Backnang rüstet auf im Kampf gegen Raser
Seit Anfang September setzt die Stadt erstmals einen Blitzeranhänger ein, zunächst einmal testweise für drei Monate. Daneben nutzt sie weiterhin drei mobile Messgeräte. In Oppenweiler ist außerdem ein stationärer Blitzer geplant.
Von Kornelius Fritz
Backnang. Viele Autofahrer haben ihn schon gesehen, manche mussten auch schon feststellen, dass er tatsächlich funktioniert: Seit Anfang vergangener Woche steht ein sogenannter Enforcement Trailer an der B14 auf Höhe des Opti-Möbelhauses in Waldrems. Dabei handelt es sich um ein mobiles Blitzgerät auf einem Anhänger. Im Unterschied zu den Messgeräten, die die Stadt Backnang bisher zur Geschwindigkeitsüberwachung einsetzt, müssen diese Blitzer nicht ständig von einem Mitarbeiter des Ordnungsamts überwacht werden. Ist der Anhänger einmal am Straßenrand positioniert, misst er automatisch die Geschwindigkeiten der vorbeifahrenden Fahrzeuge und fotografiert alle, die zu schnell unterwegs sind – rund um die Uhr und in beiden Fahrtrichtungen.
„Der Personaleinsatz ist dadurch wesentlich geringer“, erklärt Gisela Blumer, Leiterin des Rechts-und Ordnungsamts. Die Blitzeranhänger seien deshalb vor allem für längere Einsätze an viel befahrenen Straßen gut geeignet. Gleich in der ersten Woche hat das neue Gerät an der B14 laut Blumer mehr als 1200 Geschwindigkeitsverstöße registriert. „Das sind sehr hohe Zahlen“, sagt die Amtsleiterin. Erlaubt ist an dieser Stelle nur Tempo 50.
Trotzdem setzt die Stadt Backnang das neue Gerät zunächst nur testweise ein: Für knapp 30000 Euro hat sie es für drei Monate vom Hersteller gemietet. „Wir wollen die neue Technik zunächst einmal erproben und dann im Gemeinderat darüber berichten“, sagt Blumer. Ein Nachteil solcher semistationären Anlagen ist, dass diese häufig Ziel von Vandalismus und gezielten Angriffen werden. Der Anhänger, den die Stadt gerade testet, ist allerdings mit einem Alarmsystem ausgestattet. Außerdem fahren Mitarbeiter des Ordnungsamts auch regelmäßig vor Ort vorbei und schauen nach dem Rechten.
Zusätzliche Personalstelle geschaffen
Sollten die Erfahrungen positiv sein, kann sich die Amtsleiterin gut vorstellen, dass die Stadt Backnang einen eigenen Anhänger anschafft. Der kostet zwar fast 300000 Euro, zusätzliche Bußgeldeinnahmen würden den Kauf aber wohl mittelfristig finanzieren. Wobei diese Überlegung laut Blumer nicht die entscheidende Rolle spielt. „Es geht uns um Prävention“, betont die Ordnungsamtsleiterin (siehe Infotext). Schließlich sei überhöhte Geschwindigkeit eine der häufigsten Unfallursachen.
Im Kampf gegen Raser hatte die Stadt Backnang, die auch für die Geschwindigkeitsüberwachung in den acht Umlandgemeinden der Vereinbarten Verwaltungsgemeinschaft (VVG) zuständig ist, zuletzt bereits aufgerüstet. Jahrelang hatte Backnang nur zwei mobile Messgeräte im Einsatz. Eines davon wurde im März 2021 ausgemustert, nachdem es Berichte über mögliche Messfehler bei diesem Gerätetyp gegeben hatte. Auf Wunsch des Gemeinderats schaffte die Stadt als Ersatz allerdings nicht nur eines, sondern gleich zwei neue Messgeräte an: ein größeres mit Lichtschrankentechnik und ein kleines, das die Geschwindigkeiten mit einem Laserstrahl misst und ohne große Vorbereitungen kurzfristig eingesetzt werden kann. Beide Geräte sind laut Blumer seit Mitte 2022 im Einsatz. Auch eine zusätzliche Personalstelle wurde dafür im Vollzugsdienst geschaffen.
Technik der neuen Geräte macht zunächst Probleme
Trotzdem wurde das Ziel, die Geschwindigkeitsüberwachung im Raum Backnang deutlich auszuweiten, nur bedingt erreicht. Zwar ist die Zahl der durchgeführten Kontrollen 2022 im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, allerdings lediglich von 463 auf 495. Die Zahl der gemessenen Fahrzeuge erhöhte sich dabei um knapp 22 Prozent.
Dass es nicht mehr waren, begründet Gisela Blumer mit technischen Problemen, die man in der Anfangszeit mit den neuen Geräten gehabt habe. Auch die personelle Situation habe nicht mehr mobile Messungen ermöglicht: „Es gab einige Fluktuation und unser Vollzugsdienst hat ja auch noch andere Aufgaben“, erklärt Blumer.
Die Anschaffung eines Blitzeranhängers würde ihre Mitarbeiter entlasten, glaubt sie. Wobei das nicht für die Beschäftigten in der Bußgeldstelle gilt. Hier wächst mit der Zahl der festgestellten Verstöße natürlich auch der Verwaltungsaufwand.
Stationärer Blitzer an der Rüflensmühle wird geprüft
Sollte sich der Gemeinderat für den Kauf eines Enforcement Trailers entscheiden, dürfte die Installation einer stationären Blitzersäule in Backnang vorerst kein Thema mehr sein. Auch darüber wurde in der Vergangenheit nachgedacht, als möglicher Standort war die B14 im Bereich der Spritnase im Gespräch. Dagegen spricht aus Blumers Sicht aber der „Gewöhnungseffekt“, der dazu führt, dass ortskundige Autofahrer vor den Blitzersäulen abbremsen und danach wieder Gas geben. Hinzu kommt, dass die Bundesstraße in den nächsten Jahren vierspurig ausgebaut werden soll. „Daher erscheint es nicht zielführend, jetzt ein neues Gerät zu installieren, das wir vielleicht in ein paar Jahren wieder abbauen müssen“, sagt die Amtsleiterin.
Backnangs bisher einziger stationärer Blitzer steht derzeit an der B14 im Bereich des Gewerbegebiets Lerchenäcker. Dabei handelt es sich allerdings nur um eine Stele, in die zeitweise die Technik des mobilen Messgeräts eingebaut wird. Wie oft dieser Blitzer „scharf“ ist, will Gisela Blumer nicht verraten. An der Bundesstraße könnte in nächster Zeit aber noch ein weiterer stationärer Blitzer hinzukommen. Man prüfe gerade, ob dies in Oppenweiler auf Höhe der Rüflensmühle möglich ist, berichtet Blumer. Tempo 70 ist dort erlaubt, vor allem abends und nachts sind dort aber viele Fahrzeuge deutlich schneller unterwegs.
Standorte Manche Autofahrer glauben, dass die Städte und Gemeinden vor allem dort Blitzer aufstellen, wo sie sich hohe Bußgeldeinnahmen versprechen. Gisela Blumer widerspricht. Priorität bei der Auswahl der Standorte hätten sogenannte Gefahrenpunkte. Auch im Bereich von Schulen und Kindergärten werde häufiger kontrolliert. Außerdem reagiere die Stadt auf Hinweise von Anwohnern sowie aus den Rathäusern der VVG-Gemeinden.
Langzeitmessungen Neben den Blitzern setzt die Stadt Backnang auch drei sogenannte Seitenradargeräte ein. Diese erfassen vom Straßenrand aus über einen längeren Zeitraum die Geschwindigkeiten aller vorbeifahrenden Fahrzeuge. So kann die Verkehrsbehörde feststellen, an welchen Straßen und zu welchen Uhrzeiten besonders gerast wird. Diese Geräte machen aber keine Bilder, sodass Verstöße nicht geahndet werden können.