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Zoff mit dem Zoll
Adelheid und Clemens Kleebaur dürfen ein Paket ihrer Tochter aus Indien nicht annehmen – Beschwerde bei der Generalzolldirektion eingelegt
Sie wollten nur den Kindern in ihrer Familie und ihrem Umfeld mit Geschenken eine Freude machen. Doch daraus wird nichts: Adelheid und Clemens Kleebaur dürfen ein Päckchen ihrer in Indien lebenden Tochter nicht annehmen, der Zoll verweigerte die Herausgabe. Die Gründe sind für die beiden nicht nachvollziehbar, sie reichen Beschwerde ein an höherer Stelle ein. Dort heißt es allerdings: Alles korrekt abgelaufen.

© Pressefotografie Alexander Beche
Clemens und Adelheid Kleebaur mit der gesamten Korrespondenz, die wegen des Päckchens bereits zustande gekommen ist. Foto: A. Becher
Von Silke Latzel
BACKNANG. Ein Päckchen von ihrer in Indien lebenden Tochter liege zur Abholung beim Zoll in Winnenden bereit, heißt es in der Mitteilung – Adelheid Kleebaur aus Maubach freut sich und fährt los. Doch beim Zoll angekommen, darf sie das Paket nicht einfach mitnehmen, sondern muss es öffnen. „Ich war kooperativ, natürlich“, so Kleebaur. Zudem habe sie ja gewusst, was das Päckchen beinhaltet: ein Paar bereits getragene Leggins, ein Kindertragetuch, zwei Gemüseschneider und 16 Trinkflaschen der Marke „Tupperware“, die, laut Kleebaur, in Indien viel weniger kosten als in Deutschland.
„Wir wollten die Flaschen
privat verschenken“
Und diese Flaschen sind es auch, die verhindern, dass Kleebaur an diesem Tag den Zoll mit Paket verlassen darf. „Nachdem ich alles ausgepackt hatte, auch die Dinge, die in Geschenkpapier eingewickelt waren, sagte die Zollbeamtin zu mir, ich dürfe die Sachen nicht mit nach Hause nehmen. Die Anzahl der Flaschen sei zu hoch und ich würde diese verkaufen.“ Kleebaur reagierte laut ihrer Aussage zunächst trotz allem noch ruhig und habe versucht, die Zollbeamtin davon zu überzeugen, dass die Flaschen nicht für den gewerblichen Gebrauch sind, sondern sie diese privat verschenken möchte – vergeblich. „Wir haben so viele Kinder in unserer Familie, da sind die 16 Flaschen im Nu verteilt.“
Für Kleebaur wird es noch absurder: „Dann hat die Zollbeamtin die Flaschen näher angeschaut und gesagt, das CE-Zeichen (siehe Infokasten) würde fehlen. Das bräuchte ich aber, damit die Flaschen in Deutschland verkauft werden dürfen. Ohne CE-Kennzeichnung kein Verkauf. Und da wurde ich dann auch wütend, denn was spielt das CE-Kennzeichen für eine Rolle, wenn ich die Flaschen gar nicht verkaufen will?!“ Aufgebracht erzählt sie weiter: „Dann wurde mir gesagt, dass es nun zwei Möglichkeiten gebe: Ich könnte das Päckchen entweder zurück an den Absender schicken lassen oder an eine übergeordnete Behörde, die dann überprüft, ob die Flaschen trotz fehlender Kennzeichnung für den deutschen Markt geeignet sind.“ Wieder versucht sie zu erklären, dass sie die Flaschen nicht verkaufen möchte. „Ich wollte keine Überprüfung, wozu auch? Also habe ich gesagt, gut, dann schicke ich das Paket zurück zu meiner Tochter.“ Ihr wird ein Papier vorgelegt, das sie unterschreiben soll: „Annahme verweigert.“ Für Kleebaur der Gipfel. „Ich hätte das Paket sehr gerne mit nach Hause genommen und natürlich auch sämtliche Zollgebühren bezahlt. Das Päckchen hat meine Tochter fast 40 Euro Porto gekostet, die Geschenke haben einen Wert von etwa 100 Euro und das ist jetzt quasi alles verloren, denn dass das Paket wieder bei ihr in Indien ankommt, halte ich für sehr unwahrscheinlich.“ Sie ergänzt kopfschüttelnd: „Und das alles nur wegen 16 Trinkflaschen. Damit fängt doch niemand einen Handel an, da braucht man doch viel höhere Stückzahlen, damit sich das lohnt.“
Für die Generalzolldirektion ist der Fall mittlerweile abgeschlossen
Kleebaurs wenden sich an das Bundesfinanzministerium, schildern den Fall und legen Beschwerde ein. Diese wird weitergereicht und Familie Kleebaur bekommt eine Antwort von der Generalzolldirektion in Bonn: „Die hohe Anzahl der Tupperwarenprodukte, der Wert der Waren (...) sowie der von Ihnen angegebene Empfängerkreis der Waren führte dazu, dass eine zollrechtliche Abfertigung als Geschenksendung leider nicht möglich war. Eine Abfertigung als Geschenksendung setzt voraus, dass es sich ausschließlich um Waren handelt, die zum persönlich Ge- oder Verbrauch des Empfängers oder von Angehörigen seines Haushalts bestimmt sind.“ Man könne auch den Unmut der beiden Backnanger in Bezug auf die Unterschrift unter dem Satz „Annahme verweigert“ zwar verstehen, bitte aber dennoch um Verständnis, dass es nur diese oder die Möglichkeit einer weiteren Prüfung gegeben habe, die Kleebaurs ja aber nicht wünschten.
Für Clemens Kleebaur ist die Sache damit noch nicht vorbei. Er schreibt an die Generalzolldirektion zurück: „Die Aussagen der Antwort würden nicht dem Sachverhalt entsprechen, er empfinde das Verhalten der Zollbeamtin in Winnenden als sehr fragwürdig.
Auf Nachfrage unserer Zeitung bei der Generalzolldirektion erfahren wir, dass zwar auch die Anzahl der Flaschen bei der Entscheidung der Zollbeamtin eine Rolle gespielt habe, aber vor allem die Tatsache, dass Kleebaurs diese an Familienmitglieder und Freunde verteilen wollten, die nicht im Haushalt leben, ausschlaggebend war. Es gäbe keine pauschale Obergrenze bei solchen Gebrauchsartikeln – das heißt: Man könne nicht sagen, dass beispielsweise vier Flaschen erlaubt gewesen wären, eine fünfte aber nicht mehr. Es gehe alleine darum, dass die Flaschen an Menschen verschenkt worden wären, die nicht im Haushalt der Kleebaurs leben.
Für die Generalzolldirektion ist der Fall mittlerweile abgeschlossen. Und für Familie Kleebaur? Bei ihnen bleibt auf jeden Fall ein bitterer Nachgeschmack zurück. Und die Kinder, die am Nikolaustag mit den Flaschen beschenkt werden sollten, bekommen jetzt andere Geschenke – und diese kommen nicht in einem Päckchen aus Indien.