Lukas Adrion ist im Matsch am schnellsten
Der Backnanger trotzt beim 17. Lautertal-Bikemarathon den schwierigen Bedingungen und fährt zum Sieg über die Langdistanz. Herbert Häußer aus Weissach im Tal hat noch kein Rennen in Spiegelberg verpasst und lässt mit 75 Jahren auch dieses Mal viele jüngere Fahrer hinter sich.
Von Steffen Grün
Wer sich Spiegelberg von Sulzbach nähert, ahnt sofort, dass etwas anders ist als an anderen Sonntagen: Mehrere Biker sind in aller Herrgottsfrühe unterwegs. Wer das Ortsschild passiert, hat Gewissheit: Der Lautertal-Bikemarathon steht an, bereits zum 17. Mal. Auto an Auto reiht sich am Straßenrand auf, weil die Parkplätze nahe Start und Ziel beim Sportplatz rar und längst belegt sind. Die Räder werden aus dem Kofferraum gefischt oder vom Dachträger geholt. Dann geht’s in die Pedale tretend den steilen Anstieg dorthin hinauf, wo das Rennen startet. Es ist nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was die über 500 Sportlerinnen und Sportler später im Rennen erwartet: nämlich eine Runde mit 27,6 Kilometern und 735 Höhenmetern, die anspruchsvoll und abwechslungsreich ist. Sie wird von den meisten nur einmal, von vielen zweimal und nur von den ganz Hartgesottenen dreimal gedreht.
17. Lautertal-Bikemarathon
Spiegelberg ist ein Hotspot der Bikerszene - das zeigte sich beim 17. Lautertal-Bikemarathon ein weiteres Mal. Über 500 Sportlerinnen und Sportler standen an der Startlinie, nicht alle erreichten bei schwierigen Streckenverhältnissen das Ziel. Unser Fotograf Alexander Becher hat einige Impressionen eingefangen.
Zu denen, die sich das Maximum antun, gehören zwei Jungs aus den Niederlanden: Sven Pollaert und Niels Luiten, die eigentlich U-23-Straßenrennen mit dem Rennrad in ganz Europa bestreiten und von der Tour de France träumen. Ihre Saison ist aber vorbei und sie gönnen sich derzeit einen Kurzurlaub in der Region. Ganz ohne Sport und Training geht’s aber nicht, zumal sie nächste Woche bei den niederländischen Mountainbike-Titelkämpfen in Maastricht starten möchten. Der Lautertal-Bikemarathon, den sie auf einer niederländischen Internetseite entdeckt haben, dient deshalb der Vorbereitung. „Das Rennen klang interessant“, sagt Sven Pollaert, kennt aber die Tücken: „Es ist hier sehr bergig, das sind wir nicht gewohnt.“ Es gehe vor allem darum, Spaß zu haben, betont Nils Luiten, offenbart dann allerdings doch einen maßvollen Ehrgeiz: „Wir hoffen auf eine Top-Ten-Platzierung.“
Das Duo aus den Niederlanden landet auf den Plätzen sechs und sieben
Im Wettstreit mit Spezialisten für knackige Anstiege und rasante Singletrails, die andauernd auf matschigen Wald- und Wurzelwegen unterwegs sind, ist das keine Selbstverständlichkeit. Nach der ersten Runde ist das Duo aus dem Nachbarland aber auf Kurs und führt die dritte Gruppe an – davor zwei Trios, die rund 20 Sekunden trennen. Mit an der Spitze: Lukas Adrion. Der für die RSG Heilbronn startende Backnanger, der auch vor allem auf der Straße aktiv ist, setzt sich anschließend zusammen mit Lukas Koller aus Kirchheim unter Teck ab. „An einem der steilsten Berge habe ich in der dritten Runde attackiert und ihn distanziert“, berichtet der 34-Jährige, der bislang stets nur zwei Runden gedreht und Platz zwei belegt hat. Nun also Erster in 3:35:04 Stunden – und das bei schwierigen Bedingungen mit „richtigen Matschlöchern. Die Steuerkünste waren ausschlaggebend. Der Erfolg wäre ohne Hannes Schneider von Radsport Schneider, der mein Bike noch einmal top eingestellt hat, nicht möglich gewesen.“ Und die zwei Niederländer? Werden Sechster und Siebter, mit den Top Ten hat es also geklappt.
Zwei Schleifen dreht eine Landsfrau mit der weitesten, etwa 640 Kilometer langen Anreise: Marleen Stroomer aus Zwaag am Markermeer. „Ich fahre viele Bikemarathons und andere Rennen in Deutschland. Es ist ein wunderschönes Land mit tollen Veranstaltungen“, sagt sie, ehe es losgeht. Sie belegt in 4:07:46 Stunden Platz vier unter nur acht Frauen, doch das ist Nebensache: „Ich komme nicht alleine wegen der Rennen, sondern auch für Wanderungen, Radtouren und Stadtbesichtigungen.“ Wüstenrot steht am Nachmittag auf dem Programm, bevor es zurück nach Beilstein geht, wo Marleen Stroomer für vier Nächte untergebracht ist.
Der älteste Teilnehmer ist zugleich auch eine der treuesten Seelen: Herbert Häußer vom RSV Unterweissach steht beim 17. Lautertal-Bikemarathon zum 17. Mal am Start und nimmt sich eine Runde vor. Warum? „Weil es einfach Spaß macht, sich mit anderen Fahrern zu messen und seine Grenzen auszuloten.“ Das ist aber nicht seine einzige Motivation, ihm geht es auch ums Gesellige: „Ich finde es toll, wie der ganze Ort hinter dieser Veranstaltung steht. Wir sitzen nachher noch bei einem guten Essen zusammen. Und dazu trinken wir ein Bier, wie sich das gehört.“ Dass er in 1:43:57 Stunden auf dem 91. Platz unter 202 Männern ins Ziel rollt, ist eine starke Leistung – dass er es in der nach oben offenen Ü 60 mit weitaus jüngeren Rivalen zu tun hat und in seiner Altersklasse daher nur Zehnter wird, ist ihm egal: „Ich fahre hier zwar nicht spazieren, aber die Platzierung ist mir nicht das Wichtigste.“ Sein Urteil zum Zustand der Strecke in diesem Jahr: „Manchmal sehr gut, manchmal sehr seifig. Kein tiefer Schlamm, aber vor allem bei den Abfahrten sehr schwierig zu fahren.“ Falls die Gesundheit mitspielt und er sich fit fühlt, sei er auch 2025 dabei, kündigt Herbert Häußer schon einmal an.
Aber nicht mit dem E-Bike, obwohl sich die Sonderwertung mit einer Runde wachsender Beliebtheit erfreut. Daniel Kelm aus Spiegelberg ist erstmals dabei, „bislang habe ich immer als Streckenposten geholfen“. Im Kreise der Kumpels entstand eine Gruppendynamik, die zum Start geführt hat. Ihr Problem: Sie fahren sonst vor allem Singletrails und damit den Berg hinab. „Bergauf ist nicht so unser Ding, deshalb fahren wir immer mit dem E-Bike“, verrät er lachend. Platz elf unter 44 Männern habe er den Abfahrten zu verdanken: „Da haben wir immer Boden gutgemacht.“ Sollten die Biker ohne elektronischen Antrieb die Fahrer mit dieser Hilfe mal belächeln, „stehen wir drüber, das macht uns gar nichts. Der Spaß steht im Vordergrund.“ Wie für so viele, die nach Spiegelberg pilgern. Die Lautertalgemeinde ist längst ein Hotspot der Bikerszene.
Fotos und Video Eine Bildergalerie mit Impressionen vom Lautertal-Bikemarathon, die unser Fotograf Alexander Becher eingefangen hat, ist im Lauf des heutigen Tages im Internet unter www.bkz.de zu finden. Im Online-Artikel kommt noch ein Video dazu.