DAZN-Reporter Mario Rieker: Die 90 Minuten bleiben ihm das Wichtigste

Als Reporter beim Bezahlsender DAZN Mario Rieker zweifelsfrei Teil der Unterhaltungsmaschinerie rund um den Profifußball. Die Liebe zum Spiel selbst hat sich der 36-Jährige, der in Spiegelberg aufgewachsen ist und für den SVS gekickt und gepfiffen hat, aber trotzdem bewahrt.

Fieldreporter Mario Rieker wartet auf das Interview, während Leverkusens Meistertrainer Xabi Alonso noch verkabelt wird. Foto: Imago

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Fieldreporter Mario Rieker wartet auf das Interview, während Leverkusens Meistertrainer Xabi Alonso noch verkabelt wird. Foto: Imago

Von Steffen Grün

Ohne Fußball geht es bei Mario Rieker auch im Urlaub kaum. Als er seinen Sohn vor einem Jahr kurz vor dem sechsten Geburtstag alt genug fand, um ihn erstmals ins Stadion mitzunehmen, kaufte er für sich, seine Partnerin und den Kleinen drei Karten für das Spiel AC Florenz gegen AS Rom. Nun weilt die Familie wieder in der Toskana, nun stehen Tickets für die Partie des FC Empoli gegen AS Rom auf der Wunschliste. „Ein kleines Stadion und der Gastgeber kämpft am letzten Spieltag um den Klassenerhalt“, erläutert Mario Rieker seine Auswahl. Wie die Liebsten reagieren, wenn er mal wieder mit einer seiner typischen Ideen ankommt? „Es wird manchmal mit den Augen gerollt“, verrät der 36-Jährige lachend, „aber eigentlich haben alle Lust darauf.“ Zum Glück, denn für die Heimreise schwebt ihm noch ein kurzer Stopp in Venedig vor – falls der Zweitligist aus der Lagunenstadt ins Finale der Aufstiegsspiele zur Serie A einzieht.

Keine Frage: Mit seinem Job im Fußballgeschäft hat Mario Rieker sein Hobby zum Beruf gemacht. Ihm ist bewusst, dass er als Kommentator und erst recht als Fieldreporter bei DAZN, der den Bundesliga-Stars sofort nach dem Abpfiff das Mikro hinhält und sie mit Fragen löchert, fester Bestandteil des oft kritisierten Kommerzspektakels ist. Dass man es ihm trotzdem abnimmt, dass „mich die 90 Minuten weiter am meisten faszinieren und mir ein großes Endspiel in Saudi-Arabien zu weit gehen würde, weil der Fußball immer noch den Fans gehört“, liegt nicht nur an seinen Urlaubsritualen. Es hat mit dem gesamten Werdegang zu tun.

Erst als Assistent, später als Reporter auf Heidenheims Frank Schmidt getroffen

Begonnen hat alles beim SV Spiegelberg, für den Mario Rieker bis zur A-Jugend kickte, nachdem er mit acht Jahren in den Ortsteil Großhöchberg gezogen war. Selbst dem runden Leder nachzurennen, genügte dem Bub nicht. Er wurde Schiedsrichter, pfiff mit 15 Jahren in Unterweissach sein erstes Aktivenspiel und stand später immerhin in der Bezirksliga unter Beobachtung. Als Assistent winkte er bis hinauf in die Oberliga und traf in dieser Rolle unter anderem auf Frank Schmidt, als der sein letztes Heimspiel für den damaligen Oberligisten Heidenheim vor dem Wechsel auf die Trainerbank absolvierte. „Er hat sich tatsächlich daran erinnert“, berichtet Mario Rieker vom späteren Wiedersehen als Fieldreporter mit dem mit seinem Verein in die Bundesliga aufgestiegenen Coach: „Das ist ein guter Typ.“

Sein eigener Weg in das Fußballbusiness begann mit einem Sportjournalismus- und Sportmanagementstudium in München. Da lebt er bis heute, während sein Stiefvater weiter in Großhöchberg wohnt, die Mutter in Maubach. Ein Praktikum bei Sport1 und das Volontariat bei Sky, in dem „man vieles ausprobieren konnte, weil es ein junger Sender war“, verschafften ihm das Rüstzeug für den Redakteursjob beim Fernsehen, den er anfangs meist hinter der Kamera ausübte. „Ich habe aber immer mehr gemerkt, dass ich mit meiner Stimme arbeiten will.“

Dem Traum vom Livekommentator näherte er sich, als 2016 „nebenan DAZN aufgemacht hat“ und er eine Stelle für internationalen Fußball ergatterte. Seine Stunde schlug, als beim WM-Quali-Spiel Slowakei gegen Litauen der Mann am Mikro kurzfristig fehlte und der Redakteur erst während der Nationalhymnen in die Kommentatorenbox beordert wurde. „Ich kannte insgesamt vielleicht fünf Spieler“, erzählt Rieker lachend vom Sprung ins kalte Wasser. Es ging gut, da ihn ein Kollege nach und nach mit Infozetteln versorgte, doch eine professionelle Arbeitsweise sieht anders aus. Bekommt er heute eine Partie zugeteilt, dauert die Vorbereitung bis zu drei Arbeitstage, „an denen man die Vita jedes Spielers einmal durchgeht“, Statistiken sichtet, Zeitungen liest, Pressekonferenzen verfolgt und Hintergrundgespräche mit Trainern führt, die dafür das nötige Vertrauen haben.

Als Kommentator mal im Stadion
und mal nur in der Box in Ismaning

Zu den Spielen in der gerade beendeten Saison, die Mario Rieker aus dem Stadion kommentierte, zählte das rheinische Derby zwischen Köln und Gladbach, „die besondere Stimmung war bis auf die Pressetribüne zu spüren“. Etwas völlig anderes ist es, nur in der Kommentatorenbox in Ismaning zu sitzen und sich mit dem TV-Bild begnügen zu müssen. Wie es gemacht wird, „ist stets eine redaktionelle Entscheidung“ und hängt von der Bedeutung der Partie ab, bei den Duellen der italienischen Serie A ist Letzteres aus finanziellen Erwägungen die Regel.

Zwingend vor Ort ist der Fieldreporter. Mario Rieker war das zuletzt bei Leverkusens 5:0 in Bochum, als vom Meister unter anderem EM-Teilnehmer Robert Andrich sein Gesprächspartner war. Nicht so Florian Wirtz, was aber nichts mit dem Interview zu tun hatte, das nach Bayers 3:2 in Freiburg viral ging, sich also rasend schnell im Netz verbreitete. Über den Knopf im Ohr auf ein Bild vorbereitet, das den Profi möglicherweise mit den Großeltern zeige, fragte Rieker: „Oma und Opa?“ Weil es Wirtz’ Eltern waren, nannten vor allem die Boulevardmedien den Dialog eine Blamage oder ein Fettnäpfchen, sogar TV Total sprang auf diesen Zug auf. „Vor fünf Jahren hätte ich mir das sehr zu Herzen genommen“, ahnt Rieker, heute nicht mehr: „Ich konnte sehr schnell darüber lachen, die Familie Wirtz ja auch. Wenn es mir für einen leidgetan hat, dann für ihn. Er hat es supersympathisch gelöst.“

Ein Moment, an den sich der Reporter immer gerne erinnern wird, ist sein letztes Gespräch mit Freiburgs Ex-Coach Christian Streich. „Ich habe immer einen Zugang zu ihm gefunden, obwohl es Dinge gibt, die er lieber mag als Interviews“, sagt Mario Rieker schmunzelnd. „Er ist ein besonderer Trainer und Mensch.“ Einiges hat der Journalist, der selbst Werder-Fan ist und mit Bremen „früher schon viel durch Europa getourt ist“, in seiner Zeit bei DAZN schon erlebt – vieles soll noch kommen. Etwa bei einem Champions-League-Spiel mit deutscher Beteiligung im Stadion zu arbeiten. Sein großer Traum ist es wegen der auch im Urlaub ausgelebten Affinität zum italienischen Fußball aber, das Mailänder Derby live aus dem San Siro, „einem der grandiosesten Stadien Europas“, zu kommentieren.

Fakten rund um DAZN

Entwicklung Der kostenpflichtige Streamingdienst, der Sportübertragungen über das Internet anbietet, wird seit August 2016 von der DAZN Group mit Sitz im Vereinigten Königreich betrieben. Erstes Ausrufezeichen war der Erwerb der Rechte an der Premier League für Deutschland, Österreich und die Schweiz ab der Saison 2016/2017, die vorher Sky Deutschland besessen hatte. Hinzu kamen unter anderem WM- und EM-Qualifikationsspiele, Champions-League-, Europa- League- und Bundesliga-Partien sowie weitere nationale Ligen. Neben Fußball sind viele weitere Sportarten im Angebot. Für Kritik bei Nutzern sorgten in jüngerer Vergangenheit verschiedene Preiserhöhungen und Änderungen an den Inhalten gebuchter Pakete.

Name DAZN steht für „Da Zone“, im Englischen ein umgangssprachlicher Ausdruck für „The Zone“ – zu Deutsch: die Zone. Diese Bezeichnung wird vor allem in den USA oftmals verwendet, um den vollkommenen Fokus von Sportlern auf das bevorstehende Spiel oder Event zu beschreiben.

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Erstellt:
25. Mai 2024, 06:00 Uhr

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