Angriff auf dem Rückweg vom Spielplatz
Das Opfer des versuchten Totschlags am Schulzentrum Winnenden sagt gegen den Nochehemann aus.

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Von Heike Rommel
WINNENDEN. „Ich lasse dich nicht am Leben.“ Das soll der wegen versuchten Totschlags am Stuttgarter Landgericht angeklagte Iraker zu seiner Nochehefrau gesagt haben, als er am 25. Juni vergangenen Jahres zwischen der Haselsteinschule und dem Lessing-Gymnasium Winnenden mit einer abgebrochenen Bierflasche auf sie einstach (wir berichteten). Die 34-jährige Frau hat gestern, am dritten Verhandlungstag vor der 19. Großen Strafkammer als Schwurgerichtskammer, dreieinhalb Stunden lang belastende Angaben über ihren Nochehemann gemacht.
Zunächst einmal stellte der Vorsitzende Richter Norbert Winkelmann die Personalien der Nochehefrau des Angeklagten sicher, die sich bei der Polizei ein Jahr älter gemacht hatte. Seit gestern steht auch fest, dass sie zusammen mit dem 35-jährigen Beschuldigten acht Kinder im Alter von drei bis 18 Jahren hat. Zuletzt wohnte die Familie in Winnenden. Das Gericht stellte fest, dass die Stadt dem Angeklagten ein Annäherungsverbot erteilt hatte, weil er seine Frau in der Garage gewürgt hat.
Am Tatabend kam die Frau gegen 21 Uhr mit vier ihrer Kinder von dem Spielplatz zurück. Es waren noch zwei andere Mütter mit ihren Kindern dabei, von denen aber nur eine als Augenzeugin ausgesagt hat. Die andere werde, so das Gericht, zum Fortsetzungstermin am Freitag, 5. Februar, polizeilich vorgeführt, weil sie gestern unentschuldigt gefehlt hat. Eheprobleme habe sie immer schon gehabt, führt die Nochehefrau des Angeklagten aus. Die Anklage geht von einem Racheakt dafür aus, dass er seine Kinder nicht sehen durfte. Vor etwa drei Jahren sei ihr Nochehemann in den Irak gereist und habe dort eine andere Frau geheiratet. Ob es sich um die Frau handelt, mit welcher sie ihn einmal Händchen haltend aus einer Winnender Asylbewerberunterkunft kommen sah, wurde vor Gericht nicht erhellt.
Zu dem Vorfall vom Abend des 25. Juni vergangenen Jahres mit der abgebrochenen Bierflasche erklärte die Nochehefrau, die Kinder seien vorneweg gelaufen, als ihr der Angeklagte mit dem Flaschenhals entgegen gekommen sei. „Er nahm die abgebrochene Flasche aus einer Tüte“, schilderte die Frau. Sie sei daraufhin weggerannt. Doch der Angeklagte habe sie an der Kleidung erwischt und ihr den Flaschenhals auf den Kopf geschlagen. „Darf ich was holen?“, fragte das Opfer Richter Winkelmann. Als er das gestattete, eilte die Frau zu ihrem hinten im Gerichtssaal sitzenden Sohn und ließ sich eine Plastiktüte geben. Wieder am Zeugentisch angekommen, holte sie eine Menge Haare heraus und beklagte sich darüber, dass ihr diese nach ihrem Krankenhausaufenthalt ausgegangen seien. Die Frage, ob ihr denn die Ärzte die Kopfhaare abrasiert haben, damit sie die Verletzungen behandeln können, verneinte die Frau. „Messerscharfe Glasscherben“ habe sie im Kopf gehabt, berichtete die Zeugin von ihren Verletzungen, auch am rechten Oberarm und am Zeigefinger. Ihr Mann, ist sie sich sicher, hätte nicht aufgehört, auf sie einzustechen und einzuschlagen, wenn nicht zwei junge Männer zu Hilfe gekommen wären. Die beiden Helfer und eine Freundin von ihnen, die einen Notruf abgesetzt hat, sind zum nächsten Verhandlungstermin ebenfalls als Zeugen geladen.
Die Nochehefrau zeigt ihre heute noch sichtbaren Verletzungen der Gerichtsmedizinerin Adina Schweickhardt aus Tübingen, die ihr Gutachten zur Lebensgefährlichkeit der Verletzungen noch nicht erstattet hat. Auch der Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Christophsbad in Göppingen, Nenad Vasic, hat noch nichts über die Alkoholgewohnheiten und den damit verbundenen Grad der Schuldfähigkeit des Angeklagten gesagt. Die gestrigen Zeugenaussagen lieferten keine Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte zur Tatzeit betrunken war. Das Einzige, was der Angeklagte gestern sagte: „Ich bin seit sieben Monaten im Gefängnis und will nur sagen, dass meine Frau mich liebt. Sie hat mich im Gefängnis besucht.“ Die Frau bestätigte vor Gericht, mit zwei ihrer Kinder in der JVA Stuttgart-Stammheim gewesen zu sein.
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