Bad Boyz: Als „böse Jungs“ Lieblinge der Fans in Backnang
Bands von hier Ende 1987 formierten sich die Bad Boyz. Mitte der 90er-Jahre kam es zu einer längeren Pause, bis die Classic-Rock-Band 2004 erstmals wieder zusammen auf der Bühne stand. Drei Mitglieder der Originalbesetzung sind heute noch dabei.
Von Marina Heidrich
Backnang. Nur eine Handvoll Bands kann man als die Essenz der örtlichen Bandszene beschreiben – Bands, die schon sehr lang existieren, immer noch oder wieder aktiv sind und deren einzelne Mitglieder bereits in anderen renommierten Gruppen in Backnang und Umkreis gespielt haben. Ganz vorne dabei auf der kleinen Liste sind zweifelsohne die Bad Boyz.
Die „bösen Jungs“ formierten sich Ende 1987 in der Urbesetzung Dieter Ebel (Gesang), Klaus Weller (Gitarre und Gesang), Klaus „Warschi“ Warstat (damals Bass und Gesang), Thomas Grollmus (Gitarre) und Hans Lang (Schlagzeug). Auf dem offiziellen schwarz-weißen Pressefoto aus jener Zeit (siehe unten) posiert die Band um ein schweres Motorrad, die Jungs tragen lange Mähnen, dunkle Sonnenbrillen, Leder und Jeans. Richtig böse Jungs eben – wäre da nicht ein kleines Detail. Am rechten Bildrand steht ganz harmlos ein Kinder-Bobbycar und ironisiert das Image der Band mit einem visuellen Augenzwinkern.
Intelligenter Humor, Spaß am Aufbrechen von und spielen mit gängigen Rockerklischees – das war und ist eines der Markenzeichen der Bad Boyz. Wobei die Bandmitglieder ihre Musik immer ernst genommen haben. Drei Mitglieder der Originalbesetzung sind heute noch dabei: Ebel, Weller und Warstat.
Im Lauf der vergangenen 35 Jahre ist Ebels Stimme etwas tiefer geworden
Sänger Dieter Ebel war in den späten 80er-Jahren ein echter Frauenschwarm. Er kam von der Band Overkill. Mit seiner langen blonden Mähne, der dynamischen Bühnenpräsenz und vor allem einer echten Hardrockstimme wurde er oft als der jüngere Bruder von David Lee Roth (dem Frontmann der US-amerikanischen Hardrockband Van Halen) bezeichnet. Kaum ein Sänger im Raum Backnang beherrschte damals die kontrolliert eingesetzten hohen Schreie so gut wie Dieter Ebel – ganz in der Tradition des sogenannten „British Steel“, dessen Hauptvertreter unter anderem Bands wie Judas Priest um den herausragenden Frontmann Rob Halford waren. Im Lauf der vergangenen 35 Jahre ist Ebels Stimme wärmer geworden, etwas tiefer, aber noch immer beherrscht er diesen ganz speziellen Stil. Nur von seiner langen blonden Mähne hat sich der Sänger schon vor einiger Zeit verabschiedet.
Jugendliche Ausstrahlung ist nicht verloren gegangen
35 Jahre scheinen an dem Gitarristen Klaus Weller so gut wie spurlos vorbeigegangen zu sein. Vereinzelt schimmert hier und da ein graues Haar durch und gelegentlich setzt er seine Brille auf, doch ansonsten hat der Architekt nicht das Geringste seiner jugendlichen Ausstrahlung im Lauf der Jahrzehnte verloren – weder vor, noch auf der Bühne. Der „man in black“ passt noch immer in die Lederjacke von früher und zieht hinter der Bühne die Strippen. Er organisiert und motiviert.
Klaus „Warschi“ Warstat war schon immer ein Bindeglied zwischen den unterschiedlichen Bands, musikalischen Richtungen und Organisationen in Backnang. Er hat wohl bei den meisten Bands bereits in irgendeiner Form mitgewirkt, egal ob diese nun aus Richtung Jugendzentrum oder der Musikerinitiative Backnang (MIB) kamen. Von Hardrock, Punk über Jazz und Blues – Warstat kennt keine Berührungsängste, weder was Menschen noch was Musikstile betrifft. Der frühere Basser spielt ausgezeichnet Schlagzeug und hat Hans Lang bei den Bad Boyz an den Drums ersetzt. Seine charakteristische Stimme bereicherte schon viele Bands (unter anderem Marnie, Hard Foundation, Trigger 45). Er genießt quer durch die Backnanger Szene einen ausgezeichneten Ruf, nicht nur als Musiker, sondern vor allem auch als grundehrlicher, loyaler Mensch.
Nachdem sich Schlagzeuger Hans Lang anderen Projekten zugewandt hatte und Thomas Grollmus professionell bei Hiss eingestiegen war, hatten die Bad Boyz zunächst ab Mitte der 90er-Jahre eine längere Pause. Doch immer wieder kam es zu kleinen musikalischen Begegnungen. 2004 entschied sich die Band wieder zu gemeinsamen Auftritten, nun verstärkt durch Gitarrist Wolfgang Reischl, der zum Beispiel bereits bei Marnie durch sein warmes, emotionales Gitarrenspiel aufgefallen war. Als Basser konnte Stefan „Alarm“ Nägele gewonnen werden (unter anderem Late Nite Romeo), auch er ein unglaublich vielseitiger Mann, der zudem singen kann.
Die Bad Boyz waren wieder auferstanden – und sie hatten es noch immer drauf. Ihr direkter Classic Rock wurde subtil mit kleinen Details angereichert, ohne deswegen „verschnörkelt“ zu klingen. Immer noch gilt bei der Band die Prämisse „Musik muss entweder ins Herz knallen– oder direkt zwischen die Augen“.
Ihren ersten Auftritt nach der Reunion nennen sie „Die Rückkehr der Mumien“
Die Fans sind nach wie vor begeistert. Mittlerweile sind die „Boyz“ „Men“, alle Ende 50, Anfang 60. Doch wenn die Gitarren eingestöpselt, die Mikrofone und Verstärker aufgedreht sind und der erste Akkord eines Rocksongs erklingt, herrscht sowohl im Proberaum als auch auf der Bühne innerhalb einer Sekunde diese spezielle Magie: Zack! Und sie sind alle wieder 20 Jahre alt. Auch wenn sie ihren allerersten Auftritt nach der Reunion selbst lachend als „Die Rückkehr der Mumien“ bezeichnen.
Die Bad Boyz starteten in den zurückliegenden fünf Jahren wieder gut durch und schienen auf dem richtigen Weg. 2019 begeisterten sie noch bei einem Auftritt im Merlin. Zum Jubiläumsstraßenfest 2020 hätten die Bad Boyz als Headliner auftreten sollen. Wie so vielen kam auch ihnen Corona dazwischen. Doch die Jungs lassen sich nicht unterkriegen. „Wir bleiben laut“ – dieses Versprechen geben sie ihren Fans.