Sein schwerster Job, Teil drei
Schalke-Trainer Huub Stevens stellt beim 0:1 gegen RB Leipzig fest,worauf er sich eingelassen hat
Schalke 04 - Zweimal hat Huub Stevens den VfB gerettet, jetzt muss er Schalke 04 vor dem Abstieg bewahren. Der Trainer bereitet sich und seinen Club darauf vor, dass es bis zum Schluss eng wird.
Gelsenkirchen Für Sonntag war beim Ehepaar Stevens in Eindhoven eigentlich der Abflug zu einer kleinen Urlaubsreise geplant. Nach Mallorca sollte es gehen, doch weil Huub Stevens beim FC Schalke 04 seit drei Tagen den potenziellen Retter gibt, muss sich Gemahlin Toos mit dem Trip in den Süden nun etwas gedulden. Bis zum 18. Mai, dem letzten Bundesliga-Spieltag, geht das Engagement ihres Mannes beim mächtig schlingernden Revierclub. Sollten die Königsblauen das Pokalfinale in Berlin erreichen, noch eine Woche länger. Mallorca jedenfalls ist erst mal gestrichen. „Dafür kriege ich jetzt viele Komplimente zu Hause“, scherzte Stevens grimmig.
Bei diesem Satz stand der 65-Jährige vor dem Spielertunnel im Tiefgeschoss der Schalker Arena. Das 0:1 gegen Leipzig zum Wiedereinstieg war gerade eine Stunde alt, und der Interimscoach trat auf, wie man ihn kennt: in Turnschuhen, in königsblauem Trainingsanzug – und knurrig-fröhlicher Stimmung. Das verunsicherte Team hatte er vier Tage nach dem 0:7-Desaster bei Manchester City immerhin so weit stabilisiert, dass der Club und das hypernervöse S04-Publikum keinen weiteren sportlichen Zusammenbruch erlebten. Die vierte Ligapleite in Folge kassierte Schalke trotzdem, rutschte hinter den FC Augsburg auf Rang 15 und liegt nur noch drei Punkte vom VfB Stuttgart und dem Relegationsplatz entfernt.
„Das ist der schwierigste Job, den ich je hatte“, sagte Stevens – ein Satz, mit dem er einst auch seine beiden Engagements beim VfB angetreten hatte. „Ich denke, wir werden bis zum Ende im Abstiegskampf stecken“, so beschrieb der Trainer die Situation der Schalker, die ihn nach der Beurlaubung von Domenico Tedesco mit ihrer Bitte um Notfallhilfe überrumpelt hatten. „Ich hätte lieber nicht hier gestanden – um eine Mannschaft zu trainieren, die ich noch gar nicht kenne“, erklärte der Niederländer schon vor Anpfiff. Nach der ersten Niederlage in seiner dritten S04-Schleife erklärte er: „Ich steige in eine Sache ein, die ich gar nicht nötig habe. Ich mache das aus Liebe zum Verein.“
Ein Verein, der zudem vor einiger Zeit für Freitag dummerweise ein Testspiel beim FC Sevilla vereinbart hat. Stevens bekommt so zwar immerhin doch noch seine Spanien-Reise – auf diese Variante hätte er aber liebend gerne verzichtet. Statt des Trips nach Andalusien, mit Hinflug am Donnerstag und Rückreise in der Nacht auf Samstag, hätte Stevens mit der ihm noch so wenig vertrauten Mannschaft lieber öfter trainiert.
Immerhin: Jüngste atmosphärische Verwerfungen hat Stevens bereits geglättet, indem er die kürzlich suspendierten Akteure Mark Uth und Amine Harit begnadigte. Der Niederländer kann aber auch ganz anders: Nabil Bentaleb wurde aufgrund einer nicht näher definierten disziplinarischen Verfehlung am Sonntag in die U 23 strafversetzt.
Während sich Harit im Abschlusstraining verletzte, beorderte Stevens Stürmer Uth direkt in die Startelf – ebenso wie Sebastian Rudy, der unter Tedesco ebenfalls keinen leichten Stand hatte. Gegen RB erzielte Uth nach 88 Sekunden – nach Pass von Rudy – prompt einen Treffer, jedoch aus Abseitsposition. „Das musst du erst mal verkraften“, klagte Stevens. „Genauso wie das Gegentor, wo den Leipzigern der Ball vor die Füße fällt.“ In dem Fall vor den rechten Fuß von Timo Werner, der den Sachsen den fünften Auswärtssieg in Folge bescherte. Schalke hingegen leistete sich das vierte Heimspiel in Serie ohne eigenen Treffer.
Beides bedeutete Vereinsrekord – einmal auf der Positiv-, einmal auf der Negativskala. Oder wie S04-Keeper Alexander Nübel den entscheidenden Moment beschrieb: „In der Situation fehlt uns das Glück, uns als Mannschaft generell.“ Die Folge: „Jetzt haben wir wieder drei Tage Scheißlaune.“