Zukunftsprojekt nimmt so richtig Fahrt auf

Auf der ehemaligen Backnanger Industriebrache Obere Walke wird an mehreren Stellen gleichzeitig gearbeitet. Das künftige Pflegestift des Unternehmens Dienste für Menschen soll 75 stationäre Pflegeplätze und 40 betreute Wohnungen bieten. Der Bau liegt voll im Zeitplan.

Nach Jahren des Dornröschenschlafs geht es derzeit auf der Oberen Walke turbulent zu. Im Vordergrund entsteht das Pflegestift und entlang der Murr die Retentionsflächen. Foto: W. Kuhnle

Nach Jahren des Dornröschenschlafs geht es derzeit auf der Oberen Walke turbulent zu. Im Vordergrund entsteht das Pflegestift und entlang der Murr die Retentionsflächen. Foto: W. Kuhnle

Von Matthias Nothstein

Backnang. Die Wiederbelebung der ehemaligen Backnanger Industriebrache Obere Walke nimmt derzeit so richtig Fahrt auf. Schon seit November vergangenen Jahres baut die „Dienste für Menschen gGmbH“ direkt an der Gartenstraße und unmittelbar im Anschluss an den Edeka-Markt ein neues Pflegestift. Dieses soll künftig unter anderem über 75 stationäre Pflegeplätze in Einzelzimmern mit jeweils eigenem Bad und 40 Wohnungen für Senioren verfügen. Es ist das erste Puzzleteil für das große Zukunftsprojekt am Rande der Innenstadt, das die Dibag an dieser Stelle in Angriff nimmt.

Haus am Berg entspricht nicht mehr der Landesheimbauverordnung

Das Unternehmen Dienste für Menschen betreibt in Backnang bereits das Seniorenzentrum Haus am Berg. Der Neubau soll Ersatz für das bisherige Altenheim werden. Das neue Pflegeheim ist in jeweils 15er-Wohngruppen mit eigenen Wohnküchen und Aufenthaltsbereichen unterteilt, hat einen Garten im Innenhof und eine Produktionsküche für das gesamte Pflegestift und das Angebot Essen auf Rädern. Im Erdgeschoss ist der Sitz des Diakonischen Ambulanten Dienstes Rems-Murr, der Pflegeleistungen und hauswirtschaftliche Dienstleistungen erbringt und bislang ebenfalls im Haus am Berg untergebracht war.

Heike Schneider, die bei der Dienste für Menschen gGmbH für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, erklärt, es sei der Wunsch der Stadt Backnang gewesen, dass in dem Neubau auch die Dienstleistungen „essen, waschen, putzen“ angeboten werden. Denn in den beiden oberen Etagen des fünfstöckigen Gebäudes sind 40 betreute Wohnungen vorgesehen. Der Neubau liegt derzeit im Zeitplan, so Schneider. Wenn weiterhin alles nach Plan läuft, kann das Pflegestift im Sommer 2023 bezogen werden. Schneider lobt den präzisen Bauverlauf des Würzburger Bauunternehmens Glöckle SF-Bau, „es gibt keine Verzögerungen“.

Das neue Pflegestift Obere Walke wird der Ersatzbau für das Pflegestift in der Eugen-Adolff-Straße. Dort konnten die Anforderungen der Landesheimbauverordnung baulich nicht umgesetzt werden. Konkret geht es um die Forderung, für jeden Bewohner ein Einzelzimmer anbieten zu können. Die Zukunft des Hauses am Berg ist dennoch gesichert. Das Unternehmen Dienste für Menschen baut die Bereiche mit den bisherigen Pflegezimmern so um, dass dort künftig barrierefreie Seniorenwohnungen angeboten werden können. Pressesprecherin Heike Schneider spricht von einem „Zugewinn für Backnang“. Denn neben dem Neubau Pflegestift Obere Walke und den 40 Seniorenwohnungen entstehen so weitere neue Wohnungen im Haus am Berg. Zudem sollen die Unterstützungsangebote dort weiter ausgebaut werden.

Auch wenn die konstruktive Bebauung der Industriebrache erst jetzt in die Gänge kommt, so sind doch schon viele Vorarbeiten für die Umwandlung vom einstigen Industriegebiet zum modernen Wohnviertel erledigt worden. So sind bereits alle leer stehenden Fabrikgebäude abgebrochen. Die im nördlichen Bereich des zukünftigen Wohnquartiers liegende Gartenstraße wurde neu gestaltet und zu einer tragfähigen Haupterschließungsstraße ausgebaut. Durch Grünstreifen auf beiden Seiten und Baumpflanzungen erhielt sie den Charakter einer Allee. Am südlichen Rand des Erneuerungsgebietes wurde die Murrpromenade neu gestaltet. Die Fahrbahn wurde zurückgebaut und ein vier Meter breiter Geh- und Radweg mit Sitzgelegenheiten geschaffen.

Retentionsfläche auf der gesamten Länge entlang der Murrpromenade

Hochwasserschutz Parallel zu dem Hochbauprojekt wird der Hochwasserschutz für Backnang verbessert, indem auf dem Gebiet der Oberen Walke auf der gesamten Länge entlang der Murr eine Retentionsfläche zwischen der Murrpromenade und der künftigen Bebauung hergestellt wird. Dieser Streifen verläuft entlang einer organischen Linie und wechselt in der Breite von wenigen Metern bis hin zu 25 Metern; die maximale Tiefe beträgt eineinhalb Meter. Im Falle eines Hochwassers kann das Gebiet überflutet werden, ohne dass Schäden entstehen. Das Wasser kann dann von alleine wieder in die Murr abfließen.

Retention Die Retentionsfläche wird aktuell hergestellt. Dazu werden an der Grenze zur Bebauung Metallträger eingerammt. Die Flächen zwischen den Trägern werden mit Betonscheiben ausgefüllt. So kann der Damm auch nicht im Falle eines Hochwassers unterspült werden. Sobald die Mauer fertig ist, wird die Mulde ausgehoben. Die Erde wird – falls sie unbelastet ist – auf der Fläche wiederverwertet. Inzwischen wurde auf der Oberen Walke mit der ehemaligen Lederfabrik Langbein das letzte alte Gebäude abgerissen. Das Baumaterial wurde geschreddert; es türmt sich vor Ort zu hohen Materialbergen auf.

Städtebauförderung Die Stadt Backnang führt seit Jahrzehnten mit großem Erfolg städtebauliche Erneuerungsmaßnahmen mit Unterstützung des Landes und des Bundes durch. Backnang verdankt sein heutiges Gesicht zu großen Teilen den finanziellen Hilfen von Bund und Land, vor allem der Städtebauförderung. Aktuell wird das Erneuerungsgebiet Obere Walke abgerechnet und die Maßnahme abgeschlossen. Dank der Städtebauförderung kann eine großflächige innenstadtnahe Industriebrache so weit revitalisiert werden, dass wertvolle Grün- und Aufenthaltsbereiche direkt an der Murr geschaffen werden.

Besuch der Ministerin Dieser Tage wird sich Nicole Razavi, die Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen des Landes Baden-Württemberg, vor Ort selbst ein Bild von den bisherigen Erfolgen und künftigen Vorhaben in Backnang machen. Unter anderem gibt es auf dem Gelände der Oberen Walke Infos durch die Dibag Industriebau AG zum aktuellen Projektstand. Dibag bebaut das insgesamt fünf Hektar große Areal zwischen Gartenstraße und Murr in mehreren Teilabschnitten. Das gesamte Projekt mit Pflegeheim, Ärztehaus und 450 Wohneinheiten soll in den Jahren 2026/2027 abgeschlossen sein.

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Erstellt:
26. April 2022, 06:00 Uhr

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