Auto fahren im SUV ist Geschmackssache

Die einen mögen die Sport Utility Vehicles, die anderen verteufeln sie. Auf jeden Fall ist die mittlerweile beliebteste Fahrzeuggattung der Welt ins Gerede gekommen, auch in Backnang. Der Grund: Die Stadt Paris verteuert die Parktarife für SUVs und andere schwere Autos von sechs auf 18 Euro pro Stunde.

Die Autos auf den Straßen werden immer größer. Gerade in alten Parkhäusern kann es da eng werden. Foto: Stock Adobe/Wellnhofer Designs

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Die Autos auf den Straßen werden immer größer. Gerade in alten Parkhäusern kann es da eng werden. Foto: Stock Adobe/Wellnhofer Designs

Von Kristin Doberer und Florian Muhl

Backnang/Murrhardt. Beim Thema SUV scheiden sich die Autofahrergeister. Die einen lieben es, in ihrem Sport Utility Vehicle angenehm hoch sitzend auf den Straßen unterwegs zu sein, die Übersicht zu behalten und oft auch ihren Mitfahrenden reichlich Platz bieten zu können. Zudem ist das Fahrzeugangebot in dieser robust wirkenden Pkw-Klasse sehr vielfältig und attraktiv. SUVs werden zunehmend auch als Zugmaschinen genutzt, weil sie in der Regel ein größeres Gewicht als ein normaler Pkw haben und meist kräftig ausgestattet sind.

Die anderen schimpfen, dass es sich bei den Geländelimousinen um schwere Spritfresser handelt, weil ihr Fahrzeugkonzept nur eine miserable Aerodynamik zulässt. Das bedeutet höhere Kosten für Kraftstoff und eine höhere Schadstoffemission. Ein SUV ist meist relativ breit und ziemlich groß, sodass man nicht jede Parklücke ohne Schwierigkeiten bewältigen kann. Letztlich sind die Prämien für Versicherungen offensichtlich höher als für ein normales Auto. Der Grund: Bei Dieben sind SUVs sehr beliebt und werden häufig gestohlen, was die Prämien in der Kaskoversicherung so teuer macht.

Die BKZ-Leser äußern sich sehr unterschiedlich

Und auch bei den Leserinnen und Lesern unserer Zeitung zeigt sich, wie sehr die Meinungen zu den großen Fahrzeugen – und auch zu dem Pariser Parkvorschlag – auseinandergehen. Einige weisen darauf hin, dass manche Personen die größeren Fahrzeugmodelle benötigen. „Gibt es denn ein Familienauto für drei oder mehr Kinder unter 1600 Kilogramm?“, fragt ein Leser. Eine andere Leserin merkt an, dass die Fahrzeuge aufgrund der höheren Sitzposition gerne von Mensch mit Hüft- oder Knieproblemen gefahren werden. Auf der Gegenseite gibt es dann die Leserinnen und Leser, welche die Fahrzeuge als zu raumgreifend in den Städten wahrnehmen. „Sie stehen ja eh meistens auf zwei Parkplätzen“, erklärt beispielsweise eine Leserin ihre Zustimmung zur Pariser Parkregelung.

Dass es in Bezug auf SUVs unterschiedliche Geschmäcker gibt, weiß auch Markus Mulfinger. „Da haben wir bisher noch keine dauerhaften negativen oder positiven Erfahrungen gemacht“, sagt der Chef des in Backnang ansässigen Autohauses Walter Mulfinger. Und weiter: „Einzelne Menschen lehnen das schon länger ab, andere möchten nichts anderes fahren.“

Die Zahlen an SUVs steigen

Fakt ist, dass sich die SUVs mittlerweile zur beliebtesten Fahrzeuggattung der Welt gemausert haben. Das zeigt ein Blick auf die Zahlen des Kraftfahrtbundesamts. Machte auf dem Automobilmarkt 2013 der reine SUV-Verkauf noch 15,4 Prozent aus, waren es 2022 bereits 40,8 Prozent. Und während bei den Zulassungen die Klassen der Klein- und Kompaktwagen leicht rückläufig sind, steigt die Zulassungszahl bei den SUVs seit Jahren stetig an – im Jahr 2023 wurden zum Beispiel 11 Prozent mehr SUVs zugelassen als im Vorjahr.

Fakt ist aber trotz dieser Zahlen, dass die Stadtgeländewagen, wie die Autos dieser Fahrzeugklasse auch genannt werden, oder gar „Hausfrauenpanzer“, noch immer ein Imageproblem haben. Branchenkenner begründen das damit, dass der Durchbruch der SUVs von oben nach unten passierte. Dass also plötzlich massive riesige Schiffe in engen Innenstädten auftauchten und dort viel Sprit verbrannten.

Mehr SUVs auf Backnangs Straßen

„Dieser Trend, dass sich die stetig größer werdenden Fahrzeugklassen der Automobilhersteller immer höherer Absatzzahlen erfreuen, lässt sich auch in Backnang beobachten“, sagt Christian Nathan. „Insgesamt nimmt unabhängig von der Fahrzeuggröße der Motorisierungsgrad – also die Anzahl der Fahrzeuge pro 1000 Einwohner – im Rems-Murr Kreis und in Backnang kontinuierlich zu“, so der Pressesprecher der Stadt Backnang weiter. Daraus würden sich in den vorhandenen Räumen zunehmende Platzanforderungen der Fahrzeuge ergeben.

Veränderungen ließen sich insbesondere in bereits errichteten Stellplatzanlagen beobachten. „In den Parkhäusern der 70er-, 80er- und 90er-Jahre haben Fahrzeughalter zunehmend Schwierigkeiten, durch die auf kleinere Fahrzeuge ausgelegten Anlagen zu navigieren“, so Christian Nathan. „In engen Straßenräumen stehen größere Fahrzeuge zunehmend auf Geh- oder Radwegflächen über“, weiß der Pressesprecher.

Christian Nathan, Pressesprecher der Stadt Backnang: „Die Stadtverwaltung ist gerade dabei, eine Parkraumkonzeption für die Innenstadt und innenstadtnahe Wohnquartiere zu erarbeiten.“ Foto: Ulver Jörg

© Ulver Jörg

Christian Nathan, Pressesprecher der Stadt Backnang: „Die Stadtverwaltung ist gerade dabei, eine Parkraumkonzeption für die Innenstadt und innenstadtnahe Wohnquartiere zu erarbeiten.“ Foto: Ulver Jörg

Weiter erläutert er: „Das entsprechende Regelwerk zu den Standardgrößen von Stellplätzen wurde aufgrund der größer werdenden Fahrzeuge bundesweit angepasst. Bei der Neuanlage von Stellplätzen werden diese Regelwerke in den Planungen zugrunde gelegt.“ Als Beispiel nennt Christian Nathan den Neubau der Parkierungsanlagen auf dem ehemaligen Klinikareal. Dort würden Stellplätze entstehen, die an die Größe der neueren Fahrzeuge angepasst seien. Das Problem sei, dass in Bestandssituationen oftmals keine zusätzlichen Platzflächen zur Vergrößerung der Stellplätze zur Verfügung stehen würden. Und wenn man auf Parkplätzen die einzelnen Stellplatzflächen verbreitern würde, führe das zwangsläufig zur Abnahme der Stellplatzanzahl insgesamt.

„Die Stadtverwaltung ist gerade dabei, eine Parkraumkonzeption für die Innenstadt und innenstadtnahe Wohnquartiere zu erarbeiten“, kündigt Christian Nathan an. Diese werde die Verwaltung Ende des Jahres dem neuen Gemeinderat vorlegen und im Gremium diskutieren. „Die Ausrichtung und Preisgestaltung ist abschließend eine politische Entscheidung.“

Bürgermeister: In Murrhardt gibt es kein Parkproblem

Murrhardts Bürgermeister Armin Mößner hat in seiner Stadt noch keine negativen Erfahrungen mit SUV-Fahrern gemacht. „Grundsätzlich bekommt man in Murrhardt einen Parkplatz im Bereich der Innenstadt“, so der Verwaltungschef. Und er fügt an: „Vielleicht nicht immer gleich in der Wunschlage, aber man bekommt einen Parkplatz mit vertretbarem Fußweg zum Ziel.“ Freitags, wenn Markt ist, seien die Parkplatzkapazitäten gut genutzt. Auch er hat wahrgenommen, dass die Fahrzeuge in den vergangenen 30 Jahren breiter geworden sind. „Allerdings nicht nur bei SUVs“, sagt er. Der Bürgermeister erklärt: „Größere Parkplätze oder sogenannte XXL-Parkplätze haben wir nicht.“

Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, verteidigt die Entscheidung von Paris (siehe Infotext): „Wer sein Auto dort abstellen möchte, wo Parkplätze knapp sind, muss damit rechnen, dafür zu bezahlen. Denn der Platz in den Städten ist viel zu wertvoll, um nur als Parkplatz oder für Fahrspuren herzuhalten.“ Dedy weiter: „Gleichzeitig reißt der Trend zu immer größeren Autos nicht ab. Die Forderung, Parkplätze zu vergrößern oder Parkhäuser umzubauen, damit Geländewagen und SUVs hineinpassen, ist aus der Zeit gefallen. Denn wir müssen in den Städten Energie und Flächen sparen sowie das Klima und die Ressourcen schützen.“

Entscheidung von Paris

Bürgerentscheid Das Parken in der französischen Hauptstadt Paris wird für manche Autofahrer teurer. Für einstündiges Parken von SUVs und anderen schweren Autos im Zentrum werden 18 statt üblicherweise sechs Euro verlangt. In den Außenbezirken kostet das Abstellen zwölf statt vier Euro. Für sechs Stunden Parken im Zentrum werden gar 225 statt bislang 75 Euro fällig.

Befreiung Die neue Regelung soll ab dem 1. September greifen. Anwohner sollen ebenso ausgenommen werden wie Handwerker und Pflegedienste.

Gewicht Greifen soll der Tarif für Verbrenner- und Hybridmodelle mit einem Gewicht ab 1,6 Tonnen und Elektromodelle ab zwei Tonnen Gewicht. Für private Parkhäuser gilt die Regelung nicht.

Abstimmung Geändert werden die Gebühren, weil die Einwohner von Paris in einer Befragung am Sonntag die drastisch höheren Parkgebühren für schwere Fahrzeuge beschlossen haben. Die Stadtverwaltung hatte diese Pläne und hat sich somit durchgesetzt. Allerdings gaben bei der Bürgerbefragung nur 5,7 Prozent der Berechtigten ihre Stimme ab.

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Erstellt:
8. Februar 2024, 11:00 Uhr

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