Als die Buchstaben abhandenkamen

Professor Pröpstls Puppentheater im Backnanger Bandhaus öffnet wieder nach zwei Jahren Coronapause. Puppenspieler Gregor Oehmann hat während der Pandemie gleich zwei neue Stücke entwickelt, die im April und im Mai uraufgeführt werden.

Gregor Oehmann in seiner Werkstatt mit dem Kasperl, dem Zauberer und der Zaubermaschine im Vordergrund. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Gregor Oehmann in seiner Werkstatt mit dem Kasperl, dem Zauberer und der Zaubermaschine im Vordergrund. Foto: A. Becher

Von Ingrid Knack

Backnang. Mehrere Premieren gibt es am Sonntag, 3. April, in Professor Pröpstls Puppentheater im Petrus-Jacobi-Weg 7 in Backnang. Nach über zwei Jahren Coronapause öffnet Gregor Oehmann erstmals wieder die Pforten der kleinen Bühne im Backnanger Bandhaus. In das Theater passen rund 50 Besucher. In Zeiten, in denen wegen der Abstandsregeln nur bei viel weniger Zuschauern gespielt werden darf, steht der Aufwand in keinem Verhältnis zum Nutzen. Jetzt hofft der Puppentheaterdirektor auf bessere Zeiten und bietet pünktlich zum Backnanger Tulpenfrühling sogar noch die Uraufführung eines von zwei Stücken an, die er in Pandemiezeiten geschrieben hat. Die Geschichte vom „Buchstabensuppenkasperl“, so der Titel des neuen Kasperltheaters, ist ab 15 Uhr zu erleben.

Das Kochbuch der Großmutter ist leer, im Zauberbuch steht auch nichts mehr

Auftreten werden wieder die üblichen Protagonisten wie Kasperl, Seppl, der Zauberer und die Großmutter. Die Großmutter schenkt dem Seppl ein Buch und erklärt ihm: Wenn er mal lesen könne, liege ihm die Welt zu Füßen. Der Zauberer bekommt das mit, missversteht die Worte und sagt: Nur ihm selbst dürfe die Welt zu Füßen liegen. Um die Konkurrenz auszuschalten, zaubert er alle Buchstaben weg. Was ihm nicht ganz klar ist: Auch in seinem Zauberbuch sind nun keine Buchstaben mehr. Doch auch für die anderen ist die Abwesenheit der Buchstaben eine schlimme Sache. Das Kochbuch der Großmutter ist leer, und auch die Kinder im Puppentheater werden sicherlich irritiert sein, weil die Buchstaben, die vorher noch Teil des Bühnenbilds waren, verschwunden sind. Der Kasperl ist wild entschlossen: Das muss schnell wieder geändert werden. Bis es zu einer guten Lösung kommt, gibt es noch einige Wirrnisse zu überstehen.

Dem zweiten Stück, das Gregor Oehmann in Zeiten der Pandemie nach und nach entwickelt hat, fehlt noch der letzte Schliff. Denn weil sich im realen Leben so einiges getan hat, was man sich noch vor Kurzem nicht hätte vorstellen können, schreibt Oehmann sein Werk „Kasperl und die Zaubermaschine“ derzeit um. Konzipiert ist es als Politthriller.

Oehmann gewährt sogar einen Blick in die Schreibwerkstatt, in der so lange an dem Text gefeilt wird, bis dieser wirklich kindertauglich ist. Die Idee dazu war gereift, als Oehmann von einer Naturschutzorganisation engagiert worden war. Atom- und Kohlekraftwerke kamen ursprünglich vor in dem Stück, das gegen unüberlegte beziehungsweise Tatsachen ignorierende Energiepolitik angelegt war. Zwischenzeitlich haben sich die Ereignisse aber überschlagen. „Da komme ich politisch in Schwierigkeiten, denn jetzt ist ja die Atomkraft wieder grün“, sagt Oehmann. „Da werde ich ein bisschen revidieren oder verklausulieren. Als Kindertheater wäre das auch zu plump.“ Der Handlungsstrang aber steht.

Der Zauberer schmiedet eine Intrige gegen den König und braucht dazu das Grundstück der Großmutter, auf dem er ein riesiges Projekt aufziehen will. Ob mit oder ohne Atom- oder Kohlekraft ist erst einmal zweitrangig. Und weil so ein Puppenspiel auch immer wieder wundersame Wendungen braucht, hat Gregor Oehmann besagte Zaubermaschine erschaffen. Die war übrigens zuerst eine Fledermauswarnungsmaschine und dann eine Sperrmüllzaubermaschine, die aus dem Sperrmüll der Hexe zusammengebaut war.

Und dann erzählt Oehmann noch von einem total absurden Mittelteil, in dem die Großmutter unabsichtlich und der Kasperl absichtlich die Pläne des Zauberers vereiteln. „Sehr schrill, schon fast Slapstick“ sei diese Passage, findet der Autor. Und da kommt auch ein neuer puppenspielerfigurenlebensgroßer Rettich ins Spiel, den Oehmann neu kreiert hat. Wer wen in einen Rettich verwandeln will, und wer dann wirklich in einen Rettich verwandelt wird, und was die Zaubermaschine damit zu tun hat, das wollen wir an dieser Stelle nicht verraten. Das Stück wird an mehreren Terminen im Mai in Professor Pröpstls Puppentheater gespielt.

Professor Pröpstls Puppentheater hat mit diesen beiden neuen Stücken 13 Puppenspiele im Repertoire. „Davon sind sechs von mir und sieben von meinem Bruder“, erklärt Oehmann. Sein Bruder Richard „Ritschi“ Oehmann betreibt zusammen mit Josef Parzefall in München Doctor Döblingers geschmackvolles Kasperltheater.

Die Kinder werden zu Mitspielern, sie geben beispielsweise Tipps oder warnen

Die Texte seines Bruders muss Gregor Oehmann aber umschreiben. „Ritschi“ hat seine ganzen Stücke für zwei Spieler konzipiert. „Sie sind vierhändig oder vierfigurig auf der Bühne.“ Gregor Oehmann hat auch schon versucht, mit weiteren Spielern zusammenzuarbeiten, was allerdings nicht langfristig funktionierte. „Du bekommst niemanden auf Dauer, wenn du nicht einen unmittelbar Beteiligten an diesem Theater hast, der fifty-fifty mit dir macht. Deshalb habe ich die Stücke so zurechtgeschrieben, dass ich sie alleine spielen kann. Stimmen verstellen kann ich ganz gut. Das geht aber natürlich nicht in der extremen Geschwindigkeit wie bei meinem Bruder. Aber ich mache die Witze, die die beiden untereinander machen, mit dem Publikum. Ich muss das Publikum viel mehr miteinbeziehen, weil ich einfach die Kommunikation brauche, damit das Kasperltheater auch wirklich funktioniert. Kinder geben mir Tipps, die Kinder warnen, die Kinder sagen ,versteck dich‘ und so weiter.“

Gregor Oehmann, der ja auch noch Bildhauer ist, hat als Puppenspieler in den vergangenen Monaten nicht nur Stücke geschrieben. „Ich habe gespielt, nur nicht daheim.“ Beispielsweise im Märchengarten des Blühenden Barocks in Ludwigsburg in einem offenen Theaterzelt. Oder bei größeren Veranstaltungen in Esslingen. Außerdem wird er immer wieder in Eliszi’s Jahrmarkttheater auf dem Stuttgarter Killesberg eingeladen. Nun dürfen sich auch die Backnanger wieder auf die Abenteuer des Kasperls und all der liebenswerten und schön-schrägen Figuren von Professor Pröpstls Puppentheater freuen.

Termine Frühjahr 2022

Buchstabensuppenkasperl

Sonntag, 3. April,

Mittwoch, 13. April

Samstag, 30. April

Kasperl und die Zaubermaschine

Sonntag, 8. Mai

Sonntag, 15. Mai

Sonntag, 22. Mai

Kasperl und der Zwackilutschku

Samstag, 28. Mai (Eintritt pro Nase 7 Euro)

Vorstellungsbeginn Alle Vorstellungen in Professor Pröpstls Puppentheater beginnen um 15 Uhr. Der Eingang ist derselbe wie der der Jugendmusik- und Kunstschule.

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Erstellt:
1. April 2022, 16:00 Uhr

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