Auch im Kreis: Zeckenalarm
In 2018 deutlich mehr FSME-Erkrankungen als in den Vorjahren – Tropische Hyalomma-Zecke könnte sich auch hier ausbreiten

Von Pia Eckstein
WAIBLINGEN. Gruselmeldung von der Uni Hohenheim: Inzwischen drohen nicht mehr nur Bisse von heimischen Zecken, und das mehr denn je, sondern auch exotische Tiere können zur Gefahr werden. Auch das Landratsamt bestätigt: 2018 gab es mehr FSME-Infektionen als in den Jahren zuvor. Die Einwanderin Hyalomma regt die Fachleute vom Gesundheitsamt aber noch nicht auf.
Die Frühsommer-Meningoenzephalitis, kurz FSME, ist eine sehr schwere Erkrankung. Sie wird durch das FSME-Virus ausgelöst und verläuft im leichten Fall mit grippeähnlichen Symptomen und Fieber. Im schweren Fall erkranken die betroffenen Menschen an einer Hirnhautentzündung.
In ganz schweren Fällen kann die Erkrankung tödlich verlaufen. Im langen, warmen und trockenen Sommer 2018 wurden dem Gesundheitsamt in Waiblingen zehn Patienten aus dem Rems-Murr-Kreis gemeldet, die an FSME erkrankt waren. Sie alle hatten vor dem Ausbruch des Fiebers einen Zeckenbiss. Die Zecken hatten sie sich in Remshalden, Weinstadt, Korb, Plüderhausen, Winnenden und Schorndorf geholt. Aber auch in Herrenberg und Indien. Was zeigt: Der Rems-Murr-Kreis gehört eindeutig mit zum sogenannten „Endemie-Gebiet“, doch tatsächlich sind Zecken weltweit aktiv und tragen das FSME-Virus in sich.
Und das immer mehr. Denn in den Jahren 2014 und 2015 wurden dem Gesundheitsamt nur je zwei Infektionen gemeldet. Die Infektionsorte waren Auenwald, Winnenden, Stuttgart und Rudersberg. Im recht regenreichen Sommer 2016 verzeichnet die Statistik des Gesundheitsamts gar keine Infektionen. Doch im Sommer 2017 ging’s schon los: Vier Infektionen in Winnenden, Welzheim und an zwei unbekannten Orten.
Wichtig, so heißt es aus dem Gesundheitsamt, sei es, daran zu denken, dass sich Zecken nicht nur am Waldrand aufhalten. Sie können auch im Garten vorkommen und etwa beim Rasenmähen auf die Haut kommen. Oder kleine Kinder holen sie sich, wenn sie herumkrabbeln. Doch nicht nur der gemeine Holzbock, die häufigste Zeckenart in Deutschland, treibt Mediziner und Wissenschaftler inzwischen um: In Deutschland – auch in Baden-Württemberg – lässt sich inzwischen eine tropische Zeckenart nieder. Insgesamt 19 Exemplare wurden in 2018 gezählt. Hyalomma heißt das Tier und es ist ausgesprochen auffällig. Die Beine sind weiß-braun gestreift und das Tier ist auffallend groß. Vollgesogene Weibchen können bis zu 25 Millimeter messen. Hat die Zecke noch Hunger, ist sie rund zehn Millimeter groß. Die Hyalomma-Zecke wird vermutlich mit Zugvögeln eingeschleppt. „Larven und Nymphen sterben bei tiefen Temperaturen jedoch ab, sodass derzeit auch nicht davon ausgegangen wird, dass diese Tiere in Deutschland heimisch werden“, heißt es aus dem Gesundheitsamt. Wissenschaftler der Uni Hohenheim vermuten allerdings, dass der Klimawandel es der Hyalomma-Zecke zu erlauben scheine, „auch dauerhaft in Deutschland Fuß zu fassen“. Die Hyalomma-Zecke überträgt das FSME-Virus nicht. Aber sie ist Überträger des Krim-Kongo-Hämorrhagischen Fiebers, des Arabisch-Hämorrhagischen Fiebers und einer Form des Zecken-Fleckfiebers. In Deutschland ist aber bislang noch keine solche Infektion durch die Zecken nachgewiesen.
Gemeinerweise ist die Hyalomma-Zecke viel aktiver als der heimische Holzbock. Werden diese Tiere darauf warten, dass ihr Opfer sie beim Vorbeigehen abstreift und mitnimmt, geht die Hyalomma-Zecke aktiv auf Jagd und verfolgt ihre Beute.
Bei Aufenthalt im Gras, Gebüsch oder Unterholz bieten feste Schuhe, lange Hosen, lange Ärmel Schutz. Dadurch kommt die Zecke nicht so leicht an die Haut. Werden die Hosenbeine in die Socken gesteckt, ist die Zecke gezwungen, auf der Kleidung nach oben zu laufen, und wird leichter entdeckt. Auf heller Kleidung kann man Zecken am besten sehen.
Die Anwendung von Mückenschutzmitteln, die auch gegen Zecken wirken, hilft ebenfalls. Dieser Schutz ist aber zeitlich begrenzt. Falls das möglich ist und keine Flecken zurückbleiben, sollten diese Mittel auch auf die Kleidung gesprüht werden.
Nach einem Aufenthalt im Freien sollte der Körper nach Zecken abgesucht und diese sofort entfernt werden. Zecken bevorzugen Stichstellen wie den Haaransatz, Ohren, Hals, Achseln, Ellenbeuge, Bauchnabel, Genitalbereich oder Kniekehle.
Gegen die Frühsommer-Meningoenzephalitis, also die von Zecken übertragene Hirnhautentzündung, kann der Arzt impfen.
Die ersten beiden Impfungen erfolgen im Abstand von ein bis drei Monaten. Eine dritte Impfung nach neun bis zwölf Monaten schließt die Immunisierung ab. Nach drei bis fünf Jahren ist eine Auffrischung ratsam.
Zecken können auch Borreliose übertragen. Das ist eine bakterielle Infektionskrankheit, gegen die nicht geimpft werden kann.
Borreliose beginnt meistens mit einer Hautrötung rund um die Stichstelle, die aber wandert und daher auch „Wanderröte“ heißt. Es folgen grippeähnliche Symptome mit Kopf-, Gliederschmerzen und Fieber.
Mögliche Spätfolgen sind unter anderem Missempfindungen, Lähmungen, Nervenschmerzen und Gelenkentzündungen. Borreliose muss mit Antibiotika behandelt werden. Es empfiehlt sich, bei Verdacht schnell zum Arzt zu gehen.