Backnang sagt Ja, Oppenweiler vertagt

Die Gemeinderäte sind sich bei der Zusatzvereinbarung zur Verlängerung des Deponiebetriebs in Steinbach nicht einig. Backnangs Erster Bürgermeister Stefan Setzer nennt Änderungen „fundamentale Verbesserungen“, Oppenweiler fordert unter anderem einen höheren Anteil am Lastenausgleich.

Die Zusatzvereinbarung regelt auch, dass Steinbach beim einem künftigen Standortauswahlverfahren keine Rolle spielt. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Die Zusatzvereinbarung regelt auch, dass Steinbach beim einem künftigen Standortauswahlverfahren keine Rolle spielt. Foto: Alexander Becher

Von Matthias Nothstein

und Lorena Greppo

Backnang/Oppenweiler. Die Deponie Steinbach wird bis 2055 weitergeführt – das darf getrost als Tatsache angesehen werden. Unklar ist nur noch, zu welchen Bedingungen für die Standortkommunen Backnang und Oppenweiler. In einer Zusatzvereinbarung sollten diese Bedingungen festgezurrt werden. Während der Ortschaftsrat Steinbach diese Zusatzvereinbarung vor zwei Wochen abgelehnt hat (wir berichteten), hat der Gemeinderat Oppenweiler die Entscheidung vertagt (siehe unten) und das Backnanger Gremium das Papier bei einer Gegenstimme und drei Enthaltungen abgesegnet. Zuvor schon hatte der Backnanger Ausschuss für Technik und Umwelt die ausgehandelten Konditionen dem Gemeinderat mit nur einer Gegenstimme empfohlen.

Kein Hintertürchen

Backnangs Erster Bürgermeister Stefan Setzer betonte im Gemeinderat nochmals die wesentlichen Fakten und Änderungen. So regelt etwa die Vereinbarung, dass 2055 definitiv Schluss ist in Steinbach, dann gibt es keine Möglichkeit mehr, die Deponienutzung zu verlängern. Die Abfallwirtschaft Rems Murr (AWRM) verpflichtet sich, spätestens zehn Jahre vor der Ablaufzeit ein neues Standortauswahlverfahren zu beginnen. Die Befürchtung, dass dann wieder Steinbach als optimale Lösung herausspringen könnte, ist nüchtern betrachtet nicht von der Hand zu weisen. Genau deshalb regelt die Zusatzvereinbarung schwarz auf weiß, dass Steinbach sowie zwei Gemarkungsteile auf Oppenweiler Gebiet in diesem Auswahlverfahren komplett herausgenommen werden. Setzer: „Nach 2055 ist endgültig Schluss. Steinbach hat dann seinen Solidarbeitrag geleistet, dann sind andere dran.“ Heinz Franke (SPD) lobte wie alle anderen Stadträte diese eindeutige Regelung. Er erklärte, es dürfe kein Hintertürchen geben, das doch noch eine längere Laufzeit ermöglicht, „das sind wir den Steinbachern schuldig“. Ulrike Sturm (Grüne) sah dies zwar genauso, sie war aber weniger optimistisch. Wenn in über 30 Jahren in Steinbach noch Lagerkapazitäten frei sind und sich gleichzeitig überall an potenziellen Standorten Widerstand gegen eine neue Deponie regt, dann wolle sie nicht prognostizieren, wie die Entscheidung ausfällt. Setzer listete mehrere Veränderungen des ursprünglichen Entwurfs auf, die allesamt fundamentale Verbesserungen darstellen. So ist zum Beispiel auch sichergestellt, dass kein Deponiematerial aus anderen Landkreisen angenommen wird. Auch werde die Abholzung der neuen Flächen nur sukzessive und je nach Bedarf erfolgen. Die Verteilung des Lastenausgleichs muss zwischen den Kommunen noch ausgehandelt werden. Ab 2024 erhalten sie 75 Cent pro Tonne Deponiematerial, ab 2028 sind es 1,50 Euro. Und zwar mindestens. Sollte der Preisindex steigen, so würden Backnang und Oppenweiler höhere Beträge erhalten.

Noch keine Entscheidung in Oppenweiler

In Oppenweiler ist derweil noch keine Entscheidung über die Zusatzvereinbarung gefallen. Während Bürgermeister Bernhard Bühler den gefundenen Kompromiss mit der AWRM und der Stadt Backnang als angemessen und fair bezeichnete, waren einige der Gremiumsmitglieder hierzu anderer Auffassung. Zwar war man sich einig, die Verlängerung der Deponielaufzeit zu befürworten. Die Konditionen gefielen aber nicht. Besonders die Aufteilung des Lastenausgleichs zu gleichen Teilen an Oppenweiler, Steinbach und Backnang stieß einigen sauer auf. Ebenso die Tatsache, dass die Kosten für einen Rotlicht- und Geschwindigkeitsblitzer an der Kreuzung in Zell wie auch für ein Lärmgutachten von der Gemeinde Oppenweiler zu tragen seien.

„Der Lärm hat in den letzten Jahren exorbitant zugenommen“, sagte beispielsweise Harald Pfitzenmaier (FGL), der selbst in Zell wohnt. Dieser stamme vor allem von den Lastwagen, welche die Deponie anfahren. Er sehe den Kreis in der Verantwortung, ein entsprechendes Gutachten zu bezahlen, welches mögliche Maßnahmen aufzeigt. Pfitzenmaier sagte, es leuchte ihm nicht ein, warum der Lastenausgleich gedrittelt werde, wenn doch mit Backnang und Oppenweiler zwei Kommunen betroffen seien. Auch Thomas Wieland (FGL) empfand die Verteilung nicht als sauber herausgearbeitet. Denn auch wenn der Verkehr sich relativ gleichmäßig auf die drei Anfahrtswege aufteile, sei doch vor allem Zell vom Schwerlastverkehr betroffen. Lucas Röhrle (FWV), ebenfalls Zeller, sagte, die zusätzliche Belastung Backnangs durch die Erddeponie gehe gar gen null. Denn von dort komme nur der Verkehr, der auch aus der Stadt stamme. „Eine reale Belastung sehe ich nur in Steinbach und Zell.“ Die FGL-Vorsitzende Gudrun Rauh forderte: „Die prozentuale Verteilung muss stimmen.“ Aktuell sehe ihre Fraktion das nicht, Auch ihr Fraktionskollege Steffen Rosenke kündigte an, dem so nicht zustimmen zu können.

Bürgermeister Bühler bezweifelt, dass Gespräche neue Erkenntnisse bringen.

Der Bürgermeister versuchte sein Bestes, um aufzuzeigen, warum er die Vereinbarungsmodalitäten für angemessen erachtet. Schließlich wohnten die meisten Zeller bei Weitem nicht so nahe an der Straße, wie das etwa in Steinbach der Fall sei. Auch seien in Backnang weitaus mehr Menschen betroffen als in Oppenweiler. Und die Kosten für Blitzer und Lärmgutachten könne man schließlich aus den Mitteln der Ausgleichszahlungen bestreiten. „Subjektives Lärmempfinden und objektive Lärmwerte gehen auseinander“, mahnte er an. Sollte sich aus dem Lärmaktionsplan Handlungsbedarf ergeben, so erzeuge dies eine neue Situation, in der entsprechend gehandelt werde. Auch werde auf eine veränderte Ausgangslage reagiert, sollte sich die Verkehrsbelastung deutlich verändern. Doch alle Argumente brachten am Ende nichts. Auf Vorschlag von FWV-Sprecher Erhard Friz wurde daher die Entscheidungsfindung noch einmal vertragt. Ob in weiteren Gesprächen Neues erwirkt werden könne, bezweifelte Bühler aber stark. Schließlich seien die Argumente der Gemeinderäte allesamt schon im Vorfeld bekannt gewesen.

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Erstellt:
30. Juli 2023, 06:00 Uhr

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