darauf geachtet werden, dass die Insekten über viele Monate hinweg Nahrung finden. Dies wird durch die Kombination von früh- und spätblühenden sowie ein- und mehrjährigen Pflanzen erreicht.
In diesem Zusammenhang hat Albrecht Block schon jetzt eine Bitte an die Althütter Bürger. Die blühende Fläche wird nämlich nicht allzu oft gemäht, das heißt, sie wird in gewisser Weise unordentlich aussehen, zumindest nach den Maßstäben des einen oder anderen Garten- oder Stücklesbesitzers. „Da wird sicher die Forderung kommen ,Da muss man mal aufräumen‘“, prophezeit Block und fügt hinzu: „Nein, das darf man nicht, da braucht man etwas Geduld.“ Außerdem bittet er darum, die Wiese nicht als Hundeklo zu nutzen und dort grundsätzlich auch keine Blumen zu pflücken.
Die Kosten für das Insektenhotel in Höhe von rund 1250 Euro wurden aus den Erlösen eines Konzerts unter dem Titel „Althütte musiziert“ finanziert, das örtliche Musikgruppen 2018 gemeinsam veranstaltet hatten. Die Firma Pfeil aus Waldenweiler hatte Material beigesteuert, Joachim Müller seine Arbeitszeit günstig zur Verfügung gestellt.
Bei der Präsentation dieses Vorhabens im Gemeinderat teilte Bürgermeister Reinhold Sczuka mit: „Es ist ein Wunsch von uns, dass die Bürger uns rückmelden, wo es noch weitere Flächen gibt.“
Mit dem Insektenhotel und der umgebenden Blumenwiese will sich die Gemeinde an dem Wettbewerb „Blühende Verkehrsinseln“ beteiligen, den das Verkehrsministerium Baden-Württemberg dieses Jahr zum dritten Mal ausschreibt.
Prämiert werden Rastplätze, Kreisverkehre und sonstige straßenbegleitende Flächen, die in blühende Wiesen aus heimischen Arten umgewandelt wurden. „Denn dadurch werden sie zu wichtigen Nahrungsquellen und Lebensräumen für Insekten, wie beispielsweise für die gefährdeten Wildbienen“, heißt es in der Ausschreibung.
Den Gewinnern des Wettbewerbs winkt die Auszeichnung „Goldene Wildbiene“.