Zum Klimaschutz gibt es keine Alternative
Beim „Runden Tisch Windkraft“, zu dem Grünen-Landtagsabgeordneter Ralf Nentwich eingeladen hatte, ist man sich einig, dass die Nutzung auch dieser Form der erneuerbaren Energien wichtig ist. Diskutiert werden Rahmenbedingungen wie Artenschutzaspekte und Verfahrensfragen.
Von Carmen Warstat
Murrhardt. Dass kein Weg an der Windkraft als einer von mehreren erneuerbaren Energien vorbeiführt, darüber war man sich beim „Runden Tisch Windkraft“ im Murrhardter Büro des Grünen-Landtagsabgeordneten Ralf Nentwich einig, und der Gastgeber, der auch Sprecher für Ernährung und digitale Bildung ist, freute sich über die „kleine gemütliche Runde in lockerer Atmosphäre“, die er zum Abschluss auch als einen „schönen Thinktank“ bezeichnete. Mehrere Teilnehmerinnen und Teilnehmer gaben sogenannte Inputs, kurze Referate, die Standpunkte der jeweils von ihnen vertretenen Einrichtung oder ihre Erfahrungen zusammenfassten.
Gekommen waren Jutta Niemann, Grünen-Landtagsabgeordnete und Energie-, Klima- und Umweltexpertin, Simon Kistner, Amtsleiter für Umweltschutz im Landratsamt, Martin Fischer, Karl Greißing und Markus Koch vom Klimabündnis Rems-Murr, Oppenweilers Bürgermeister Bernhard Bühler, Welzheims Bürgermeister Thomas Bernlöhr, Matthias Spinnler und Rolf Heller von der Energiegemeinschaft Weissacher Tal, Luca Bonifer vom Naturschutzbund (Nabu), Hannah Gruner und Michael Soukup von der EnBW sowie Ralf Nentwichs Büroteam mit Anne Kowatsch, Juliana Eusebi und Nadine Schmid.
Möglichkeit, Anlagen bei wenig Wind abzuschalten, könnte Arten schützen
Obwohl divergierende Interessen aufeinandertrafen, herrschte Konsens darüber, dass gerade auch die Windkraft Arten vor dem Klimawandel schützen kann. Andere windkraftsensible Arten freilich gelte es zu berücksichtigen, sagte beispielsweise die Nabu-Vertreterin Luca Bonifer, die einige der Forderungen des Naturschutzbundes zur besseren Vereinbarkeit von Windenergie und Artenschutz zusammenfasste und eine Sensibilitätskarte für Fledermäuse zeigte. Es gehe um Artenschutzprogramme wie das Fledermausschutzkonzept, das Rückzugsräume für die gefährdete Spezies vorsieht. Auch technische Abschaltvorrichtungen seien bei weniger als sechs Meter pro Sekunde Windgeschwindigkeit geeignet, Arten zu schützen und die Akzeptanz für Windkraft aufseiten der Kritiker zu erhöhen. Auf jeden Fall wolle der Nabu an der Entwicklung der Windkraft mitarbeiten, denn: „Klimaschutz ist auch Artenschutz.“
Michael Soukup von der EnBW stellte klar, dass der Konzern als Betreiber mit jeder Kilowattstunde rechne und dass es wichtig sei, „genügend Fläche für Windräder zu bekommen“. Man verfolge die gleichen Ziele wie der Nabu und benötige acht bis zehn Prozent Flächenpotenzial, um am Ende zwei Prozent tatsächlich zu bekommen, weil die Erfolgsquote gerade mal bei 20 Prozent liege. Vorrangflächen für Naturschutz und Windenergie müssten her, und Ausnahmen dürften „nicht zum Regelfall werden“. Das Baden-Württemberger Planungsrecht habe keine Vorranggebiete und müsse daher angepasst werden.
Grünen-Landtagsabgeordnete Jutta Niemann begrüßte dies mit den Worten: „Wir sind diesbezüglich sehr weit in Baden-Württemberg, wir kennen die Flächen und haben sie kartiert.“ Man müsse jetzt sehen, was der Bund macht. „Was können wir im Rems-Murr-Kreis tun?“, fragte Michael Soukup hingegen. „Wo weht genügend Wind?“ Ein sehr verlässliches Planungsinstrument sei der Windatlas, den man aber auch richtig interpretieren müsse, sagte Jutta Niemann dazu. Der wichtigste Wert sei die Windleistungsdichte, denn sechs Meter pro Sekunde auf der Rheinebene seien etwas anderes als der gleiche Wert hier bei uns. Es gebe aber einige windhöfige Gebiete im Rems-Murr-Kreis und damit „genügend Potenzial“.
Drehfunkfeuerproblem löst sich, der Bau einer Anlage dauert aber noch lange
Indes: Raumplanung und Genehmigungsverfahren seien zwei Paar Schuhe, es sei eine politische Entscheidung, wie man mit der Raumplanung umgehe. „Wir müssen bei dem Thema an die Schmerzgrenze gehen und Fragen stellen, die wehtun.“ Immerhin: Bestimmte Restriktionen dürften fallen, nachdem die Deutsche Flugsicherung das Drehfunkfeuer bei Affalterbach im nächsten Jahr abschalten will. Jutta Niemann betonte, wie wichtig der Ausbau der erneuerbaren Energien sei, habe man bereits vor dem Ukrainekrieg gewusst, jetzt sei dies um so deutlicher geworden.
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Man sei „bei der Windkraft nicht so weit wie gewünscht“, auch weil mit der Umstellung der Förderung auf die Bundesebene 2016 bestimmte Erfolge eingebrochen seien. Es dauere heute durchschnittlich rund sieben Jahre von der Idee bis zum Bau einer Windkraftanlage. Ziel sei die Halbierung dieser Zeit, dazu gebe es Arbeitskreise und: „Der Landtag hat das Widerspruchsverfahren abgeschafft.“