Zum Abschied wünscht er sich Kölschrock

Das Interview: Über zwei Jahrzehnte hat Ralf Wörner die Geschicke der Gemeinde Allmersbach im Tal als Bürgermeister maßgeblich bestimmt. Ende dieser Woche hat der 63-Jährige seinen letzten Arbeitstag und geht in den vorzeitigen Ruhestand.

Für Bürgermeister Ralf Wörner ist Allmersbach die schönste der Gemeinden im Weissacher Tal. Doch auch in der Provence in Frankreich, wie sie in einem Gemälde in seinem Büro dargestellt ist, hält sich der baldige Ruheständler gerne auf. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Für Bürgermeister Ralf Wörner ist Allmersbach die schönste der Gemeinden im Weissacher Tal. Doch auch in der Provence in Frankreich, wie sie in einem Gemälde in seinem Büro dargestellt ist, hält sich der baldige Ruheständler gerne auf. Foto: J. Fiedler

Von Bernhard Romanowski

Sie sind zwar nicht im Schwabenland geboren, aber mittlerweile tief im Ländle verwurzelt. Was hat Sie vor 22 Jahren nach Allmersbach im Tal verschlagen?

Ich wurde in Siegen in Nordrhein-Westfalen geboren und habe meine Kindheit in Köln verbracht. Abitur habe ich in Waiblingen gemacht, in Stuttgart habe ich ein Verwaltungsstudium absolviert. Dann war ich Stellvertreter des dortigen Kämmerers und dann selber Kämmerer in der Gemeinde Baltmannsweiler. Ich hätte mich auch dort bewerben können, weil absehbar war, dass ein neuer Bürgermeister gesucht würde. Davon wurde mir aber abgeraten. Okay, dachte ich mir, hör auf den Rat.

Das Ziel, Bürgermeister zu werden, behielten Sie aber bei?

Ich habe mich dann umgeschaut nach einer Kommune, die in der gleichen Größenordnung wie Baltmannsweiler lag, also so um die 5000 Einwohner. Und dann bin ich auf die Stellenanzeige in Allmersbach gestoßen und habe zu meiner Frau gesagt: Komm, wir fahren da mal hin und schauen uns die Gemeinde an.

Und dieser erste Eindruck überzeugte Sie?

Damals fand hier in Allmersbach der Adventsbasar in der alten Kirche statt, den wir besucht haben. Danach haben meine Frau und ich gesagt: Mensch, das sind aber offene, herzliche Leute, die hier leben. Deshalb konnten wir uns gut vorstellen, unseren Lebensmittelpunkt hierher zu verlegen.

Was ist für Sie das Positive am Beruf des Bürgermeisters?

Mir hat vor allem Spaß gemacht, dass man gestalten, also was nach vorne bringen, einfach kreativ sein kann in dem Bereich.

Und was ist nicht so schön an dem Job?

Es gibt natürlich auch Menschen, mit denen man zu tun hat, die nicht sehr auf das Allgemeinwohl orientiert sind, sondern mehr auf eigene Interessen pochen. Mit solchen Leuten ist es schwierig, bei irgendetwas übereinzukommen. Aktuell fällt mir da das Stichwort „Querdenker“ ein. Aber diese Menschen sind wirklich eine Minderheit. Ich denke, man sollte dem nicht so viel Beachtung beimessen, sonst werden solche Leute überbewertet.

Wenn Sie zurückblicken auf Ihre Amtszeit: Was haben Sie für Allmersbach auf die Beine gestellt?

Was diese Bewertung angeht, wird wohl jeder seine eigenen Schwerpunkte haben. Da sind die Familien, da sind die Senioren und verschiedene andere Bevölkerungsgruppen, die hier eine Rolle spielen. Einen Nichtsportler wird es wenig interessieren, dass wir seinerzeit eine große Sportanlage erstellt haben. Das waren dicke Bretter, die wir dazu bohren mussten, bevor wir den Sporterlebnispark im Bildäcker aus dem Boden stampfen konnten. Dem ging unter anderem ein Sportentwicklungsplan voraus, den wir mit den Bürgern abgestimmt haben. Heute ist das ein überregionaler Anziehungspunkt. Dennoch überlasse ich das jedem einzelnen Bürger hier in der Gemeinde zu beurteilen, wie meine Bilanz ausfällt. Aber ich denke, dass ich schon in so ziemlich allen Lebensbereichen die Gemeinde mit nach vorne bringen durfte.

Das Wiesenfest wäre hier aber auch zu nennen, oder?

Ein grandioses Fest! Das ist damals aus dem Tag der Dorfgemeinschaft entstanden, der etwas eingeschlafen war. Das wurde dann von Markus Höfliger von der Firma Harro Höfliger Verpackungsmaschinen und von Jürgen M. Häfner vom Studio JHM unterstützt, und zwar organisatorisch als auch finanziell. In Kooperation mit den Vereinen hatte das auf Anhieb eine tolle Resonanz, obwohl viele skeptisch waren, ob wir das überhaupt stemmen können. Sie waren nachher alle begeistert. Es ist einfach schön, wenn so etwas erfolgreich ist und wenn man die Menschen zusammenbringen und für etwas begeistern kann.

Lassen Sie uns auch noch ansprechen, was Ihnen nicht gelungen ist oder was sie gerne noch erreicht hätten.

Ja, es gibt ja so gewisse Dauerbaustellen, die man mitunter schon geerbt hat. Also schon mein Vorgänger war da jahrelang mit dem Grundstück neben der alten Kirche zugange und hatte nie Erfolg. Und ich habe auch über Jahre hinweg immer wieder versucht, eine Lösung mit dem Grundstückseigner zu finden und das Areal im Sinne der Gemeinde zu entwickeln. Das besagte Grundstück ist jetzt schon im Eigentum der nächsten Generation. Die Situation hat sich deswegen aber auch nicht wesentlich verbessert. Dennoch zeichnet sich ein Licht am Ende des Tunnels ab. Aber das wird erst noch im Gemeinderat besprochen, wie es dort weitergehen könnte.

Details möchten Sie noch nicht nennen?

Nur so viel: Vielleicht wird dort ein Wohnhaus mit mehreren Einheiten entstehen. Wir würden uns auch ein Ladenlokal im Erdgeschoss wünschen, um zusätzlich die Ortsmitte zu beleben.

Wird es Patrizia Rall als Ihre Nachfolgerin im Amt leichter oder schwerer haben als Sie? Oder anders gefragt: Was werden die zukünftigen Herausforderungen sein?

Ich denke, dass die Zeiten nicht unbedingt leichter werden. Wir reden jetzt alle über Corona, aber wir haben noch ganz andere Felder zu beackern. Uns wird das Thema Klimaschutz viel, viel mehr noch beschäftigen müssen in den kommenden Jahren. Da muss meine Nachfolgerin schon Schwerpunkte setzen. Und dann beobachtet man in den letzten Jahren, dass wir es mit einer zunehmenden Differenzierung der Interessen haben. Die Interessen der Leute werden immer vielfältiger und gehen teils sehr auseinander. Da ist es natürlich schon schwieriger, in künftigen Zeiten diese Dinge zu bündeln, um dann eine gemeinsame Linie zu finden.

Sie sprachen eingangs von der 5000er-Marke bei der Einwohnerzahl einer passenden Gemeinde. Hatten Sie nie Ambitionen darüber hinaus? Haben sie nie nach Backnang oder gar Richtung Stuttgart geschielt?

Warum? Also, ich bin hier zufrieden. Die 5000er-Marke beruhte einfach auf der Erfahrung aus meiner damaligen Tätigkeit, wie so eine Gemeinde zu händeln ist. Und ab einer gewissen Größe wird es ja auch unpersönlicher. Man kann einfach nicht mehr alle oder die meisten kennen. Man überlegt sich zwar im Laufe seiner Tätigkeit schon mal: Soll man noch mal einen Sprung zu was Neuem wagen? Aber meine Frau und ich sind hier in Allmersbach sehr zufrieden.

Wo wird man denn Sie und ihre Gattin denn künftig antreffen?

Wir sind weiterhin verwurzelt in der Gemeinde. Wir haben unser Haus verkauft und eine barrierefreie Eigentumswohnung gekauft. Da fühlen wir uns jetzt seit zwei Jahren sehr wohl drin. Wir können die Tür hinter uns abschließen und ganz spontan sagen: So, ich bin dann mal weg. Ohne dass jemand kommen muss, um sich um den Garten oder so zu kümmern. Wir haben uns auch mit Blick auf die kommenden Generationen für das altersgerechte Wohnen entschieden.

Sie haben bereits angekündigt, mehr Zeit mit der Familie verbringen zu wollen – die ja gewachsen ist.

Ein Enkel ist schon da. Wir hoffen auf weitere. Das ist wirklich ganz toll: Man kann das jetzt voll und ganz genießen. Vielmehr noch als mit den eigenen Kindern. Man kann sich ausschließlich um das Kind kümmern, alles andere liegen und stehen lassen. Ich weiß noch, wie wohltuend es war, wenn wir damals unsere drei Kinder in die Obhut der Großeltern geben konnten, wenn wir total geschafft waren. Jetzt können wir unseren Kindern mal sagen: Ihr könnt am Samstagabend ausgehen und am Sonntagmorgen ausschlafen – wir kümmern uns um die Kinder.

Da gibt es ja auch noch das Wohnmobil, das Sie sich zugelegt haben. Den Weg nach Frankreich findet das Gefährt schon fast von alleine, oder?

Ja, in der Provence waren wir bis jetzt am häufigsten, wenn wir nach Frankreich fuhren, weil es uns immer wieder dorthin zieht. Aber wir waren eigentlich schon in allen Ecken Frankreichs. Letztes Jahr waren wir in der Bretagne, und dieses Jahr ist eigentlich angedacht, vom Atlantik ans Mittelmeer entlang der Pyrenäen zu fahren. Das ist zumindest der Plan. Wenn wir denn wieder dürfen...

Sprechen Sie Französisch?

Leider nicht. Ich habe das große Latinum gemacht – immerhin. Ich kann Baguette kaufen gehen und mir einen Wein bestellen, dafür reicht es. Aber meine Frau kann Französisch und hilft, wenn ich mit meinem Gestammel nicht weiterkomme.

Die frühere Heimat lockt Sie nicht mehr?

Das Rheinland ist insofern ein Thema, dass wir nach wie vor, wenn sich die Möglichkeit bietet, mal zum Karneval da hochfahren. Wir haben auch Verwandtschaft in Nordrhein-Westfalen und machen ab und an unsere Freundschaftsbesuche dort.

Die Bande nach Köln bestehen auch noch?

Nach wie vor. Ich liebe ja die Stadt Köln. Ich sage immer, das ist die meist besungene Stadt der Welt. Deshalb bin ich froh, dass es wenigstens ein Allmersbach-Lied gibt. Wenn alle aufstehen und mitsingen, so quasi als Hymne, dann schafft das Verbundenheit zu so einem Ort, finde ich. Und würde derzeit keine Coronapandemie herrschen, würde ich alles daransetzen, die Kölner Band Brings zu meinem Abschied nach Allmersbach zu holen. Deren Kölschrock-Hit „Superjeile Zick“ (hochdeutsch: supergeile Zeit) würde meine Amtszeit genau auf den Punkt bringen.

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Erstellt:
26. April 2021, 06:00 Uhr

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