Pavlos Osipidis: „Drin zu bleiben ist das, was am Ende zählt“
Interview Für die TSG-Fußballer und ihren Trainer ist die Winterpause beendet. Morgen um 14 Uhr startet der Oberliga-Elfte beim Fünftletzten FC Denzlingen ins zweite Halbjahr. Für den neuen Coach ist das Nachholspiel die erste Bewährungsprobe als Cheftrainer.
Herr Osipidis, sind Sie und das Team nach drei Monaten Pause bereit für den Wiederbeginn? Für Sie ist es ja sogar ein richtiger Neustart.
Mental sind wir das auf jeden Fall. Wir freuen uns darauf, dass es endlich wieder losgeht. Eine Vorbereitung macht selten Spaß, die im Winter am allerwenigsten. Selbst wenn man so wie wir eigentlich ganz gut durchgekommen ist. Einzig eine Woche, in der wir viele Erkältete und entsprechend viele Ausfälle hatten, war nicht so schön.
Ist die Partie nicht nur einfach eine von noch 16 Partien in dieser Saison? Ist das Nachholspiel eine Art Bonusspiel?
Das sehe ich ein wenig anders. Diese Begegnung ist sehr wichtig, weil es einfach das erste Punktspiel nach der Winterpause ist. Da gilt es, gut reinzukommen, sich gleich richtig Selbstvertrauen zu holen.
Um mit der TSG was zu erreichen?
Auf jeden Fall, um die Klasse zu halten. Da drinzubleiben ist das, was am Ende zählt in einer so ausgeglichenen Liga. Hier gibt es oben drei bis fünf Teams, die sich ein wenig abheben. Alle anderen bewegen sich auf einem ähnlichen Niveau. Wir haben die Möglichkeiten, nicht in Abstiegsgefahr zu geraten. Das ist keine einfache Aufgabe, aber was im Leben ist schon einfach.
Ist auch ein positives Fazit für die Testspiele schwierig? Gegen die VfB-A-Jugend sowie je zwei Verbands- und Landesligisten gab es drei Siege, eine Niederlage und ein Unentschieden. Nicht schlecht, aber auch nicht überragend.
Vielleicht war es von den Ergebnissen nicht überzeugend, da es gegen die Landesligisten Heimerdingen und Oeffingen nur ein 1:0 und ein 2:1 gab. Aber die Leistung beim 3:1 gegen Dorfmerkingen war gut. Das gilt bis auf die letzten zehn Minuten auch fürs 1:1 gegen die Sport-Union Neckarsulm. Und beim 3:5 in Stuttgart waren wir erst drei Tage im Training und noch nicht so weit wie der Gegner, der viel früher angefangen hat.
Aber gegen Heimerdingen und Oeffingen hätte es etwas mehr sein dürfen?
Dass wir uns gegen Teams, die so wie beide Landesligisten tiefstehen, schwertun, ist ja nicht neu. Wir müssen in solchen Situationen bei Ballbesitz einfach noch bessere Lösungen finden, müssen schneller spielen. Dafür war unser Gegenpressing gut, wir sind nicht ständig in Konter gelaufen.
So ähnlich hat Ihr Vorgänger Mario Klotz auch oft argumentiert.
Es ist ja auch keine neue Erkenntnis, dass eine Weiterentwicklung in der Offensive ein längerer Prozess ist. So etwas braucht Zeit. Verbesserungen in der Defensive sind einfach schneller zu bewerkstelligen. Aber vorne, da geht es um automatisierte, präzise Abläufe und es geht um Eingespieltheit sowie viel Geduld für den richtigen Moment.
Inwieweit helfen da Muhamad Sanyang und Gentian Lekaj weiter? Beide haben ihre Oberliga-Tauglichkeit bei Reutlingen und Göppingen schon bewiesen.
Beide Spielertypen mit Eigenschaften wie sehr hohes Tempo oder große Robustheit gab es im Kader so nicht. Beide waren nicht ganz zufrieden, wie es beim Verein zuvor lief. Beide bringen den Willen und den Hunger mit, wieder in der Oberliga an ihr bekanntes Leistungsvermögen zu kommen. Beide helfen uns mit Sicherheit weiter.
Was hat Ihnen in ihren ersten fünf Wochen in Backnang bereits gut gefallen?
Das Engagement, die Bereitschaft und der Teamgedanke, den die Mannschaft an den Tag legt. Alle haben Gas gegeben. Sehr positiv empfand ich auch, dass und wie die Jungs neue Dinge angenommen haben.
Was war weniger gut?
Die Chancenverwertung hätte besser sein können und der sogenannte letzte Ball hat auch noch zu oft nicht gepasst. Wie gegen die beiden Landesligisten. Das sieht die Mannschaft übrigens genauso.
Mit Göppingen zählten Sie als Spieler und Kapitän regelmäßig zu den Top fünf. Was kann die TSG von Ihrem Ex-Verein noch lernen?
Die unterschiedlichen finanziellen Möglichkeiten, um einen Kader zusammenzustellen, lasse ich jetzt mal ganz bewusst außen vor. Fakt ist, dass auch Göppingen mal Aufsteiger war und darum kämpfte, in der Liga zu bleiben. Ebenfalls Tatsache ist, dass es dort gelungen ist, einen großen Kern an Spielern seit sechs, sieben Jahren zusammenzuhalten. Um dieses Gerippe herum wurde dann jedes Jahr der Kader qualitativ verstärkt. Und: Wenn es mal nicht so gut lief, dann konnte der Trainer in Ruhe weitermachen, wurde nicht infrage gestellt.
Heißt für Backnang, dass es was tun muss, um den Rückstand aufzuholen?
Heißt ein großes Stück weit schon, Geduld aufzubringen. Es bedeutet aber vor allem, zu versuchen, den Kern des Teams zu halten. In den vergangenen Jahren hat die TSG oft Leistungsträger verloren. Ganz wird sich das nie vermeiden lassen. Doch ich glaube, dass es einen Verein voranbringt, sich längerfristig auf ein Trainerteam einzulassen. Das erhöht die Chance, einen Spieler mal zu halten, der andernorts finanziell oder sportlich andere Möglichkeiten hat. Wir sehen doch zum Beispiel in der Bundesliga bei Vereinen wie dem Freiburger SC oder auch Heidenheim, dass es funktioniert.
Für Sie ist die TSG die erste Station als Cheftrainer. Wie klappt es bislang?
Sehr viele Dinge laufen so, wie ich es mir vorgestellt habe. Neu ist, dass in der einen oder anderen Situation der Einfluss als Trainer geringer ist als der des Spielers auf dem Feld. Absolut positiv ist, dass das hier alle sehr anständige Jungs sind, die mir meine neue Aufgabe nicht schwer machen.
Als Spieler hat es für Sie fast zum Profi gereicht. Was hat am Ende gefehlt?
Ich habe mir in jungen Jahren zu viele Gedanken und selbst zu viel Druck gemacht. Habe zu viel auf andere geschaut und nicht meinen Fußball gespielt. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass ich vermutlich einfach nicht stark genug war, um es ganz nach oben zu schaffen. Ich konnte zwar sehr viel, aber von allem eben ein bisschen zu wenig. Was mir gefehlt hat, waren zwei, drei Dinge, in denen ich herausragend bin, die mich von anderen unterschieden hätten.
Helfen Ihnen diese eigenen Erfahrungen, um nun Ihren Spielern, gerade den jungen, etwas mitzugeben?
Ja. Ich habe selbst zu spüren bekommen, was es braucht und was sie brauchen, um weiterzukommen. Da habe ich schon den einen oder anderen Tipp parat.
Das Gespräch führte Uwe Flegel.
Trainer Pavlos Osipidis kam im Winter vom Tabellendritten Göppingen nach Backnang. Dort ersetzt der 33-Jährige den zum Tabellenzweiten Villingen abgewanderten Mario Klotz. In Göppingen war Osipidis seit Sommer 2017 am Ball. Vor gut einem Jahr zog sich der Mittelfeldspieler eine schwere Knieverletzung zu und wechselte vor dieser Saison ins Trainerteam von Gianni Covelli. Sechs Monate später wurde er dann Chef bei der TSG. Mit Fußball begonnen hat Pavlos Osipidis beim SV 1845 Esslingen. Über den TV Nellingen und den VfL Kirchheim wechselte er in der A-Jugend zu Astoria Walldorf. Dort machte er seine ersten Spiele in der Oberliga. Es folgten die Stationen 1. FC Bruchsal, TuS Mechtersheim, FV 09 Nürtingen und Göppingen. Insgesamt absolvierte er in den Oberligen Baden-Württemberg und Südwest 224 Partien.
Personal Die TSG hat vor dem ersten Spiel nach der Winterpause keine Ausfälle zu beklagen. Coach Osipidis berichtet: „Bei uns sind alle Spieler fit.“ Auch Abwehrorganisator Thomas Doser, der zuletzt angeschlagen war, steht am Samstag ab 14 Uhr zur Verfügung.
Zu- und Abgänge Gegenüber der ersten Saisonhälfte gab es in Backnang fünf Veränderungen. Weg sind Chris Weiller (21 Jahre, Germania Bietigheim) sowie Luka Lan- deka (22, unbekannt). Neu dabei sind die Stürmer Muhamad Sanyang (22, VfR Mannheim) und Gentian Lekaj (29, Normannia Gmünd) sowie Verteidiger Yannick Mallet (19, SSV Reutlingen).
Gegner Der FC Denzlingen hat bisher 19 Spiele und damit eine Partie mehr als die TSG ausgetragen. Mit 20 Punkten sind die Südbadener 14. und damit Fünftletzter. Backnang liegt mit 26 Zählern auf Rang elf. Osipidis sagt über den morgigen Kontrahenten: „Das ist eine fußballerisch gute Mannschaft. Sie wollen mitspielen. Das bietet für uns vielleicht die Chance auf den einen oder anderen Konter.“