Kooperationen bieten für Schulen und Vereine einen enormen Mehrwert

Serie Talente suchen, finden, fördern (Folge 13) Viele Vereine haben das Ziel, über Kooperationen mit Schulen und Kindergärten zusätzlichen Nachwuchs zu gewinnen. Von diesen Projekten profitieren aber auch die Partner, die dadurch eine größere sportliche Vielfalt anbieten können.

Rainer Dietrich erklärt den aufmerksamen Drittklässlern aus Großerlach, wie sie erst dribbeln und dann abziehen sollen. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Rainer Dietrich erklärt den aufmerksamen Drittklässlern aus Großerlach, wie sie erst dribbeln und dann abziehen sollen. Foto: Alexander Becher

Von Steffen Grün

Bereits am frühen Morgen sind die rund 20 Drittklässler, die sich auf dem Sportplatz in Großerlach tummeln, hellwach. Die Buben und Mädchen dribbeln mit konzentriertem Blick durch den Hütchenparcours, um dann mit Schmackes abzuziehen. „Nicht mit der Spitze, sondern mit der Innenseite“, bläut Rainer Dietrich den Kindern die favorisierte Schusstechnik ein. Der 60-Jährige würde sofort als Sportlehrer durchgehen, ist es aber nicht. Was ihn stattdessen immer wieder an die Grundschule in seinem Heimatort führt, ist die Rolle als Triebfeder der Kooperation mit den Sportfreunden Großerlach. Dietrich, der zugleich der Vorsitzende des Vereins mit vier Abteilungen ist, stattet in der Regel allen vier Klassen einen jeweils einstündigen Besuch pro Woche ab. Das sind 73 Schüler, die unter seiner Regie meistens Tischtennis oder Fußball spielen. Die Hoffnung ist, dass sich möglichst viele dieser Kinder über kurz oder lang den Sportfreunden anschließen.

Grundschule mit Sportprofil

Ein Wunsch, den die Rektorin ausdrücklich teilt. Ingrid Birkendorff-Schwarz sieht aber auch einen enormen Mehrwert für ihre Lehranstalt, weil die Kooperation zum Profil einer sport- und bewegungsorientierten Grundschule passt und die sportliche Vielfalt erhöht. Sie ist ein weiterer Baustein neben den drei Sportstunden pro Woche und den beiden 20-minütigen „Bewegungspausen“, zu denen Vormittag für Vormittag geläutet wird. „Da wird nicht gevespert“, betont die Schulleiterin. „Die sind nur für die Bewegung da.“ Während sie das erzählt und von den perfekten Voraussetzungen mit der Sporthalle und dem Sportplatz in unmittelbarer Nachbarschaft schwärmt, ist auf dem Rasen ein improvisiertes Torwandschießen in vollem Gange. Am Fangzaun befestigt, taugen zwei Hula-Hoop-Reifen als „Löcher“ – eine witzige Idee, die bei den Kindern gut ankommt und ihren Ehrgeiz anstachelt. Das zeigt sich, als sie vom Platz gehen. „Ich habe 22 Punkte gemacht“, ruft Leon stolz und klatscht mit Ingrid Birkendorff-Schwarz ab.

Tischtennisspieler und Fußballer profitieren

Die Rektorin, die zugleich Sportlehrerin ist, hat viel Freude mit der Kooperation und ist nach den Einschränkungen in der Hochphase der Coronakrise sehr froh, dass seit einigen Monaten alles wieder normal läuft. Ihr Lob gilt vor allem „Didi“, wie Rainer Dietrich auch von allen Schülern genannt wird: „Er ist bei den Kindern sehr beliebt.“ Der so Gepriesene hört es, winkt kopfschüttelnd ab und sagt: „Es geht nicht um mich, sondern um die Kinder.“ Und den Verein, der von der Kooperation sowie dem Extratraining, das der Vorsitzende einmal pro Woche anbietet, offenbar in hohem Maße profitiert. Vor der Pandemie waren die Fußballer bereits drauf und dran, nach mehreren Jahren mal wieder eine Jugendmannschaft melden zu können, „weil ein Kind meistens eine ganze Clique mitbringt“. Bei den Tischtennisspielern hat die Coronazeit dafür gesorgt, dass nur noch ein Nachwuchsteam übrig geblieben ist. Zur neuen Saison gibt’s wohl wieder ein zweites, „das hätte ich ohne die Kooperation nicht“.

Eine Schülerin holt auf der Anlage der TSG Backnang zu einem Volleyschlag aus. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Eine Schülerin holt auf der Anlage der TSG Backnang zu einem Volleyschlag aus. Foto: Alexander Becher

Auf solche positiven Entwicklungen spekulieren auch alle anderen Klubs, die einen Pakt mit Schulen und teils auch mit Kindergärten schließen. Zu den absoluten Vorreitern in diesem Bereich zählte die TSG Backnang Tennis, die auf Initiative ihres damaligen Co-Trainers Jiri Javorsky bereits vor 21 Jahren mit „Backnang Go Tennis“ startete. Ein Projekt, das seitdem einige Preise abgeräumt hat – allen voran 2009 den Fritz-Kütemeyer-Ehrenpreis des Deutschen Tennis- Bundes für die beste Kooperation zwischen Schule und Verein. „Darauf sind wir stolz“, sagt der Vorsitzende Klaus Lindner, dem allerdings noch wichtiger ist, dass das Projekt nichts von seiner Strahlkraft eingebüßt hat. Es beteiligen sich weiterhin alle Grund- und Gemeinschaftsschulen sowie ein Kindergarten und das Max-Born-Gymnasium, „wenn auch mit schwankenden Kinderzahlen“. Unter dem Strich macht das derzeit insgesamt fünf Gruppen, die auf den TSG-Plätzen den Umgang mit der gelben Filzkugel erlernen. Wie vor der Coronakrise soll darüber hinaus im nächsten Schuljahr wieder eine zusätzliche Gruppe in der Halle der Grundschule in Maubach dazukommen, verrät Lindner.

TSG Tennis hofft auf Zuwachs

„Wir wollen die Kinder für Bewegung im Allgemeinen und für Tennis im Speziellen begeistern“, sagt der Vorsitzende, der sich gemeinsam mit Renate Keles sowie Jugendwart und Coach Florian Jakob um diese Kooperationen kümmert: „Ich besuche fast alle Schulen selbst, denn es erfordert ein persönliches Vertrauensverhältnis.“ Das wohl wichtigste Kriterium für die Lehranstalten sei die Verlässlichkeit. Zu wissen, dass auch für Ersatz gesorgt wird, falls der eigentliche Trainer mal ausfällt. Für den Verein geht es dagegen darum, „dass möglichst viele Kinder hängen bleiben und wir vielleicht auch die Eltern gewinnen“, betont Klaus Lindner.

In der Serie „Talente suchen, finden, fördern“ berichten wir, was es braucht, um es vom kleinen zum großen Sportler zu bringen. Unter anderem geht es um Sichtung und Training in Vereinen und Verbänden.
Kooperationen und Wettbewerb

Zahlen Etwa 50 Vereine und 80 Schulen bekamen vom Württembergischen Landessportbund im Schuljahr 2021/2022 einen Zuschuss für rund 240 Kooperationen. Darunter befanden sich die TSG Tennis, die TSG 1846 mit den Abteilungen Fechten, Volleyball und Sportkegeln, der SV Burgstall, die SF Großerlach, der TV Murrhardt, der SC Fornsbach, der TC und der TTV Burgstetten, die SG Weissach im Tal mit den Abteilungen Handball und Turnen, der SV Unterweissach Tennis und das TSZ Weissacher Tal. Hinzu kamen die Kooperationen mit den Kindergärten.

Wettbewerb Für einfache Kooperationsmodelle, die nicht unter die WLSB-Zuschussregeln fallen, hat der Sportkreis Rems-Murr mit den Volksbanken in der Region einen Wettbewerb mit zwei Kategorien ausgeschrieben. Erstens: ein Sporttag, den ein Verein mit einer oder mehreren Schulen bis spätestens 15. Oktober ausrichtet. Zweitens: eine kurze Kooperation für vier bis acht Wochen mit ein bis zwei Stunden pro Woche, zum Beispiel zur Vorbereitung auf Jugend trainiert für Olympia. Die Bewerbungen sind bis 30. September an britta.metz@sk-rm.de zu richten.

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Erstellt:
16. Juli 2022, 06:00 Uhr

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